Zwei, drei Klicks und fertig ist die Altersvorsorge – das versprechen Robo-Advisors. Aber können Anleger einem Programm vertrauen?
Die Angst vor der Automatisierung geht um. Doch nicht nur Fabrikarbeiter müssen vor der wachsenden Intelligenz der Computerprogramme zittern, auch komplexe Jobs sind womöglich nicht mehr sicher: Mit dem Aufstieg sogenannter Robo-Advisors sitzen auch Bankberater in einem wankenden Boot.
Dabei fristen die komplexen Computerprogramme, die mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) das Portfolio eines Anlegers verwalten, aktuell ein Nischendasein. Noch. Denn der Marktanteil von Robo-Advisors in Deutschland ist aktuell zwar klein (circa 25, Stand: März 2024), aber die Nutzerzahlen wachsen rasant. Allein seit 2017 hat sich die Zahl der Anleger fast verzehnfacht.
Laut einer Erhebung des Statistikportals Statista lassen sich mehr als zwei Millionen Deutsche mittlerweile ihre Anlagestrategie von der KI empfehlen. Auch die Käufe und Verkäufe wickeln die Anleger nicht mehr selbst ab. Risikoanalyse, Steuerabzüge, Strategieanpassung? Der Robo-Advisor kümmert sich im Hintergrund um alles (mehr dazu lesen Sie hier).
Bankenbranche wird „signifikante Folgen“ spüren
Dabei stellt sich das Programm auf die Wünsche und Ziele des Anlegers ein. Es kann risikoarm, risikoreich und sogar komplett nachhaltig investieren. Gerade für unerfahrene Anleger bietet das Rundum-Sorglos-Paket der KI daher viele Vorteile. Doch reicht das für den Aufstieg der Robo-Berater? Werden die Deutschen wirklich ihre Finanzen in die Hände von Algorithmen geben?
Diesen Trend sieht René Fischer, Unternehmensberater und Branchenexperte von der Strategieberatung Oliver Wyman, noch nicht. „Viele Anleger möchten, dass ein Mensch, den sie auch anrufen können, die Kontrolle über ihre Finanzanlagen hat“, sagt er. „Kurzfristig werden Robo-Advisors also den Bankberater nicht ersetzen.“ Der Stellenbau dürfte ihm zufolge in den nächsten fünf bis zehn Jahren zunächst nur im einstelligen Prozentbereich liegen.
Eine Entwarnung auf Zeit. Denn langfristig werde der Marktanteil der Robo-Advisors nämlich sehr stark wachsen, so der Experte. „Das wird signifikante Folgen für die ganze Branche haben“, sagt Fischer.
In den USA bereits gängig, in Deutschland erst aufstrebend
Aktuell vertraut der überwiegende Teil der Deutschen bei ihrem Geld noch nicht auf die Hilfe der Roboter. In einem Land, in dem die meisten Autofahrer noch immer auf Gangschaltung setzen, lassen nur wenige eine Maschine bei ihren Finanzen ran.
So gab bei einer Bitkom-Umfrage aus dem Jahr 2020 nur ein sehr geringer Teil der Anleger an, bisher Geld mit einem Robo-Advisor investiert zu haben. Dennoch ist die Neugierde da: 22 Prozent könnten sich die Anlage mit dem Robo-Experten vorstellen.
Das zeigen auch die Statista-Prognosen für die kommenden Jahre: 2024 könnten bereits 3,7 Millionen der Deutschen mithilfe der KI ihr Geld investieren – 2017 waren es noch 291.000.
Auch Anbieter von Robo-Advisors wie Scalable Capital oder Fidelity berichten von steigenden Nutzerzahlen. Gerade die Corona-Krise hätte den Zuwachs angefeuert, heißt es seitens Scalable.
In den USA sind die Anleger schon deutlich weiter. Bis 2024 soll die Summe, die von KIs verwaltet wird, nach aktuellen Modellrechnungen auf 840 Milliarden ansteigen. „In den USA besitzen deutlich mehr Menschen Aktien als in Deutschland. Und die Amerikaner sind risikofreudiger“, erklärt David Rüffer, Finanzreferent beim Digitalverband Bitkom, diese Differenz.
Scalable Capital ausgezeichnet
Scalable Capitol gehört zu Deutschlands besten Finanzdienstleistern 2023. Die Leserinnen und Leser des Nachrichtenportals t-online und eine Expertenjury haben Scalable Capital aus den wichtigsten deutschen Finanzdienstleistern und Banken zum beliebtesten ROBO-ADVISOR gewählt.
Hierfür wurden über 210.000 Gesamtstimmen und rund 46.000 Teilnehmerempfehlungen ausgewertet. Zur Wahl standen bundesweit aktive Banken, Direktbanken, Versicherer oder ETF-Anbieter in elf Kategorien.
Einstiegshilfe für Finanzneulinge
In den USA stiegen große Unternehmen zudem mit hohen Summen in neue Innovationen wie Neobroker oder Robo-Advsiors ein. Das gibt den neuen Technologien einen Vertrauensvorsprung bei den amerikanischen Kunden, erklärt Fischer. „In Deutschland möchten Unternehmen dagegen ihr klassisches Hauptgeschäft nicht gefährden und lassen Innovationen daher nebenher anlaufen.“ Bei den deutschen Kunden gibt es daher keinen Vertrauensvorsprung, neue Ideen haben es schwerer.
Dabei könnten gerade die deutschen Anleger von den Robo-Advisors profitieren: 55 Prozent der Deutschen schätzen ihr Finanzwissen laut einer t-online-Umfrage als schlecht ein. Das spiegelt sich auch in der geringen Aktionärsquote in Deutschland wider. Nur 17,5 Prozent der Deutschen über 14 Jahren traut sich an den Aktienmarkt. Hier könnte der digitale Experte einspringen. Die Anleger geben das Geld – das Programm plant die Strategie, kauft und verkauft.