Beim Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom kann es zu längeren und stärkeren Blutungen kommen. Woran lässt sich die Blutgerinnungsstörung erkennen?
Das Wichtigste im Überblick
Das Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom (auch Von-Willebrand-Syndrom genannt) ist in der Regel angeboren, wird jedoch mitunter erst spät festgestellt. Zur erhöhten Blutungsneigung kommt es, wenn ein bestimmtes Eiweiß – der sogenannte Von-Willebrand-Faktor – zu wenig oder gar nicht vorhanden ist oder Defekte aufweist.
Der Von-Willebrand-Faktor spielt eine wichtige Rolle für die Blutgerinnung. Kommt er im Körper nicht in ausreichender Menge vor oder ist er defekt, erschwert das die Blutgerinnung. Als Folge dauert es länger, bis eine Wunde zu bluten aufhört. Vereinzelt kann eine Blutung dadurch auch schwerere Ausmaße annehmen.
Gut zu wissen
Nur sehr selten ist das Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom nicht angeboren, sondern erworben. Dann tritt es etwa als Folge einer anderen Erkrankung oder durch die Einnahme bestimmter Medikamente auf.
Von-Willebrand-Jürgens Syndrom: Typische Symptome
Welche Symptome beim Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom im Einzelfall auftreten, kann sehr unterschiedlich sein. Das Ausmaß der Beschwerden hängt vor allem davon ab, wie stark der Von-Willebrand-Faktor-Mangel beziehungsweise wie defekt das Eiweiß ist.
In den meisten Fällen macht sich das Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom jedoch nur durch schwache Symptome bemerkbar – teilweise treten sogar gar keine Beschwerden auf. Das Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom ist deshalb nicht immer leicht als solches zu erkennen.
Eine erhöhte Blutungsneigung kann ein Anzeichen für das Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom sein, selbst wenn sie nur schwach ausgeprägt ist. Zu den möglichen Symptomen, die dann auftreten können, zählen unter anderem:
- häufige blaue Flecken (Blutergüsse), selbst bei kaum merklichen Stößen, oft auch nicht an Armen oder Beinen, sondern an eher ungewöhnlichen Stellen
- öfters Petechien, also kleine, maximal stecknadelkopfgroße Einblutungen in die Haut
- häufiges und länger andauerndes, oft scheinbar grundloses Nasenbluten
- stärkere oder länger dauernde Blutungen nach kleineren Verletzungen (etwa nach einem Schnitt)
- stärkere oder länger dauernde Blutungen nach zahnärztlichen Eingriffen (wie Zähne ziehen oder kleineren Eingriffen im Mundraum)
- Blutungen oder Blutergüsse nach Blutabnahmen oder nach einer Spritze oder Impfung in den Muskel
- bei Kindern: teils starkes oder längeres Nachbluten beim Zahnwechsel
- häufiges Zahnfleischbluten nach dem Zähneputzen
- starke oder längere Nachblutungen nach operativen Eingriffen oder Unfällen mit größeren Verletzungen
- Blutspuren im Stuhl
- Blut im Urin
Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom: Symptome bei Frauen
Bei Mädchen und Frauen kann sich das Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom zudem durch stärkere und längere Regelblutungen bemerkbar machen. Mögliche Anzeichen dafür, dass hinter starken Regelblutungen das Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom steckt, sind beispielsweise:
Tampons oder Binden müssen oft gewechselt werden (häufiger als einmal pro Stunde) Betroffene müssen Tampons und Binden kombiniert anwenden im Menstruationsblut finden sich größere Blutklumpen (Durchmesser über 2,5 Zentimeter)
Aufgrund des stärkeren Blutverlusts während der Regelblutung kann es bei betroffenen Frauen zudem zu Anzeichen einer Blutarmut (Anämie) kommen, was sich etwa durch Müdigkeit, Erschöpfung, Kurzatmigkeit und Blässe äußert.
Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom: Wie häufig kommt es vor?
Das Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom kommt selten vor, ist aber die häufigste angeborene Blutgerinnungsstörung. Schätzungsweise 6 bis 10 von 1.000 Menschen sind davon betroffen. Behandlungsbedürftig sind davon jedoch deutlich weniger, nämlich nur etwa eine von 10.000 Personen.
Fachleute unterscheiden beim Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom zudem drei Typen. Der häufigste, Typ 1, ist meist mild ausgeprägt. Am seltensten liegt Typ 3 der Erkrankung vor – er kommt Schätzungen zufolge bei einer von einer Million Personen vor.
Wie lässt sich das Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom feststellen?
Da das Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom häufig nur leicht ausgeprägt ist, wird es mitunter erst spät oder sogar nie festgestellt. Erste Hinweise geben in der Regel Symptome wie häufige blaue Flecken, häufiges Nasenbluten beziehungsweise eine erhöhte Blutungsneigung. Liegt die Erkrankung auch bei anderen Familienmitgliedern vor, etwa bei Mutter oder Vater oder bei Geschwistern, liegt der Verdacht auf ein Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom nahe.
Nachweisen lässt sich das Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom mithilfe von Blutuntersuchungen. Bei diesen sind vor allem die Konzentration des Von-Willebrand-Faktors und des Faktors VIII ausschlaggebend. Von Interesse sind daneben aber auch die Blutungszeit und Blutwerte wie die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT), die Prothrombinzeit (PT-INR) oder die Thrombozytenzahl.
Um bei der Diagnose sicherzugehen, ist es ratsam, die Blutuntersuchung im Abstand von etwa zwei Wochen zu wiederholen. Denn verschiedene Faktoren wie etwa Stress oder körperliche Anstrengung können die Blutwerte beeinflussen.
Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom: Wie lässt es sich behandeln?
Da das Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom in den meisten Fällen nur schwach ausgeprägt ist, erfordert es oft keine weitere Behandlung. Selbst in schweren Fällen benötigen Menschen mit Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom häufig nur in bestimmten Situationen, nicht aber täglich eine Behandlung. Meist beschränkt sich die Therapie darauf, Medikamente zu meiden, die die Blutgerinnung hemmen. Das gilt vor allem für den Wirkstoff Acetylsalicylsäure (ASS).
Um beim Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom bei Blutungen passend eingreifen zu können, ist es für Betroffene sowie für Ärztinnen und Ärzte zudem grundsätzlich wichtig, zu wissen, welcher Typ der Blutgerinnungsstörung genau vorliegt.
Behandlung von Blutungen
Leichte Blutungen lassen sich bei Menschen mit Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom oft ohne weitere Medikamente stillen. Um die Blutung zu stoppen, genügt es häufig schon, einige Minuten lang etwas Druck auf die Wunde auszuüben. Bei Nasenbluten kann es helfen, die Nasenflügel mit den Fingern zusammenzupressen.