Ärger in der Formel 1
Fahrer-Zoff geht weiter: „Ein Loser und ein Betrüger“
06.12.2024 – 14:47 UhrLesedauer: 4 Min.
Der Streit zwischen Max Verstappen und George Russell eskaliert immer weiter. Jetzt trafen die Kontrahenten erstmals wieder direkt aufeinander – und mussten getrennt werden.
Viel weiter entfernt voneinander hätten Max Verstappen und George Russell kaum sitzen können. Nach ihrem heftigen Zoff mit Lügen-Anschuldigungen und schweren Vorwürfen im Fahrerlager von Abu Dhabi sahen sich der Formel-1-Weltmeister und der Mercedes-Fahrer am Donnerstagabend beim traditionellen Saisonabschluss-Dinner der Piloten wieder.
Bevor sie jeweils nahe der Tischenden Platz nahmen, war ihr Streit eskaliert – und das Verhältnis der Rennfahrer scheint dauerhaft zerstört. „Er kann nicht mit Widrigkeiten umgehen. Wenn etwas nicht läuft, wie er das will, schlägt er mit unnötiger Wut und grenzwertiger Gewalt um sich. Das ist kein Mensch, den ich respektiere“, sagte Russell über Verstappen.
Der Zwist entzündet sich an Russells Forderung nach einer Strafe für Verstappen. Der Red-Bull-Fahrer habe ihn in der Qualifikation zuletzt in Katar behindert. Verstappen hatte nach dem WM-Lauf am vergangenen Sonntag derweil das Verhalten des Briten bei den Rennkommissaren kritisiert. „Wir alle müssen die Regeln befolgen, aber er befolgt sie nicht“, sagte Russell: „Ich finde es ziemlich ironisch, wenn er mir sagt, ich werde absichtlich einen Unfall mit dir verursachen und deinen verdammten Kopf gegen die Wand knallen.“
Diese Drohung soll Verstappen laut Russell am vergangenen Samstagabend ausgesprochen haben. „Für mich ist das inakzeptabel. Er hat eine Linie überschritten“, sagte der 26-Jährige in den Vereinten Arabischen Emiraten: „Ich kenne Max seit zwölf Jahren und habe ihn immer respektiert, aber jetzt ist der Respekt weg.“ Neu sei solch ein trotziges Verhalten laut Russell beim Dominator aber nicht: „Ich habe ihn schon als 14-Jährigen im Kart so erlebt.“
Verstappen bestritt die Äußerung über einen absichtlichen Crash und feuerte in der niederländischen Tageszeitung „De Telegraf“ zurück. „George ist ein Loser und ein Betrüger“, sagte Verstappen: „Er fügt allerlei Dinge zusammen, die nicht wahr sind.“
Verstappen soll im Gespräch mit den Stewards extrem wütend gewesen sein, noch bevor Russell überhaupt etwas sagen konnte, erzählte dieser. „So dramatisch war es nicht. Vielleicht bringe ich nächstes Mal Taschentücher mit“, entgegnete Verstappen, der kurz vor dem Saisonfinale die Schwangerschaft seiner Freundin Kelly Piquet öffentlich machte. Er wird im kommenden Jahr erstmals Vater.
Der Streit zieht längst größere Kreise und auch die Teamchefs schalteten sich ein. „Was erlaubt er sich, so über meinen Fahrer zu sprechen?“, giftete Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff in Richtung von Red-Bull-Teamchef Christian Horner: „Er ist ein kläffender kleiner Terrier. Er hat immer etwas zu sagen.“
Horner hatte Russell am Sonntag in einer Medienrunde als „hysterisch“ bezeichnet, das ließen sich die Silberpfeile nicht gefallen. Horner reagiert auf diese Aussagen von Wolff wiederum mit Humor. Angesprochen auf die „Terrier“-Aussagen von Wolff, sagte er: „Ist es so schlimm? Ich habe keine Angst davor, es mit den großen Hunden aufzunehmen“. Eine Spitze in Richtung des Österreichers folgte prompt: „Ich wäre vielleicht lieber ein Terrier als ein Wolf.“ Zudem stärkte er seinem Fahrer den Rücken: „Ich glaube Max – zu 100 Prozent. Da waren ja auch noch andere Leute im Raum und die waren auch verwundert, wie das dort abgelaufen ist“, sagte er.
Verstappen wird zwei Wochen nach dem Gewinn seines vierten WM-Titels nicht von seiner Position abrücken. „Ich bereue nichts“, sagte der Niederländer klar: „Vielleicht würde ich heute sogar noch mehr sagen.“ Auch mehrere Tage nach dem Vorfall zeigte sich der 27-Jährige noch außer sich, dass Russell ihn bei den Regelhütern anschwärzte. „In meiner ganzen Karriere habe ich so etwas noch nicht erlebt, für mich war das nicht zu akzeptieren“, sagte Verstappen und ergänzte ebenfalls: „Ich habe jeden Respekt verloren.“
Er bezichtigte Russell vor dem letzten Saisonlauf am Sonntag (14.00 Uhr im Liveticker bei t-online) sogar, gelogen zu haben und erklärte: „Ich habe nicht erwartet, dass jemand so aktiv versucht, jemand anderem eine Bestrafung zu bescheren. Das war nicht nett und sogar sehr schockierend.“ Von Lügen wollte Russell nichts wissen. „Fakten sind Fakten“, sagte der Brite: „Ich kenne die Gründe für seine persönliche Attacke nicht. Aber ich werde meine Meinung nicht ändern.“