Überraschung um Lindenberg-Hit
Berliner Chöre singen nun doch „Oberindianer“
17.11.2024 – 18:10 UhrLesedauer: 2 Min.
Berliner Chöre wollten bei der Aufführung eines alten Hits von Udo Lindeberg auf das Wort „Oberindianer“ verzichten. Das sorgte für viel Empörung. Beim Konzert gab es nun eine Überraschung.
„Ich muss da was klären mit eurem Oberindianer. Ich bin ein Jodeltalent und will da spielen mit ’ner Band“ – diese Zeilen des Udo-Lindenberg-Hits „Sonderzug nach Pankow“ aus den frühen Achtzigerjahren haben acht Chöre in Berlin am Wochenende in ihrer Originalfassung gesungen. Das berichten mehrere Hauptstadt-Medien übereinstimmend. Auf dem Kurznachrichtendienst „X“ postete eine Reporterin der „Berliner Morgenpost“ ein Video der Veranstaltung im Berliner Humboldt-Forum. Darauf unter anderem gut zu hören: Der Begriff „Oberindianer“.
Um dessen Verwendung war vor gut zwei Wochen ein Streit entbrannt. Die Stiftung teilte da nämlich mit, man werde den „Oberindianer“ für die Aufführung aus der besagten Textzeile streichen. Diese Entscheidung habe man nach einer offenen Diskussion mit den Chören und der künstlerischen Leitung getroffen. Hintergrund der Debatte: Der Begriff könne als diskriminierend empfunden werden, so die Stiftung Ende Oktober weiter.
Nach der Entscheidung gab es laute Kritik. Vor allem bekannte Musiker waren mit der geplanten Textänderung nicht einverstanden. Zumal die Bezeichnung „Indianer“ aus dem Ende des 15. Jahrhunderts von Christoph Kolumbus stammt und keine diskriminierende Konnotation hatte. Erst in jüngster Vergangenheit ist der Begriff zum Diskussionsthema geworden, wenn es um angeblich diskriminierende Sprache geht.
Über den Auftritt der Chöre und deren Verwendung des „Oberindianers“ am Wochenende sagte der Generalintendant des Humboldt Forums gegenüber der „Berliner Morgenpost“, man sei ein Ort der Vielstimmigkeit, an dem man Chören nicht vorschreibe, was sie zu singen haben.
Der „Sonderzug nach Pankow“ des deutschen Popstars Udo Lindenberg fuhr zum ersten Mal 1983 ab. Mit dem Stück wendete sich der Musiker an Erich Honecker. Auch mit dem Begriff „Oberindianer“ ist dementsprechend der damalige Vorsitzende des Staatsrates der DDR gemeint. Honecker hatte Lindenberg zuvor einen Auftritt in der DDR verwehrt.
Der gesamte Text des Popsongs strotzt vor Veralberungen Honeckers. In einer rechtlichen Einschätzung aus dem Februar 1983 notiert die DDR-Führung selbst, der „Verfasser des Textes“ habe sich an den „Genossen Erich Honecker“ gewandt und diesen „sturer Schrat“, „Rocker“ und eben „Oberindianer“ genannt. Mitten im Kalten Krieg war das Lied eine humorige Anklage des Musikers aus dem Westen. Adressat ist der damals oberste Mann in der DDR, die seine Bürger einsperrte, überwachte und die freie Presse verbot.