Düsseldorf Die Commerzbank ist dank steigender Zinsen und der robusten deutschen Wirtschaft mit einem kräftigen Gewinnsprung ins Jahr 2023 gestartet. Mit ihrem Ausblick für den Rest des Jahres blieb das Institut allerdings hinter den Markterwartungen zurück. Commerzbank-Aktien brachen daraufhin am Mittwoch um rund sieben Prozent ein.
Finanzchefin Bettina Orlopp führt die Marktreaktion auch auf die gestiegenen Erwartungen an die Commerzbank zurück. Das Institut hat in den vergangenen beiden Jahren mehr als 9000 Stellen gestrichen und seine Profitabilität deutlich gesteigert.
„Klar steigen die Erwartungen – und mit diesen steigenden Erwartungen gehen wir auch um, weil wir jedes Jahr mehr Profitabilität erzielen wollen“, sagte Orlopp. Der Kurseinbruch sei ein „kurzfristiges Zwischentief.“ Auf mittlere Sicht werde der Kurs wieder anziehen, „weil wir unsere Aktie als absolut unterbewertet ansehen“.
Im ersten Quartal hat Deutschlands zweitgrößte Privatbank ihr Konzernergebnis nahezu verdoppelt auf 580 Millionen Euro. Hauptverantwortlich dafür war die Zinswende der EZB. Sie hat den Einlagezins seit Sommer 2022 mehrmals angehoben, zuletzt auf 3,25 Prozent.
Die Commerzbank profitiert davon dank ihres großen Privat- und Firmenkundengeschäft besonders stark. Im ersten Quartal legte der Zinsüberschuss um 39 Prozent auf 1,95 Milliarden Euro zu.
In den kommenden Quartalen werde der Zinsüberschuss allerdings geringer ausfallen, weil die Bank ihren Kunden mehr Zinsen auf Einlagen bezahlen werde, sagte Orlopp. Für Verbraucherinnen und Verbraucher ist das eine gute Nachricht, bei der Commerzbank wird dies dagegen den Gewinn im Einlagengeschäft reduzieren.
Im ersten Quartal gab das Institut im Schnitt lediglich 15 Prozent der Notenbankzinsen an ihre Privat- und Firmenkunden weiter, in den kommenden drei Quartalen kalkuliert Orlopp mit 35 Prozent. Hauptgrund dafür ist der verschärfte Wettbewerb um Einlagen.
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Da etabliert Institute wie die ING mit Zinsofferten in die Offensive gegangen sind, musste die Commerzbank reagieren, um großvolumige Abflüsse zu verhindern. Ihre Online-Tochter Comdirect wirbt nun selbst mit 3,05 Prozent Zinsen auf Tagesgeld um Neukunden.
Für das Gesamtjahr hob die Commerzbank ihre Prognose für den Zinsüberschuss auf sieben Milliarden Euro an. In einem optimistischeren Szenario sind laut Orlopp auch 7,3 Milliarden Euro drin. Mit der Prognose blieb die Finanzchefin allerdings hinter den Erwartungen der Analysten zurück.
CEO freut sich über Rückendeckung von der EZB
Neben den steigenden Zinsen profitierte die Commerzbank zum Jahresstart auch von deutlich niedrigeren Belastungen durch faule Kredite. Die Risikovorsorge für drohende Kreditausfälle sank um 85 Prozent auf 68 Millionen Euro. Anfang 2022 hatte das Institut seine Rückstellungen wegen des Beginns des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine noch deutlich erhöht.
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Die Erträge der Commerzbank gingen im ersten Quartal um fünf Prozent auf 2,67 Milliarden Euro zurück. Gründe dafür waren der rückläufige Provisionsüberschuss und erneute Belastungen bei der polnischen Tochter M-Bank. Zudem hatte die Commerzbank im Vorjahresquartal von billigen Langfristkrediten der EZB (TLTRO) profitiert.
Im Gesamtjahr rechnet das Institut weiter mit einem Ergebnis deutlich über dem Vorjahreswert von 1,4 Milliarden Euro – und will bald mit dem ersten Aktienrückkaufprogramm seiner Geschichte starten.
Die EZB-Bankenaufsicht und die Finanzagentur des Bundes hätten den Rückkauf eigener Papiere im Wert von 122 Millionen Euro genehmigt, sagte Vorstandschef Manfred Knof. „Das grüne Licht der Aufsicht sehen wir auch als Signal, dass wir mit unserer Strategie 2024 auf dem richtigen Weg sind.“
Im Rahmen der Strategie peilt Knof 2024 eine Eigenkapitalrendite (RoTE) von mehr als 7,3 Prozent an. Im ersten Quartal 2023 lag die Quote mit acht Prozent bereits über diesem Zielwert.
Polnische Tochter stockt Risikovorsorge erneut auf
Weiterhin Sorgen bereitet der Commerzbank allerdings ihre Tochter M-Bank. Sie musste ihre Vorsorge für umstrittene Frankenkredite deutlich auf 173 Millionen Euro aufstocken. Das operative Ergebnis sank deshalb um ein Viertel auf 100 Millionen Euro. „Weitere Belastungen können wir leider nicht ausschließen“, sagte Finanzchefin Orlopp.
Wegen niedriger Zinsen in der Schweiz hatten viele Polen einst Franken-Kredite aufgenommen, um ihr Haus zu finanzieren. Dann verlor die Landeswährung Zloty gegenüber dem Franken stark an Wert, wodurch die Belastungen für private Bauherren stiegen.
Manfred Knof, Vorstandsvorsitzender der Commerzbank, und Bettina Orlopp, Finanzvorständin der Commerzbank, feiern die Rückkehr in den Dax.
Viele Kreditnehmer gingen daraufhin wegen möglicherweise unrechtmäßiger Klauseln gegen polnische Geldhäuser vor – und bekamen dabei vor Gericht zuletzt immer häufiger recht. Die M-Bank hat für Rückstellungen, Vergleiche und Gerichtsurteile im Zusammenhang mit dem Franken-Portfolio laut Orlopp inzwischen 1,75 Milliarden Euro aufgebracht.
Die Commerzbank hält an der M-Bank 69,3 Prozent. Knofs Vorgänger Martin Zielke hatte 2019 eine Veräußerung des Anteils angekündigt, den Verkauf dann aber im Mai 2020 abgeblasen. Der Aktienkurs der M-Bank war wegen des Streits über Franken-Kredite und des Ausbruchs von Corona damals so stark gefallen, dass die Commerzbank keinen attraktiven Preis erzielen konnte.
Zudem habe die polnische Finanzaufsicht der Commerzbank damals sehr klar gemacht, dass sie das Franken-Kreditportfolio auch bei einem Verkauf der M-Bank behalten müsse, sagte Orlopp. Deshalb sei ein Verkauf nicht sinnvoll gewesen.
Grundsätzlich sei die M-Bank eine „tolle Bank in einem herausfordernden Umfeld“, sagte die Finanzchefin. Die Belastungen durch Frankenkredite und andere regulatorischen Auflagen könne die M-Bank dank eines guten operativen Geschäfts wegstecken. „Im Moment schafft sie es ziemlich gut, die Suppe selber auszulöffeln.“
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