Mönchengladbach Das Konzept der Architekten conflict anspruchsvoll. Luft, Wasser, Erde und Feuer: In diese vier Elemente conflict die Zentrale des deutschen Ablegers von Santander aufgeteilt, mit unterschiedlichen Teppichböden, Wandverkleidungen und entsprechenden Bildern. Doch damit ist es bald vorbei.
„Wir bauen gerade um. Bald sitzen wir alle im Großraumbüro auf der Fläche“, erklärt eine Sprecherin beim Rundgang. Das Ziel: mehr Kommunikation, Offenheit, selbst der Vorstand räumte bereits 2019 seine Einzelbüros. Die neuen Möbel kommen von der Stange, der Teppichboden wird einheitlich. Für architektonischen Feinsinn ist bei Santander kein Raum mehr. Womit die Financial institution intestine zu ihrer Heimatstadt passt: Mönchengladbach.
Die frühere Textilmetropole liegt westlich von Düsseldorf, nach Frankfurt braucht man zwei Stunden. Doch kulturell liegen die Bankentürme am Important Lichtjahre entfernt. Spricht man Frankfurter Banker auf Santander an, erntet man manchmal Schulterzucken, oft kommt die spöttische Frage: „Wo sitzen die noch mal?“
„Von meinem Workforce wohnt keiner hier“, gibt ein Santander-Banker zu, selbst aus Düsseldorf. Mehrere Topbanker haben eine Wohngemeinschaft am Pendlerstandort Mönchengladbach eröffnet: Abends wird noch am Küchentisch gebrainstormt, am Wochenende geht es zur Familie.
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Die Standortfrage ist Teil des Santander-Konzepts. Man sitzt weit weg von der sündhaft teuren Bankenmetropole am Important – Glamourfaktor null, dafür aber günstig. Hier ist alles auf Profitabilität getrimmt – und Größe kein Wert an sich. Sind kleinere Banken feinere Banken? Institute wie die Hamburg Business Financial institution, die IKB oder eben Santander scheinen genau das vorzumachen. Doch das Beispiel der Spanier zeigt: Ganz ohne Risiko ist das radikale Trimmen auf Rendite nicht.
Profitables Schrumpfen
Viel ist über die Financial institution aus Mönchengladbach nicht bekannt, lange blieb man lieber unter dem Radar. Das ändert sich nun: Erstmals setzt Santander auf eine große Markenkampagne, schaltet Plakate und TV-Spots. Und das Handelsblatt bekam ganze zwei Jahre nach der ersten Anfrage einen Ortstermin in der Zentrale. Zuletzt sorgte vor allem die mit vielen Problemen beladene Übernahme des Kerngeschäfts der insolventen Wirecard durch die spanische Mutter für Aufsehen. Doch mit dem Cost-Geschäft hat die Deutschlandtochter nichts zu tun.
Santander ist groß. Mit 3,9 Millionen Kunden ist das Haus die zweitgrößte Auslandsbank in Deutschland, nach ING. Intestine 3000 Mitarbeiter verantworten eine Bilanzsumme von 50 Milliarden Euro.
Aber Santander schrumpft. Während andere Banken noch mit viel Geld um Neukunden buhlten, machte man in Mönchengladbach Ernst – und sortiert seit Jahren aus. 2014 hatte die Financial institution noch 6,3 Millionen Kunden. Allein zwischen 2018 und 2020 sank die Zahl der Konten um 20 Prozent auf 4,8 Millionen. Das ist gewollt: „Wir richten uns konsequent auf worthwhile Kunden aus“, erklärt Produktchef Erol Cen.
Heißt im Klartext: Innerhalb von sieben Jahren hat Santander ein Viertel seiner Kunden ausgekehrt. Aber die Financial institution trennt sich offenbar von den richtigen Kunden und spart schneller, als ihre Erträge wegbrechen. Die Folge ist ein seit Jahren stabiler Gewinn.
2020 lagen die Erträge bei knapp 1,8 Milliarden Euro, der Gewinn bei 394 Millionen Euro. Ungefähr so viel erwirtschaftet Santander seit Jahren. Vor allem das Kreditgeschäft boomt: Ende 2020 standen knapp 23 Milliarden Euro an Kundeneinlagen 29 Milliarden Euro an Forderungen gegenüber.
Wichtige Autofinanzierung
Die Wurzeln der deutschen Santander liegen in der Autofinanzierung. Und diese ist bis heute der wichtigste Geschäftszweig. Ihn leitet Maik Kynast. Für den gelernten Kfz-Mechaniker und Bankkaufmann ist der Autokredit „die Lichtgestalt unter den Ratenkrediten. Das Auto ist nach dem Eigenheim die zweitteuerste Anschaffung im Leben.“
Santander hat für mehrere Autokonzerne eigene Banken aufgebaut: Die Hyundai Capital Financial institution und die PSA Financial institution gehören zum Unternehmen. Für Volvo und andere Hersteller fungiert Santander als „Captive“, als bevorzugter Bankpartner. „Santander ist eine Konstante“, sagt ein großer Autohändler. Während die Hersteller ihr Vertriebsnetz regelmäßig umbauen – zuletzt kündigte Fiat reihenweise seinen Händlern –, bleibt Santander seit Jahrzehnten im Markt. Das zahlt sich aus: Etwa 230 Millionen Euro des Bankergebnisses, additionally weit mehr als 50 Prozent, kommen aus dem Bereich.
Doch ausruhen kann sich Santander auf dem Erfolg nicht. Denn die wichtigste Ertragssäule ist unter Druck. Neue Spieler wie die E-Auto-Bauer Tesla, Lynk und Polestar setzen auf eigene Vertriebsnetze ohne fremdfinanzierende Banken. Und die Liebe junger Deutscher zum Auto kühlt ab, immer weniger machen den Führerschein.
„Das Geschäft wird angesichts der E-Mobilität und des Traits weg vom eigenen Auto eher schwieriger“, meint Volker Brühl, Geschäftsführer des Heart for Monetary Research der Frankfurter Goethe-Universität.
Der erste Versuch gegenzusteuern – ein verstärkter Einstieg in die Carsharing-Finanzierung – conflict für Santander ein Flop. Das eigene Auto zu teilen ist für viele Deutsche immer noch undenkbar. Und ob das zweite Zukunftsprojekt aufgeht – ein eigenes digitales Autoportal –, ist offen. Daher hat Santander ein Ziel ausgegeben: Die Bedeutung des Mobility-Geschäfts soll sinken.
Digitaler Wandel
Wachsen soll dafür das Privatkundengeschäft. Es steuert bisher rund 25 Prozent zum Ergebnis bei. Eine Million Einlagenkonten hat Santander, davon nur 484.000 Girokonten. Der Durchschnittskunde hat Einlagen von 25.000 Euro und 1,5 Santander-Produkte. Das soll mehr werden.
„Das neue Administration hat 2019 ein klares Wachstumsziel für das Retail-Geschäft ausgegeben. Die Zahl der Produkte, die ein Kunde nutzt, und die Profitabilität professional Kunde sollen steigen“, sagt der Chef des Bereichs, Boris Kämmner.
Auf der einen Seite verabschiedet sich Santander von unprofitablen Kunden – etwa solchen mit nur einem Sparvertrag. Auf der anderen Seite sollen die profitablen Kreditkunden zu Hausbankkunden werden. 3,2 Millionen Kreditkonten gibt es. „Unser Ziel ist, Kunden, die wir auf anderen Wegen angesprochen haben, etwa in der Autofinanzierung, zu Hausbankkunden zu machen“, erklärt Kämmner.
Einfach ist die Umwandlung nicht. Als Einstiegsangebot fungieren Kreditkarten: Santander setzt auf Visa, die Girocard läuft aus. Außerdem sollen Kunden durch das Filialnetz geködert werden. Santander glaubt an die persönliche Beratung: 195 Filialen gibt es. 850 Vertriebler arbeiten vor Ort, 100 am Telefon und on-line. Und für die digitalaffinen Kunden werden Onlinebanking und App ausgebaut.
Doch nicht immer werden alle schlau aus den digitalen Initiativen. Für Kopfschütteln sorgte in Deutschland bei vielen der Begin der Openbank – einer hauseigenen Konkurrenz aus Madrid. Die spanische Mutter übersetzte dabei schlicht ihre Onlineseite auf Deutsch und geht hierzulande auf Kundenfang. Das sorgt für Verwirrung. „Das Konzept der Openbank verstehe ich schlicht nicht“, meint ein deutscher Santander-Banker.
Santander gilt als streng hierarchisch geführte Gruppe – die ihren Landesgesellschaften aber auch Freiheiten lässt. „Santander Deutschland agiert eigenständig. Das gilt vor allem für die Refinanzierung und die Wachstumsstrategie“, erklärt Vorstandschef Vito Volpe. Man setze „eigene Schwerpunkte und Ziele, und das seit Jahren sehr erfolgreich“.
„Wir erwirtschaften unser Kapital selbst“, ergänzt Finanzvorstand Andreas Glaser. Von der deutschen Refinanzierung profitierten die Privatkunden: „Wir werden eine der letzten Banken sein, die Minuszinsen von ihren Kunden erheben.“
Risikoappetit im Onlinegeschäft
Als weiteren Wachstumsbereich hat Santander das Geschäft mit Warenkrediten identifiziert, geleitet vom 38-jährigen Tobias Niederau. Im Kreditgeschäft mit Einzelhändlern, der Absatzfinanzierung, ist Santander traditionell stark. Kredite gibt es für Möbel und Küchen, Fahrräder, Elektronik. Die Financial institution finanziert für Saturn und Media Markt, für Möbel Boss, Porta oder Segmüller. Schon für einen Warenkauf von 99 Euro gibt es Ratenkredite.
Das größte Wachstum verspricht sich Santander jedoch vom E-Commerce. „Wir wollen einen Kreditantrag in 15 Minuten bearbeitet haben“, so Niederau. Stolz ist er vor allem auf ein neues Produkt, das es in der aktuellen Kind seit zwei Jahren gibt: den Santander-Rechnungskauf. Zum Einsatz kommt er bei Onlinebestellungen, etwa von Mode, Tiernahrung und Sportartikeln.
Das Angebot ist unter dem Modebegriff „Purchase now, pay later“ bekannt: Junge Kunden kaufen ein Produkt, müssen aber erst später bezahlen, wenn die Ware da ist. Den Kauf auf Rechnung gibt es schon für Fünf-Euro-Einkäufe – wer überzieht, zahlt saftige Mahngebühren. „Klarna ist hier Platzhirsch“, sagt Niederau mit Blick auf den schwedischen Zahlungsdienstleister. „Wir sind der Herausforderer. Aber wir mischen den Markt auf. Ich sehe ein Potenzial für zweistellige Wachstumsraten.“
Bisher macht der klassische Ratenkredit 70 Prozent des Kreditvolumens aus, der digitale Rechnungskauf kommt aktuell auf deutlich niedrigere 30 Prozent. Allerdings hat sich das Geschäft hier in den vergangenen zwei Jahren verzehnfacht.
Doch so wachstumsträchtig „Purchase now, pay later“ ist, so problematisch ist das Geschäft auch. Die Schuldnerberatung der Caritas Frankfurt moniert, dass die Santander Shopper Financial institution bei vielen Privatinsolvenzen als Gläubiger auftauche, da sie „häufig Kredite für Ratenkäufe gibt“. Auch der Verbraucherzentrale Hamburg ist Santander „intestine bekannt, es gibt viele Beschwerden“.
Niederau kontert: „Unser Ziel ist es, Geld zu verdienen und Kunden zu gewinnen. Uns hilft es nicht, wenn ein Kunde in einen Verschuldungsgrad rutscht, aus dem er nicht mehr herauskommt.“
Auch wegen der Kritik der Verbraucherschützer ist für Bernd Richter vom Finanztechnologiespezialisten FIS „noch unklar“, ob die Wachstumsstrategie im Ratenkreditgeschäft aufgeht. „Die Gefahr von Überschuldung und Privatinsolvenzen ist gegeben.“
Kauft Santander zu?
Wie sieht die Zukunft von Santander in Deutschland aus? Ökonom Brühl lobt die niedrige Kostenquote und die hohe Eigenkapitalrendite: „Beide sind deutlich besser als die der meisten deutschen Banken.“
Doch nun müsse die Mutter in Madrid aufpassen: „Die Spanier haben die deutsche Tochter erfolgreich geschrumpft. Wenn jetzt wieder starke Wachstumsziele vorgegeben werden, beginnt der Schweinezyklus von vorn“, so Brühl. „Die Kundenzahl zu erhöhen wäre nur möglich, wenn man Kampfpreise bietet.“ Aber dann gebe man entweder Gewinn auf oder gap sich schlechtere Risiken in die Bilanz.
Ein Ausweg aus diesem Dilemma wären Zukäufe. Die sind bei den Spaniern laut Insidern alles andere als ausgeschlossen – insbesondere auch in Deutschland. Vorstandschef Volpe betont, der aktuelle Fokus liege „klar auf organischem Wachstum“. Santander halte jedoch bewusst „unterschiedliche Unternehmensbeteiligungen in Deutschland“, etwa im Fahrzeuggeschäft. Und: „Wir sind in der Vergangenheit stark durch Zukäufe gewachsen, das ist kein Geheimnis.“
Mitarbeit: Elisabeth Atzler
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