So schlimm war es gefühlt noch nie. Zum Jahresanfang bekommen viele Deutsche eine Flut an Betrugs-Mails und SMS-Nachrichten. Welche Maschen gehen gerade um?
Es ist eine regelrechte Abzock-Welle, die zu Jahresbeginn über Deutschland hereinbricht – E-Mails mit falschen Gewinnbenachrichtigungen, angeblich im Zoll festhängende Pakete und getürkte Schreiben von der Bank.
„Es gibt wirklich unzählige gefährliche Betrugsmethoden im Netz“, warnt Ralf Scherfling bei t-online. „Der Jahreswechsel ist bekannt für diverse Änderungen, beispielsweise durch den Gesetzgeber. Da Cyberkriminelle gerne auch aktuelle Themen aufgreifen, kann dies zu steigenden Zahlen beitragen.“ Der Experte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen (vzbv) erklärt, mit welchen Maschen Betrüger gerade auf Opferjagd gehen und was sie so gefährlich macht.
Paketbetrug: Zoll-Gebühren und schädliche Apps
Aktuell seien besonders Mails und Nachrichten zu vermeintlichen Paketen im Umlauf, erklärt der Verbraucherschützer. Hier werden die Leute häufig über SMS-Nachrichten belästigt, die angeblich von Paketdiensten stammen, so Scherfling. Enthalten ist jedes Mal ein Link auf seltsame Internetseiten.
Die Absichten der unbekannten Absender sind dabei unterschiedlich. Einige haben es darauf abgesehen, schädliche Apps zu verbreiten, die Daten auslesen und massenweise SMS an gespeicherte Kontakte senden. Andere wollen ahnungslose Opfer in Abo-Fallen locken oder Zollgebühren abkassieren.
„Aber auch typische Phishing-Mails, die angeblich von Banken oder Sparkassen kommen, waren im Dezember 2023 bei den bösen Buben sehr beliebt“, sagt Scherfling. Hier „informieren“ die Betrüger zum Beispiel darüber, dass sich angeblich Kontozugangsdaten geändert haben – natürlich vor dem Hintergrund, dass sie mit dieser Masche an die neuen Daten kommen und das jeweilige Konten ausräubern können.
Ralf Scherfling ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Gruppe Finanzen und Versicherungen bei der
Verbraucherzentrale NRW.
Porno-Betrug: Kamera und E-Mails gehackt
„Zahle Bitcoins oder ich veröffentliche Videos von dir, auf denen du masturbierst“. Kriminelle wollen mit solchen Drohungen Bitcoins per E-Mail erpressen und setzen darauf, dass sich die Empfänger ertappt fühlen und reagieren, warnen die Verbraucherschützer.
Die unbekannten Absender schreiben dabei an offenbar wahllos ausgewählte Empfänger, dass sie deren Webcam gehackt und sie beim Pornogucken und „sexuellen Handlungen an sich selbst“ gefilmt hätten. Nur wer einen gewissen Betrag in Bitcoins überweise, könne verhindern, dass die Filme an Familien und Freunde weitergegeben oder veröffentlicht würden.
In einer anderen Version behaupten die Absender, sie hätten den Computer der Empfänger mit einer Software infiziert, die pornografische Dateien gefunden habe, und drohen damit, Freunde und Familienmitglieder darüber zu informieren. Manchmal hängen auch Dateien an diesen Erpressungsnachrichten, die Sie keinesfalls öffnen sollten, rät die Verbraucherzentrale NRW. „Denn sie beschädigen sehr wahrscheinlich Ihr Gerät damit.“
Häufig erhöhen die Erpresser den Druck auf ihre Opfer mit weiteren E-Mails. Darin nutzen sie sogar teilweise persönliche Daten der Empfänger, die tatsächlich aus Hacks stammen oder aus Adressdatenbanken.
Die Verbraucherschützer raten: „Auch wenn es nicht gut aussehen mag: Am besten kleben Sie Ihre Webcam ab, wenn Sie sie nicht nutzen. Das gilt auch für Smartphone-Kameras.“ Außerdem sollte unbedingt ein aktuelles Virenschutzprogramm aufgespielt werden.
Telefon-Abzocke: Plötzlich kommt eine Rechnung
Verbraucher werden derzeit auch wieder vermehrt mit Verträgen unter Druck gesetzt, die angeblich am Telefon abgeschlossen worden sind. Betroffene berichten laut der Verbraucherzentrale NRW, dass sie am Telefon laut und deutlich „Ja“ sagen sollten. Dazu stellen die Anrufer zum Beispiel Fragen wie: „Hören Sie mich?“ Einige Tage später erhalten die Angerufenen Vertragsunterlagen oder Rechnungen. Der Absender behauptet, die Betroffenen hätten doch am Telefon zugestimmt.
„Wir kennen Berichte, wonach im Extremfall das Telefonat so zusammengeschnitten wurde, dass das ‚Ja‘ an der passenden Stelle gesagt wurde, um einen Vertrag abzuschließen. Dabei hat es tatsächlich nie einen Vertragsschluss gegeben“, schreiben die Experten.