Die Weltbank zeichnet ein düsteres Bild der Weltwirtschaft. Und mit dem Konflikt im Nahen Osten kommen neue Unsicherheiten hinzu. Einen Lichtblick gibt es immerhin.
Die Weltwirtschaft wird nach einer Prognose der Weltbank wegen hoher Zinsen, globaler Krisen und geringer Investitionen in diesem Jahr das dritte Mal in Folge langsamer wachsen. Nach einem Wachstum von 2,6 Prozent im vergangenen Jahr werde sich die Weltwirtschaft im Jahr 2024 auf ein Wachstum von 2,4 Prozent abschwächen, teilte die Weltbank in Washington am Dienstag in ihrer aktuellen Prognose mit.
Die kurzfristigen Aussichten seien düster, ein „trauriger Meilenstein“ werde erreicht: Die Weltbank erwartet die schwächste globale Wachstumsleistung in einem halben Jahrzehnt seit den 1990er Jahren. Der Konflikt im Nahen Osten könnte die Lage weiter verschärfen.
Die Prognosedaten deuten darauf hin, dass die meisten Volkswirtschaften – sowohl die Industrienationen als auch ärmere Länder – in den Jahren 2024 und 2025 langsamer wachsen werden als im Jahrzehnt vor der Corona-Pandemie. Damals habe der Durchschnitt des Wachstums bei 3,1 Prozent gelegen.
Eskalation im Nahen Osten könnte Energiepreise steigern
Immerhin soll es im kommenden Jahr wieder leicht aufwärtsgehen: Die Ökonominnen und Ökonomen erwarten für 2025 ein weltweites Wirtschaftswachstum von 2,7 Prozent. Aber auch das sind 0,3 Prozentpunkte weniger als noch in der Prognose von Juni.
„Die 2020er Jahre waren bisher eine Zeit der gebrochenen Versprechen“, schreibt Chefökonom Indermit Gill. Ziele wie die Beendigung von Armut und Hunger bis 2030 und die Beseitigung von Ungleichheiten dürften nicht erreicht werden. Zugleich überwiegen in der aktuellen Konjunkturprognose die Risiken dafür, dass sich die Konjunktur noch schlechter entwickeln könnte.
Der jüngste Konflikt im Nahen Osten habe die geopolitischen Risiken zusätzlich zum russischen Einmarsch in die Ukraine erhöht und stelle eine neue Gefahr dar. „Eine Eskalation des Konflikts könnte zu einem Anstieg der Energiepreise führen, was wiederum Auswirkungen auf die globale Wirtschaftstätigkeit und die Inflation haben könnte“, warnt die Weltbank.
Weltbank sieht geringere Gefahr für weltweite Rezession
Weitere Risiken seien die anhaltende Inflation, ein unerwartet schwaches Wachstum in China, die zunehmende Fragmentierung des Handels und mit dem Klimawandel verbundene Katastrophen, erklärt die Weltbank. Doch die Entwicklungsbank sieht auch etwas Positives: Das Risiko eines globalen Abschwungs habe sich verringert und die Weltwirtschaft stehe besser da als noch vor einem Jahr. Das sei vor allem auf die Stärke der US-Wirtschaft zurückzuführen.
Die Zentralbanken haben es dem Bericht zufolge geschafft, die weltweite Inflation zu bändigen, ohne die Welt in eine Rezession zu stürzen. So hätten die großen Volkswirtschaften den schnellsten Zinsanstieg seit Jahrzehnten weitgehend unbeschadet überstanden.
Im Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise hatten die Währungshüter der US-Notenbank Fed oder der Europäischen Zentralbank EZB an der Zinsschraube gedreht, um die Nachfrage auszubremsen. Steigen die Zinsen, müssen Privatleute und Wirtschaft mehr für Kredite ausgeben – oder leihen sich weniger Geld. In der Folge nimmt das Wachstum ab. Es besteht die Gefahr, die Wirtschaft abzuwürgen. Der Weltbank zufolge ist das dieses Mal aber wohl „ohne die üblichen Narben“ wie hohe Arbeitslosigkeit oder Finanzkrisen gelungen.
Lage besonders für ärmere Länder heikel
Die hohen Zinsen treffen aber weiterhin ärmere Länder besonders hart. Für sie können höhere Kosten für Kredite eine Schuldenkrise bedeuten. In den Schwellen- und Wachstumsländern werde für 2024 ein Wachstum von nur 3,9 Prozent prognostiziert, was mehr als einen Prozentpunkt unter dem Durchschnitt des vergangenen Jahrzehnts liege, so die Weltbank.
Sie erwartet, dass Ende 2024 etwa 40 Prozent der Länder mit niedrigem Einkommen immer noch ärmer seien als vor Beginn der Pandemie im Jahr 2019. Die Weltbank mahnt Reformen für mehr Investitionen an.
In Russland hat sich die Konjunktur hingegen zunächst besser als erwartet entwickelt – ein Grund dürften zum Beispiel anhaltende Energieexporte sein. Hatte die Weltbank im Sommer noch ein Schrumpfen der russischen Wirtschaft um 0,2 Prozent für das vergangene Jahr erwartet, beziffert sie das Wachstum für 2023 nun auf 2,6 Prozent. In diesem Jahr soll sie allerdings – deutlich langsamer – nur noch um 1,3 Prozent wachsen. Das ist mit 0,1 Prozentpunkten Unterschied nur geringfügig mehr als im Sommer prognostiziert.