Während der Energiekrise stand LNG hoch im Kurs. Mittlerweile mehrt sich jedoch die Kritik an dem einstiegen Heilsbringer. Ein kleiner Vorort in den USA versucht ein geplantes Terminal abzuwenden.
Kurz nach dem völkerrechtswidrigen Großangriff auf die Ukraine galten sie als Heilsbringer in der Energienot: LNG-Terminals. In Deutschland häuft sich mittlerweile die Kritik an dem geplanten Ausbau der Flüssiggas-Stationen. Experten des Forschungsinstituts DIW rieten erst im Februar dazu, den sogenannten Gasnotfallplan nicht weiterzuverfolgen. Mehr zu dem Notfallplan lesen Sie hier.
„Der überdimensionierte LNG-Infrastrukturausbau ist nicht erforderlich, um eine potenzielle Gasmangellage zu vermeiden und sollte daher nicht weiterverfolgt werden“, so die Experten des DIW. Der europäische Gasverbrauch wird dabei weit über die deutschen Grenzen hinweg als Argument für neue Terminals genutzt. Dabei drohen weitreichende Konsequenzen für Mensch und Natur, wie ein Fall aus Chester (USA) zeigt.
USA: Moratorium der für LNG durch Biden?
Auf ihrer fünftägigen Reise durch die USA drehte sich auch für die Vorsitzende des Ausschusses für Internationale Klima- und Energiepolitik, Lisa Badum (Grüne), vieles um den Stopp des US-Präsidenten. Immerhin kamen zwischen Januar 2023 und Januar 2024 83 Prozent der deutschen LNG-Lieferungen aus den USA, wie der Energiewirtschaftsverbands (BDEW) angibt.
Darum geht es bei einem LNG-Terminal
Flüssigerdgas (LNG) ist Erdgas, das für den Transport und die Lagerung auf etwa -162,222 °C abgekühlt wurde und sich damit verflüssigt. Das Volumen von Erdgas im flüssigen Zustand ist etwa 600-mal kleiner als das Volumen im gasförmigen Zustand in einer Erdgasleitung. Dieses im 19. Jahrhundert entwickelte Verflüssigungsverfahren ermöglicht den Transport von Erdgas an Orte, die von Erdgaspipelines nicht erreicht werden, und die Nutzung von Erdgas als Transportkraftstoff.
Bereits seit 2015 warb das Betreiberunternehmen Penn America Energy intern, für das LNG-Terminal in Chester, wie klimareporter.de schreibt. Erst im Jahr 2022 erfuhren die Anwohnenden von dem Vorhaben, wie der lokale Radiosender WHYY-FM aus Philadelphia berichtet. Während der Betreiber sein Bauvorhaben als „grünstes LNG-Terminal weltweit“ anpries, regte sich in der Bevölkerung Widerstand gegen den geplanten Bau.
„Chester Enviromental Justice“ (CEJ), eine Gruppe für Klimagerechtigkeit, die bereits 1992 von Bürgern in Chester gegründet wurde, weist darauf hin, dass solche Anlagen aufgrund ihrer hohen Explosionsgefahr ein Risiko für die Bürger der Stadt darstellen würde.
Einwohner in Chester befürchten das Schlimmste
Zulene Mayfield von CEJ: „Es ist das Land, auf dem wir leben und wir haben ein Recht dazu, saubere Luft zu atmen zu können“. In Chester gibt es bereits eine riesige Müllverbrennungsanlage, sowie chemische Industriebetriebe.
„Ein Großteil der Bewohner:innen hat Atemwegsprobleme. Viele Häuser sind wertlos“, sagt Badum. Der Großteil der Menschen in Chester ist zu 70 Prozent afroamerikanischer Abstammung, weshalb Mayfield auch von einem „Umweltgenozid“ spricht.
Aktivisten würden bereits seit Dekaden gegen den „Umweltrassismus“ in Chester ankämpfen, erzählt Aktivistin und Anwohnerin Anna Cosidine im Gespräch. „Niemand will diese dreckigen Industrien in seinem Hinterhof haben, deswegen werden sie in den Gemeinden mit der niedrigsten politischen Kraft angesiedelt – den schwarzen Gemeinden“, so Cosidine, die sich gegen den Bau des LNG-Terminals einsetzt.
LNG-Gas sollte vor allem nach Europa exportiert werden
Das LNG-Terminal sollte laut der Planung das größte an der Ostküste werden. „Das Terminal ist vor allem auch für den Export nach Europa gedacht, deshalb haben auch wir aus Deutschland eine Verantwortung dafür, dass dieses nicht gebaut wird. Bidens Ausbaustopp muss zum Moratorium werden“, so Badum im Gespräch mit Betroffenen vor Ort.
„Sie fragen niemals die Menschen, die es am Ende betrifft. Bei der Müllverbrennungsanlage war es genauso. Immer wenn ich in der Nähe der Anlage bin, habe ich Schmerzen in Brust, Nase und Kehle“, sagt Harry W. Crawford, Einwohner von Chester. Auch er hofft, dass das LNG-Terminal nicht in Betrieb gehen wird. Bereits vor dem Beginn des Baus hätten Menschen in Chester ihre Häuser verloren.
„Die Pläne für das LNG-Terminal brauchen eine Menge Platz, aber wir haben hier nicht viel Platz – Chester ist eine kleine Stadt. Sollte es zu einer Explosion oder einem Unfall kommen, wären wir alle tot“, sagt Considine.