Ein langjähriger Feind von Alice Weidel in der AfD verlässt Partei und Fraktion. Und das mit einem Knall: Deutlich kritisiert er die Parteichefin und designierte Kanzlerkandidatin.
Viele Posten hatte Dirk Spaniel in der AfD bereits inne: Landeschef in Baden-Württemberg war er, bis zuletzt war er verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion im Bundestag. Ein inoffizielles Amt aber füllte er mit besonderer Leidenschaft aus: das des letzten prominenten öffentlichen Kritikers von Parteichefin Alice Weidel – in der Bundespartei wie im gemeinsamen Heimatverband.
Am Dienstag hat Spaniel – zunächst mündlich in der Fraktionssitzung, dann per Mail an die Fraktionsführung – verkündet, Partei und Fraktion „mit sofortiger Wirkung“ zu verlassen. Das Schreiben liegt t-online vor. Darin nennt er als Gründe für seinen Austritt zuvorderst „Unwahrheiten und das Ausnutzen von Parteiressourcen“ sowie die Unterbindung der parteiinternen Meinungsbildung vor einer Aufstellungsversammlung in Baden-Württemberg, um „gezielt Stimmung gegen mich zu machen“.
„Jeder kann sich vorstellen, was passiert, wenn Menschen in Deutschland an die Macht gelangen, die freie Meinungsbildung und demokratische Prozesse bereits innerparteilich unterlaufen und praktisch bedingungslose persönliche Loyalität zu Parteiführern einfordern“, schreibt Spaniel weiter. Das wolle er nicht unterstützen. Und: „Falsche Politik entsteht im Wesentlichen durch Wegsehen.“
Spaniels Kritik ist gemünzt auf Parteichefin Alice Weidel und ihre Unterstützer in Baden-Württemberg, wie Landeschef Markus Frohnmaier. In der AfD ist das kein Geheimnis, Spaniel gilt als erbitterter Konkurrent von Weidel, die nach ihm zeitweise den Landesverband im Südwesten führte.
Noch deutlicher wird Spaniel dann auch im Gespräch mit Medien, darunter t-online, am Nachmittag nach seiner Ankündigung: Ihm sei es um die „innerparteiliche Demokratie“ gegangen, sagt er da. „Ich wollte nicht, dass dieser Landesverband geführt wird wie ein Gutshof.“ Offensichtlich aber habe er dafür inzwischen zu wenige Mitstreiter. „Offensichtlich kann die Dame auf dem Gutshof machen, was sie will.“
Leider müsse man aktuell konstatieren: „In der AfD ist es nicht anders als in anderen Parteien, sondern vielleicht noch etwas krasser“, so Spaniel weiter. Es fehle der noch immer jungen Partei das „korrigierende Element“ von etablierten Machtstrukturen. „Das führt dazu, dass es auch totalitäre Durchgriffe gibt.“
Bei der Aufstellungsversammlung in Ulm am 5. Oktober, die Spaniel so sehr kritisiert, wurde Weidel mit 86,5 Prozent Zustimmung auf Platz 1 der Landesliste für die Bundestagswahl 2025 gesetzt. Auch auf den folgenden Plätzen siegten deutlich ausschließlich Weidel-Verbündete. Spaniel selbst unterlag mit nur 26,9 Prozent Zustimmung im Kampf um Platz 5 auf der Liste. Auch die bisherigen Bundestagsabgeordneten Jürgen Braun und Christina Baum scheiterten mit ihren Bewerbungen.
Bereits vorab hatte es aus dem Spaniel-Lager scharfe Kritik am Landesvorstand gegeben: Der nämlich hatte über ihm zugeneigte Kreisvorstände explizite Wahlempfehlungen für Weidel-Verbündete über Mailverteiler in großen Kreisverbänden ausgesprochen. In einigen Verbänden waren außerdem Busfahrten und Hotelplätze angeboten worden, in mindestens zwei Kreisverbänden zudem Reisezuschüsse von 100 bis 150 Euro pro Parteitags-Wochenende. Entsprechende Belege liegen t-online vor. Der Vorwurf von Weidel-Kritikern: billiger Stimmenfang, ja, sogar Stimmenkauf.