Kursturbulenzen
Unsicherheit an den Börsen: Droht jetzt der Crash in den USA?
Aktualisiert am 05.08.2024 – 14:40 UhrLesedauer: 5 Min.
Die Angst vor einer Rezession in den USA hat die Börsen erfasst. Nach Kursrutschen in Asien verliert auch der deutsche Leitindex Dax deutlich. Wie weit geht es noch abwärts?
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Der Dax hat am Montag seinen jüngsten Kursrutsch fortgesetzt. Angesichts eines Ausverkaufs an den asiatischen Aktienmärkten fiel der deutsche Leitindex auf 17.100 Punkte. Zu Handelsbeginn hatte der Dax mehr als drei Prozent eingebüßt und den tiefsten Stand seit Februar erreicht. Zudem sank das Börsenbarometer unter die viel beachtete 200-Tage-Durchschnittslinie, die Hinweise auf den längerfristigen Trend gibt.
„Man mag das Wort Crash an der Börse ungern in den Mund nehmen, aber an diesem heutigen Montagmorgen fühlt es sich ganz danach an“, sagte Börsenstratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets.
Die Anleger reagierten auf den scharfen Kurseinbruch an den asiatischen Börsen: In Tokio fiel der Leitindex Nikkei 225 um 12,4 Prozent auf 31.458 Punkte, verlor damit seit dem jüngsten Rekordhoch mehr als 20 Prozent und verzeichnete den größten Tagesverlust seit 37 Jahren, also seit 1987.
Börsianer sprechen von einem Bärenmarkt, wenn die Kurse innerhalb kurzer Zeit um 20 Prozent und mehr einbrechen. „Vor diesem Hintergrund kann man beim Minus des Deutschen Aktienindex fast schon von Stabilität sprechen“, sagte Experte Molnar. Der Dax notierte am Mittag knapp 2,2 Prozent schwächer bei 17.272 Punkten.
Auch an den anderen wichtigen Handelsplätzen Asiens wurden heftige Kursverluste verzeichnet. In Seoul etwa sackte der Leitindex Kospi um 8,8 Prozent ab, und in Taipeh verlor der Taiex 8,4 Prozent. Es war auf Schlusskursbasis der größte jemals gesehene Tagesverlust.
An den asiatischen Börsen litten Technologiewerte. Auslöser war offenbar ein Bericht, dass der Chip-Produzent Nvidia den Start neuer KI-Chips wegen sogenannter Designmängel verschiebt. Nvidia war zuletzt als großer Profiteur des Boom-Themas Künstliche Intelligenz (KI) das Zugpferd der allgemeinen Börsen-Rally.
Zudem verschreckte die Sorge vor einer womöglich harten Landung der Konjunktur in den USA die Investoren. Denn in der Folge könnte auch die Weltwirtschaft schwächeln. Der Ausverkauf begann bereits am vergangenen Freitag und setzte sich am Montag fort. Kritiker sehen die Schuld dafür auch bei der US-Notenbank Fed, die an ihrer Hochzinspolitik bislang festhält.
Auslöser der Kursturbulenzen waren unter anderem überraschend schlechte Arbeitsmarktdaten und ein Rückgang des privaten Konsums, der mehr als zwei Drittel der US-Wirtschaftsleistung ausmacht. Hinzu kommen eingetrübte Gewinnaussichten und steigende Kosten für Künstliche Intelligenz (KI) von US-Technologieunternehmen.
„Das Wachstum im Bereich Künstliche Intelligenz kommt mit enormen Kosten daher, was die hohen Aktienbewertungen plötzlich als übertrieben erscheinen lässt“, erläuterte Chefanalyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. Die Quartalsergebnisse der großen Tech-Konzerne haben weltweit zu Enttäuschung geführt. Amazon, Apple und Intel konnten mit ihren Bilanzen die hohen Markterwartungen nicht erfüllen.
Die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA ist damit gestiegen. Die Ökonomen der US-Investmentbank Goldman Sachs schätzen sie für die kommenden zwölf Monate auf 25 Prozent, zuvor waren sie nur von 15 Prozent ausgegangen. Noch pessimistischer sind die Analysten von JPMorgan, die die Wahrscheinlichkeit einer US-Rezession auf 50 Prozent beziffern.
Das Risiko eines Konflikt-Flächenbrands im Nahen Osten sei eine weitere „Zutat im bitteren Nachrichten-Cocktail“, erklärte Christian Henke, Analyst vom Broker IG. Israel und die USA bereiten sich auf eine mögliche Eskalation vor, nachdem der Iran und seine Verbündeten Hamas und Hisbollah Vergeltung für den Tod wichtiger Anführer angekündigt hatten.
Dies begrenzte die Verluste am Ölmarkt, der ebenfalls wegen Konjunktursorgen unter Druck stand. Die Nordsee-Rohölsorte Brent und die US-Sorte WTI verbilligten sich jeweils um knapp ein Prozent auf 76,27 und 72,93 Dollar je Fass (159 Liter).