1990 war das Schicksalsjahr für Wolfgang Schäuble. Der CDU-Politiker wurde Opfer eines Attentats, war danach stets auf seinen Rollstuhl angewiesen. Ein Detail der Tat ist besonders grausam.
Mehr als 30 Jahre war Wolfgang Schäuble an einen Rollstuhl gefesselt. An seiner beispiellosen politischen Karriere sollte ihn das nicht hindern. Schäuble bekleidete hohe Staatsämter und saß so lang wie kein anderer Politiker als Abgeordneter im Bundestag. Mehr über sein Leben lesen Sie hier.
Doch warum war Schäuble eigentlich auf seinen Rollstuhl angewiesen? Die Antwort auf diese Frage geht auf den 12. Oktober 1990 zurück – den Tag, der das Leben des CDU-Politikers nachhaltig prägen sollte.
Attentat im Wahlkampf
Schäuble nahm an jenem Freitag an einem Wahlkampftermin im Gasthaus „Brauerei Bruder“ im badischen Oppenau teil. Der damalige Innenminister unter Bundeskanzler Helmut Kohl galt als Zukunft der CDU, sollte „Kronprinz“ Kohls werden. In der Gaststätte in seinem Wahlkreis hatte er eine gut anderthalbstündige Rede zum Bundestagswahlkampf 1990 gehalten und war bereits auf dem Weg zum Ausgang. Dann fielen Schüsse.
Um 22.04 Uhr schoss ein Mann aus einem Revolver von hinten auf den damals 48-jährigen Schäuble. Die erste Kugel traf den Politiker rechts am Kopf und zerstörte seinen Kiefer. Der zweite Schuss traf Schäuble etwa 20 Zentimeter tiefer, das Projektil durchschlug den dritten Brustwirbelkörper. Reste des Geschosses verblieben im Rückenmarkskanal.
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Quelle: dpa
Der Attentäter schoss noch ein drittes Mal – da war jedoch Schäubles Leibwächter Klaus-Dieter Michalski zur Stelle. Er versuchte dem Angreifer die Waffe aus der Hand zu schlagen und wurde dabei selbst getroffen. Die Kugel verletzte ihn an der Hand und Bauchwand.
Schäuble-Attentäter nutzte Jagd-Munition
Ein grausames Detail des Attentats war die Munition, die der geistig verwirrte Attentäter Dieter Kaufmann für seinen Angriff verwendete. Er hatte seinen Revolver der Marke Smith & Wesson mit sogenannter Fangschussmunition geladen. Diese wird eigentlich von Jägern verwendet, um angeschossenes Wild aus nächster Nähe zu töten.
Schäuble brach am Tatort unter einem Plakat zusammen, das seinen Auftritt in dem Gasthaus ankündigte. Rettungskräfte brachten den in Lebensgefahr schwebenden CDU-Politiker umgehend in die Universitätsklinik Freiburg. Dort kämpften sie die ganze Nacht um sein Leben.
Schäuble überlebte, blieb jedoch von diesem Tag an sein Leben lang vom dritten Brustwirbel abwärts gelähmt. Seitdem war der Politiker, der trotz seiner körperlichen Einschränkung die deutsche Politik nachhaltig prägen sollte, auf seinen Rollstuhl angewiesen.
Altkanzler Kohl besuchte Schäuble noch im Krankenhaus
Dass Schäuble den Angriff überhaupt überstand, wurde nach dem Attentat auf die gute körperliche Verfassung des damaligen Bundesinnenministers zurückgeführt. Schäuble sei in weit besserer Konstitution als manch anderer Politiker gewesen, weil er sich stets körperlich betätigt habe, schrieb der „Spiegel“ rund eine Woche nach dem Attentat. Der damals 48-Jährige „hat sich, von Jugend an, nebenbei immer sportlich betätigt – als Bergwanderer, Radfahrer, Tennisspieler und Mittelfeldspieler in der Fußballmannschaft des Deutschen Bundestages“, berichtete das Nachrichtenmagazin.
Im Krankenhaus besuchte ihn schon einen Tag nach dem Attentat der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl. „Hier lernt man das Beten“, erklärte Kohl damals. Beide Männer sollen damals bei dem Treffen mit den Tränen gekämpft haben.