Gerade einigt sich die Ampelkoalition, wofür sie 2024 Geld ausgeben will. Doch schon jetzt droht mit Blick auf 2025 neuer Streit. Lässt sich eine Regierungskrise noch verhindern?
Ein Wort geistert in diesen Tagen durch die Büros der Bundestagsabgeordneten. Es steht in SMS-Nachrichten, taucht in E-Mails auf, es wird geraunt in Gesprächen. Das Wort lautet: „Eckwerte“. Das sind Zahlen, die eigentlich im Frühjahr von der Regierung festgelegt werden. Dann steht fest, welches Ministerium im folgenden Jahr wie viel Geld ausgeben darf, wie viel jeder im kommenden Haushalt kriegen soll.
Vergangenes Jahr war der Streit um die Finanzen dabei so groß, dass das Verfahren ausgesetzt wurde. Keine Eckwerte, zum ersten Mal seit über zehn Jahren. Die Folge: Chaos unter den Haushältern, die Finanzplanung musste hektischer als sonst abgewickelt werden. Der Kampf wurde hart ausgefochten – ohne die bisherigen Spielregeln einzuhalten.
Die Schuldenbremse wird wieder eingehalten – nach langem Ringen
Und jetzt? Könnte es beim Haushaltsplan für 2025 wieder so kommen.
Deshalb taucht das Wort nun wieder so oft auf, die Sorge vor erneutem Zwist wächst. In der Union spricht mancher aus, was viele in der Ampelkoalition längst denken: „Es ist noch unsicher, aber: Ich denke nicht, dass es das geordnete Verfahren mit den Eckwerten geben wird“, sagt der CSU-Haushaltspolitiker Florian Oßner t-online.
Behält er recht, droht in der Ampel erneut großer Streit um sehr viel Geld. Und das, obwohl die Koalition in diesen Tagen im Bundestag erst einmal den Haushalt für das Jahr 2024 verabschieden will: Insgesamt liegen die Ausgaben für das laufende Jahr bei 476,8 Milliarden Euro, mit neuen Krediten in Höhe von rund 39 Milliarden.
Damit wird die Schuldenbremse wieder eingehalten. Mit großer Mühe konnte sich die Regierung in ihren Ausgabenwünschen einigen – nach dem Urteil des Verfassungsgerichts, das eine Umwidmung von Extra-Finanztöpfen untersagt. Lange Nachtsitzungen von Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) brachten die Einigung hervor.
Die Lücke dürfte schon jetzt im zweistelligen Milliardenbereich liegen
Doch schon jetzt brechen die Konfliktlinien für das nächste Jahr auf. Es geht um die großen politischen Fragen, darum, wo die Schwerpunkte der Koalition liegen. Und darum, ob der Ausnahmezustand zur Normalität wird. Dass das Verfahren der Eckwerte erneut ausgesetzt wird, könnte ein Hinweis auf Streit sein. Die Koalition steht vor einer handfesten Krise, wieder einmal. Diese jedoch könnte sich auswachsen, weil es um die grundsätzlichen Standpunkte geht.
Einerseits ist für die Planung des nächsten Jahres vieles noch unklar. Die Steuerschätzung kam noch nicht, es ist noch nicht abzusehen, wie sich die Wirtschaft entwickeln wird. Damit ist noch offen, wie viele Einnahmen der Staat haben wird. Auch die Zinsentwicklung ist noch unsicher.
Doch bereits jetzt beziffert das Finanzministerium laut „Handelsblatt“ angesichts der Wünsche aus den Ministerien einen sogenannten „Handlungsbedarf“ von etwa fünf Milliarden Euro. Tatsächlich dürfte die Lücke weit größer sein. Die Haushaltsexperten der Union schätzen, dass man eher von einem Fehlbetrag von um die 20 Milliarden Euro ausgehen könnte.
Problem der Rentenversicherung
Hinzu kommt: Dem KTF, der Klima- und Transformationsfonds, woraus vor allem Wirtschaftsminister Habeck den ökofreundlicheren Umbau der deutschen Industrie bezahlen will, fehlen noch einmal 20 Milliarden Euro. Denn voraussichtlich betragen die Einnahmen etwa 29 Milliarden Euro, die Ausgaben aber 49 Milliarden Euro.
In der Opposition fürchtet mancher schon jetzt: Wenn die Regierung den CO₂-Preis nochmals deutlich stärker anhebt, um die Lücke zu schließen, könnte sich Benzin, Diesel und Heizöl verteuern. Ob es tatsächlich so kommt, ist noch offen. Doch klar ist, dass der Druck auf die Regierung wächst. So einfach wie für den Haushalt 2024 dürfte die nächste Einigung nicht werden.