Steigt die Wassertemperatur in salzhaltigen Gewässern, ist das ideal für Vibrionen. Was den Erreger so gefährlich macht und was Sie gegen ihn tun können.
Wer im Hoch- und Spätsommer in der Ostsee baden geht und anschließend Entzündungen an der Haut bemerkt, hat sich möglicherweise mit Vibrionen infiziert. Diese Erreger breiten sich bei Wassertemperaturen über 20 Grad Celsius rasant aus. Über kaum sichtbare Wunden oder im Wasser entstandene Verletzungen können sie in den Körper eindringen und schwere Probleme verursachen.
Erste Infektionen in dieser Urlaubssaison wurden bereits von der Ostsee gemeldet. Aus dem Trend der letzten Jahre ist bis zum Ende der Badesaison erneut mit einem verstärkten Auftreten der Bakterien in der Ostsee und Teilen der Nordsee zu rechnen. Aber warum sind die Bakterien eigentlich so gefährlich?
Vibrionen sind eine Gruppe von Bakterien mit mehr als 20 Spezies. Zu den Bakterien, die Krankheiten auslösen können, gehören vor allem:
- Cholera-Vibrionen: Auslöser der Durchfallerkrankung Cholera
- Nicht-Cholera-Vibrionen: Vibrio vulnificus (Auslöser von Wundinfektionen) und Vibrio parahaemolyticus (Auslöser von Lebensmittelvergiftungen)
In Deutschland kommt es vor allem zu Wundinfektionen, verursacht durch die Vulnificus-Vibrionen. Allerdings sind die Infektionen insgesamt sehr selten.
Die Bakterien gelangen beim Baden in salzhaltigen Gewässern über kleine Wunden in den Körper und können dazu führen, dass sich Wunden entzünden. Erste Symptome treten in der Regel schon 12 bis 72 Stunden nach dem Kontakt mit dem Erreger auf.
Ein frühes Symptom einer Vulnificus-Infektion ist häufig ein lokaler Schmerz, der angesichts der meist kleineren Wunde überproportional stark erscheint. Zudem können weitere Symptome folgen, wie:
- Anschwellen und Röten der Haut um die Wunde
- Fieber
- Schüttelfrost
- lokale Blasenbildung
Wird die Infektion zu spät behandelt, können schwere Wundinfektionen entstehen, die eine chirurgische Behandlung bis hin zur Amputation von Gliedmaßen zur Folge haben können.
Bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem geht der Erreger zudem häufig in die Blutbahn über und verursacht eine Blutvergiftung. In 25 bis 50 Prozent der Fälle verläuft diese sogar tödlich. Zu den typischen Risikogruppen zählen daher ältere sowie immungeschwächte Personen und Menschen mit Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus, Leber-, Krebs- oder Herzerkrankungen.
Es kann auch nach dem Verzehr von kontaminiertem rohem Fisch oder rohen oder unzureichend gegarten Meeresfrüchten (etwa Austern) zu einer Vibrionen-Infektion kommen. Dann ist vor allem der Magen-Darm-Trakt betroffen und es treten krampfartige Bauchschmerzen, Erbrechen, Übelkeit und wässriger Durchfall auf.
Laut jüngsten Untersuchungen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) werden Vibrionen in Meeresfrüchten und Fischereiprodukten aufgrund des Klimawandels voraussichtlich sowohl weltweit als auch in Europa zunehmen. Ein weiteres Problem ist, dass einige Vibrionen-Arten zunehmend eine Resistenz gegen Antibiotika entwickeln und dadurch schwerer zu behandeln sind.
Die gute Nachricht ist: Wird eine Infektion mit Vulnificus-Vibrionen schnell erkannt und behandelt, ist die Heilungschance auch für Risikopatienten gut. In der Regel wird eine Infektion mit Antibiotika behandelt.
Daher gilt: Sollten kleine Wunden nach dem Baden in der Ostsee oder einem anderen belasteten Gewässer überproportional schmerzen und anschwellen, informieren Sie Ihren Arzt darüber, dass die Wunde mit Salzwasser in Kontakt gekommen ist.
Denn bei dringendem Verdacht auf eine Infektion mit Vibrionen empfiehlt es sich, nicht lange auf eine mikrobiologische Bestätigung eines Abstrichs zu warten, sondern die Infektion möglichst schnell mit Antibiotika zu behandeln.
Vulnificus-Vibrionen leben in Gewässern mit mäßigem Salzgehalt, also in Meer- und Brackwasser. In Europa kommen sie hauptsächlich in der Ostsee und im Schwarzen Meer vor, vereinzelt auch in der Nordsee. Dabei sind sie Bestandteil der normalen Bakterienflora und kein Anzeichen für eine fäkale Verunreinigung des Wassers.
Allein die hohen Wassertemperaturen (über 20 Grad Celsius) sind für die rasante Ausbreitung der Bakterien in dem jeweiligen Gewässer verantwortlich. Erst dann werden die Bakterien für Badegäste zum Problem.