Eine Legalisierung von Abtreibungen in Deutschland könnte schon bald bevorstehen: Eine Regierungskommission empfahl laut eines Berichts wohl eine grundsätzliche Erlaubnis bis zur zwölften Woche.
Das Wichtigste im Überblick
Noch hält sich das Familienministerium bedeckt. Allerdings zeichnet sich ab, dass die Bundesregierung eine Reform bei Schwangerschaftsabbrüchen plant. Doch wie ist die Rechtslage und was soll konkret geändert werden? t-online gibt einen Überblick:
Was soll geändert werden?
Einem „Spiegel“-Bericht zufolge will eine Arbeitsgruppe unabhängiger Experten der Bundesregierung die generelle Straffreiheit von Schwangerschaftsabbrüchen innerhalb der ersten zwölf Wochen empfehlen. Das Nachrichtenmagazin bezog sich auf den Abschlussbericht der Kommission, die die Bundesregierung mit der Prüfung dieser Frage beauftragt hatte. Laut „Spiegel“ legen die Experten der Bundesregierung nahe, die grundsätzliche Rechtswidrigkeit von Abbrüchen in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen zu überdenken. Offiziell vorgestellt wird der Bericht am kommenden Montag.
Sobald der Fötus eigenständig lebensfähig ist, sollten Abbrüche laut Kommission hingegen weiterhin verboten bleiben. Diese Grenze liegt den Expertinnen und Experten zufolge ungefähr in der 22. Woche nach Beginn der letzten Menstruation.
In den Wochen zwischen erstem Trimester und Spätphase könne der Gesetzgeber nach eigenem Ermessen festlegen, „bis zu welchem Zeitpunkt er einen Schwangerschaftsabbruch mit Einwilligung der Frau erlaubt“, zitiert der „Spiegel“ aus dem Bericht. Aus Sicht der Expertinnen und Experten wäre auch eine Legalisierung von Abbrüchen über die 12. Woche hinaus möglich. Bei medizinischer oder kriminologischer Indikation müsse es zudem weiterhin Ausnahmen geben, auch in späteren Phasen der Schwangerschaft.
Das Gesundheits- und das Familienministerium wollten den „Spiegel“-Bericht auf Anfrage zunächst nicht kommentieren und verwiesen auf eine geplante Vorstellung der Kommissions-Empfehlungen in der kommenden Woche.
Wie ist der aktuelle Gesetzesstand?
Eine Abtreibung ist in Deutschland nach Paragraf 218 des Strafgesetzbuches grundsätzlich strafbar, es sei denn, sie findet innerhalb der ersten zwölf Wochen statt und die Frau hat sich zuvor beraten lassen. Nicht strafbar ist ein Abbruch zudem, wenn medizinische Gründe vorliegen oder wenn er wegen einer Vergewaltigung vorgenommen wird. Familienministerin Paus hatte in der Vergangenheit mehrfach angedeutet, dass sie sich eine Neuregelung vorstellen könne.
Welche Befürworter und Gegner gibt es?
Die rot-grün-gelbe Bundesregierung hatte bereits im ersten Jahr ihrer Amtszeit eine weitreichende Gesetzesänderung im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen auf den Weg gebracht: Sie schaffte den umstrittenen Paragrafen 219a ab, der zuvor das „Werbeverbot“ für Abtreibungen geregelt und immer wieder dazu geführt hatte, dass Ärztinnen und Ärzte sich strafbar machten, wenn sie öffentlich Informationen über Schwangerschaftsabbrüche zur Verfügung stellten. Eine Abschaffung von Paragraf 218 wäre noch weitreichender, da er Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich nicht mehr unter Strafe stellen würde.
Eine solche Neuregelung lehnen AfD und Union strikt ab: Unionsfraktionsmanager Thorsten Frei rechnet mit einer Klage der Unionsfraktion vor dem Bundesverfassungsgericht, falls die Ampelkoalition Schwangerschaftsabbrüche in den ersten zwölf Wochen generell straffrei stellen sollte. Falls sich die Koalition entsprechende Vorschläge einer Arbeitsgruppe unabhängiger Experten der Bundesregierung zu eigen mache, „würde das zwangsläufig dazu führen“, dass man in Karlsruhe klagen werde, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Abgeordneten am Dienstag in Berlin.
Frei warnte eindringlich davor, mit einem solchen Vorstoß gesellschaftliche Konfliktlinien nach dem Kompromiss um das Abtreibungsrecht aus den 1990er Jahren wieder neu aufzureißen. Dies sei „grundüberflüssig“ in einer Situation, in der die Koalition ganz andere Probleme zu bewältigen habe wie etwa die Wirtschaftskrise oder die steigende Kriminalitätsrate. „Es wäre grundfalsch, weitere gesellschaftliche Konflikte zu provozieren“, betonte der CDU-Politiker. Es gebe zu dem Thema zwar noch keinen Beschluss der Fraktion. Aber „ich bin mir ziemlich sicher, dass ich da auch für die Fraktion sprechen kann“.