Nach seinem Tod ergeht sich eine Welle des Lobes über Wolfgang Schäuble. Doch nicht alle stimmen in die Lobeshymne ein: Aus Griechenland kommt viel Kritik.
In einigen Teilen Europas war der am Dienstagabend verstorbene Wolfgang Schäuble (CDU) nicht beliebt. Insbesondere in Griechenland steht der ehemalige Finanzminister für die Sparpolitik, die das südeuropäische Land infolge der extremen Staatsverschuldung ab 2011 verfolgen musste.
Hauptgegenspieler des damaligen Finanzministers Wolfgang Schäuble war Yanis Varoufakis. Der Ökonom und frühere Finanzminister Griechenlands galt seit 2011 als einer der schärfsten Kritiker Schäubles. Das zeigt sich auch im Nachruf, den der Grieche am Tag nach dem Ableben des CDU-Urgesteins auf seiner Website veröffentlichte.
Varoufakis: Schäuble verkörpert explosiven Widerspruch
In seinem Text wirft Varoufakis Schäuble vor, zur Personifizierung des Euro geworden zu sein. Um die europäische Währung zu retten, habe der CDU-Politiker in Deutschland einen „brutalen Sparkurs“ eingeführt. In Griechenland habe er dagegen „demokratische Institutionen abgebaut“, führt Varoufakis weiter aus.
Damit sei Schäubles politisches Erbe ein Paradox in sich. „Schäuble verkörperte den explosiven Widerspruch, der sowohl die Euro-Krise als auch die Politik zu ihrer Bekämpfung hervorbrachte“, schreibt der ehemalige griechische Finanzminister. Es sei eine Politik gewesen, „die einerseits zur Verarmung Griechenlands und andererseits zur gegenwärtigen Deindustrialisierung Deutschlands und zum Abgleiten Europas in die geopolitische Bedeutungslosigkeit führte.“
„Die Geschichte wird ihn hart richten“
Zum Abschluss fällt Varoufakis ein hartes Urteil über Wolfgang Schäuble: „Die Geschichte wird ihn hart richten. Aber nicht härter, als diejenigen, die seinem katastrophalen Projekt und seiner Politik erlegen sind.“
Die radikale Sparpolitik hatte schwere Auswirkungen auf die griechische Gesellschaft. Viele Menschen verloren ab 2011 ihre Arbeit, die Suizidrate im südeuropäischen Land stieg zwischen 2011 und 2015 um 45 Prozent – die Zahl der schweren Depressionen verdoppelte sich in Folge der staatlichen Sparpolitik.