Eine Sucht kann schwere körperliche, psychische, soziale und finanzielle Folgen haben. Welche Suchtarten es gibt und wie sie sich bekämpfen lässt.
Das Wichtigste im Überblick
Von etwas nicht genug kriegen zu können – dieses Gefühl kennt wohl jeder Mensch. Meist ist das unproblematisch. Doch manche verlieren die Kontrolle über das richtige Maß und können nicht aufhören, obwohl sich ihr Verhalten schon schädlich auswirkt. Das kann auf eine Sucht hindeuten.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat übrigens die Bezeichnung „Sucht“ vor einiger Zeit durch „Abhängigkeit“ ersetzt. Die meisten Menschen verwenden die Begriffe Sucht und Abhängigkeit aber nach wie vor gleichbedeutend. In diesem Artikel handhaben wir es ebenso.
Definition: Was ist eine Sucht?
In der Alltagssprache ist oft von Sucht die Rede: Manche sprechen beispielsweise von Sucht nach Süßigkeiten, andere von Sucht nach Anerkennung oder Aufmerksamkeit.
Doch nicht alles, was Menschen als Sucht betrachten, ist es auch aus medizinischer Sicht – selbst dann nicht, wenn es stark an Suchtverhalten erinnert.
In der Medizin gilt Sucht per Definition als ein unüberwindbares, nicht mehr kontrollierbares Verlangen nach einer Substanz oder einem Verhalten. Dabei unterscheiden manche Fachleute zwei Suchtarten:
- die stoffgebundene bzw. substanzgebundene Sucht und
- die stoffungebundene bzw. nicht-substanzgebundene Sucht.
Stoffgebundene Sucht ist definiert als Abhängigkeit von einer legalen oder illegalen Substanz. Das bedeutet: Die Betroffenen verspüren den wiederkehrenden Drang, diese Substanz trotz schädlicher Folgen zu konsumieren.
Zu den Substanzen, nach denen eine stoffgebundene Sucht entstehen kann, gehören zum Beispiel Alkohol, Nikotin, bestimmte Medikamente (wie Schlaf-, Beruhigungs- und Schmerzmittel), flüchtige Lösungsmittel, Kokain, Heroin oder Cannabis.
Stoffungebundene Sucht – auch Verhaltens- oder Tätigkeitssucht genannt – ist eine Abhängigkeit, die an ein bestimmtes Verhalten gebunden ist. Die Betroffenen führen wiederholt und dranghaft spezielle Handlungen aus, um ihr Bedürfnis vorübergehend zu befriedigen – trotz negativer Folgen für sie selbst oder für ihr soziales Umfeld.
Diese Handlungen laufen bei jeder stoffungebundenen Sucht ähnlich ab: Vorher überwiegt bei den Betroffenen typischerweise Erregung, währenddessen Erleichterung und nachher Reue. Beispiele für stoffungebundene Süchte sind:
- Spielsucht (Glücksspiel, Computerspiele: häufigste Form)
- Internetsucht
- Arbeitssucht
- Sportsucht
- Handysucht
- Kaufsucht
- Sexsucht
Bislang gelten stoffungebundene Arten von Sucht in Deutschland nicht offiziell als Süchte, sondern als Störungen der Impulskontrolle. Teilweise wird sich das aber mit der neuen Fassung der internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD) der WHO ändern: Darin sind Glücksspielsucht und Computerspielsucht als Verhaltenssüchte eingeordnet.
Sucht: Symptome
Sucht kann sowohl körperliche als auch psychische Symptome verursachen. Nach der internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD) der WHO liegt eine Suchterkrankung beziehungsweise ein Abhängigkeitssyndrom vor, wenn innerhalb eines Jahres mindestens drei der folgenden Anzeichen auftreten:
- Suchtdruck (auch – aus dem Englischen eingedeutscht – Craving genannt): Die Betroffenen verspüren ein extrem starkes Verlangen, eine bestimmte Substanz zu konsumieren.
- Kontrollverlust: Die Betroffenen verlieren unbemerkt immer mehr die Fähigkeit, Beginn, Beendigung oder Ausmaß des Konsums zu kontrollieren.
- Entzugssyndrom: Wer suchtkrank ist und plötzlich weniger oder gar nicht mehr konsumiert, entwickelt körperliche und/oder psychische Entzugserscheinungen (nicht bei allen Substanzen). Die Symptome – wie etwa Schwitzen, Zittern, Unruhe, Herzrasen, Übelkeit, Schlafstörungen und Krampfanfälle – sind oft gegensätzlich zur akuten Wirkung der Substanz.
- Toleranz: Der Körper gewöhnt sich an die Substanz und reagiert immer schwächer auf sie, sodass die Betroffenen immer höhere Mengen brauchen, um die gleiche Wirkung zu erzielen.
- Vernachlässigung anderer Interessen: Die Betroffenen richten ihr Verhalten immer mehr auf den Erwerb und Konsum der Substanz aus. Es kommt zu Interessenverlust, Stimmungsschwankungen und Gleichgültigkeit.
- Konsum trotz schädlicher Folgen: Die Betroffenen konsumieren die Substanz weiter, obwohl sich der Konsum bereits nachweislich körperlich, psychisch und/oder sozial schädlich auswirkt. Oft beschönigen und verharmlosen sie ihr Suchtverhalten oder versuchen, es zu verheimlichen.
Bei einer stoffungebundenen Sucht sind die Symptome vergleichbar: Die Betroffenen verspüren ein extremes Verlangen nach dem Verhalten, verlieren die Kontrolle über Handlungen und Entscheidungen, entwickeln oft eine Toleranz gegenüber der Verhaltenswirkung, vernachlässigen andere Aktivitäten und hören trotz negativer Folgen nicht mit dem Suchtverhalten auf.
Auch Entzugssymptome wie Unruhe oder Schlaflosigkeit scheinen bei stoffungebundener Sucht vorzukommen. Ob die Symptome wirklich klassische Entzugserscheinungen sind, ist aber wissenschaftlich umstritten: Es könnten auch Anzeichen einer Angststörung oder Depression sein, die durch den Verzicht auf das Suchtverhalten – und damit durch die fehlende Ablenkung – deutlicher zutage treten.
Häufig bleibt eine Sucht lange unentdeckt – etwa weil die Symptome sich schleichend entwickeln. Oder weil die Betroffenen sie aus Scham geheim halten: Manche führen über lange Zeit ein regelrechtes Doppelleben.
In welchem Ausmaß die Sucht dabei das soziale Leben der Betroffenen beeinträchtigt, ist je nach Art der Suchterkrankung unterschiedlich. Meist wirkt sich eine Abhängigkeit auf alle Lebensbereiche aus: Sie kann den gesellschaftlichen und schulischen oder beruflichen Abstieg bedeuten und vor allem auch im privaten Umfeld zu massiven Problemen führen.
Die Folgen für die Gesundheit unterscheiden sich bei den verschiedenen Suchtkrankheiten ebenfalls. Teils entwickeln sich als Spätfolgen einer Sucht schwere psychische Symptome (etwa im Rahmen von Depressionen oder Psychosen) und körperliche Schädigungen (wie Gewichtsverlust, Schwächung des Immunsystems oder Organschäden). Hinzu kommen ein erhöhtes Suizidrisiko und – bei Substanzabhängigkeit – das Risiko einer Überdosierung, die zu Herz-Kreislauf-Versagen und Atemstillstand führen kann.