Düsseldorf Psychologische Effekte sind an der Börse nicht zu unterschätzen. Aktuell scheint dabei ein Phänomen eine Rolle zu spielen, das sich mit vier Buchstaben abkürzen lässt: FOMO. Der „Fear of missing out“-Effekt bedeutet, dass viele Anleger Angst haben, eine Aktienrally zu verpassen. Genau dies könnte dem Dax diese Woche erneut helfen – so wie auch am vergangenen Freitag. Da erreichte er im Handelsverlauf mit 16.331 Punkten sogar ein Allzeithoch.
Am heutigen Montag startet die Börse zunächst verhalten. Der deutsche Leitindex notiert kaum verändert bei 16.254 Punkten, ein Minus von 0,1 Prozent.
Für viele Großanleger kommt die aktuelle Rally angesichts der Risiken an den Märkten – hohe Inflation, hohe Zinsen, anhaltende Rezessionsgefahr – überraschend. Die Furcht, nicht rechtzeitig an steigenden Kursen teilzuhaben, beunruhigt die Profis noch mehr als Privatanleger – sie kaufen daher wieder stärker zu. Das zeigte die jüngste Umfrage der Bank of America unter Fondsmanagern.
Noch halten die institutionellen Investoren weniger Aktien, als es die richtungsweisenden Indizes für ihre Portfolios vorgeben.
Sie laufen somit der Aktienrally hinterher – und wollen das jetzt ändern. Ein Faktor, von dem auch der Dax profitieren dürfte, der seit Jahresanfang um rund 16 Prozent zugelegt hat.
Schuldenstreit in den USA sorgt für Unsicherheit
Gleichzeitig wachsen an den Börsen diesseits und jenseits des Atlantiks mit jedem Tag, an dem sich in den USA keine Einigung im US-Schuldenstreit abzeichnet, Misstrauen und Sorgen unter den Anlegern. Anfang Juni droht ein Zahlungsausfall der US-Regierung, falls sich das Team von US-Präsident Joe Biden bis dahin nicht mit den Republikanern im Kongress auf eine Anhebung der Schuldenobergrenze verständigt.
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In den USA legt das Parlament in unregelmäßigen Abständen eine solche Grenze fest und bestimmt, wie viel Geld sich der Staat leihen darf. Diesmal ist das Prozedere in erbittertes Gezerre ausgeartet, das große Gefahren birgt: Ein Zahlungsausfall der weltgrößten Volkswirtschaft könnte eine globale Finanzkrise und einen wirtschaftlichen Abschwung auslösen.
Nun soll es ein weiteres Spitzentreffen geben. Biden und der Verhandlungsführer der oppositionellen Republikaner, Kevin McCarthy, wollen sich am heutigen Montag treffen, um die Verhandlungen fortzusetzen. Das gaben das US-Präsidialamt und McCarthy am Sonntag bekannt.
Unterdessen erhöhte US-Finanzministerin Janet Yellen den Druck auf die Republikaner. Die Frist, bis zu der eine Lösung gefunden werden müsse, um einen Zahlungsausfall der USA zu verhindern, werde sich nicht verlängern lassen, sagte Yellen am Sonntag dem Sender NBC. Der 1. Juni sei eine „harte Deadline“.
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Wie nachhaltig wird der jüngste Höhenflug an den Aktienmärkten in dieser Situation sein? Einige Strategen und Ökonomen haben ihre Zweifel – auch vor dem Hintergrund einer Konjunkturabkühlung in Europa und in den USA. „Eine baldige Verschnaufpause des Dax scheint deshalb wahrscheinlich“, sagt etwa Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank.
Blick auf Märkte
Gold: Die Nervosität der Anleger macht sich derzeit in größeren Preisschwankungen bemerkbar, wie etwa an den Rohstoffmärkten. Großer Profiteur dieser Entwicklung ist die Anti-Krisen-Währung Gold: Der Preis für das Edelmetall zieht schon seit geraumer Zeit an. Am heutigen Montag liegt der Preis für die Feinunze bei rund 1975 Dollar – rund acht Prozent mehr als zu Anfang dieses Jahres.
Devisen: Der Euro startet stabil in die neue Woche. Im frühen Handel kostete die Gemeinschaftswährung 1,0820 US-Dollar und damit in etwa so viel wie vor dem Wochenende. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs zuletzt am Freitagnachmittag auf 1,0808 Dollar festgesetzt. „Ich denke, wir haben einen großen Teil des Weges zurückgelegt, um die Inflation einzudämmen und sie wieder auf unser Ziel zu bringen“, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview in den Niederlanden.
Öl: Am Montag haben die Ölpreise etwas nachgegeben. Ein Barrel Rohöl der Sorte WTI kostete zeitweise 71,65 Dollar, ein Barrel der Sorte Brent 74,72 Dollar. Einige Analysten sehen den Markt derzeit auf ein Angebotsdefizit zusteuern. Der jüngste Bericht der Internationalen Energie Agentur (IEA) zeigt auf, dass die kommerziellen Ölvorräte der OECD-Länder nach elf Monaten des Aufbaus im Februar um 14 Millionen, im März gar um 56 Millionen Barrel abnahmen.
Anleihen: Die Rendite der 10jährigen Bundesanleihe ist leicht gesunken und liegt am Montag bei 2,44 Prozent. Zehnjährige US-Bonds rentieren mit 3,66 Prozent.
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