Düsseldorf Länger als andere Branchenmitglieder hat Uniper gezögert – jetzt zieht auch der Düsseldorfer Energiekonzern handfeste Konsequenzen aus dem Ukraine-Krieg. Uniper werde keine neuen Investitionen in Russland tätigen, teilte das Unternehmen am Montagabend mit. An die russische Kraftwerkstochter Unipro will Uniper keine weiteren Mittel überweisen. Der Ende letzten Jahres eingeleitete Prozess zur Veräußerung von Unipro werde vorerst gestoppt und sobald wie möglich wieder aufgenommen.
Zugleich gab Uniper bekannt, das Geld abzuschreiben, das das Unternehmen in die Ostseepipeline Nord Stream 2 investiert hatte. Uniper habe der mittlerweile scheinbar insolventen Betreibergesellschaft Nord Stream 2 AG ein Darlehen in Höhe von 695 Millionen Euro gewährt, zudem habe man Zinsen in Höhe von 292 Millionen Euro erwartet. Jetzt nimmt Uniper eine Wertminderung über die Gesamtsumme von 987 Millionen Euro vor. Diese Wertminderung wird sich laut Uniper im ersten Quartal dieses Geschäftsjahres auf das Konzernergebnis auswirken.
Darüber hinaus teilte Uniper mit, keine neuen langfristigen Gaslieferverträge mit Russland abzuschließen. An bestehenden langfristigen Gasimportverträgen wolle man aber festhalten.
Für das Unternehmen, das 2016 aus dem Eon-Konzern hervorging und sich besonders auf das Gasgeschäft fokussiert hat, sind das drastische Schritte. Allerdings haben andere große Energieunternehmen angesichts des Ukraine-Krieges bereits in der vergangenen Woche ähnliche Entscheidungen gefällt. So haben etwa der Konzern Wintershall Dea sowie der britische Shell-Konzern ihre jeweiligen Investitionen in das Nord-Stream-2-Projekt bereits abgeschrieben. Zudem hatte der britische Ölmulti BP verkündet, seine Anteile am russischen Ölkonzern Rosneft zum Verkauf zu stellen.
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Jetzt zieht Uniper nach. Dabei betonte CEO Klaus-Dieter Maubach: „Ich empfinde tiefes Mitgefühl für alle Menschen, die direkt oder indirekt von einem Krieg in der Ukraine betroffen sind, für den es keinerlei Rechtfertigung gibt.“ Gerade vor dem Hintergrund von Unipers langjährigen Geschäftsbeziehungen zu Russland sei er schockiert von den beispiellosen Entwicklungen.
Notfall-Pläne für Gasliefer-Stopp
Uniper hatte in den vergangenen Wochen massiv unter Druck gestanden. Die Aktie hat binnen eines Monats rund 55 Prozent an Wert verloren. Denn Uniper ist in mehreren wichtigen Geschäftsbereichen auf gute Beziehungen zu Russland angewiesen und entsprechend hart vom Angriffskrieg des Landes gegen die Ukraine getroffen.
Das Fuel-Midstream-Geschäft von Uniper umfasst ein Portfolio von rund 370 Terrawattstunden (TWh) an langfristigen Gaslieferverträgen, rund 200 TWh davon stammen aus Russland. Uniper und zuvor Eon pflegen langjährige vertragliche Beziehungen zu dem russischen Gasriesen Gazprom. Uniper hatte stets betont, Gazprom liefere die vereinbarten Gasmengen höchst zuverlässig.
Sollte es aber zu einem politischen Gaslieferstopp aus Russland kommen, würde sich diese State of affairs erstmalig ändern. Ein solches Szenario erscheint immer wahrscheinlicher: In einer am Montagabend im russischen Staatsfernsehen ausgestrahlten Rede drohte der Vize-Regierungschef Alexander Nowak erstmals offen mit einem Fuel-Lieferstopp durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1. Zugleich treiben die USA Pläne für einen Boykott russischen Öls voran, was die Krise weiter eskalieren dürfte.
Uniper teilt mit: „Im Falle einer begrenzten und kurzfristigen Drosselung der Gasflüsse aus Russland wird Uniper voraussichtlich in der Lage sein, seine flexiblen Vermögenswerte, einschließlich der Gasspeicher, so zu nutzen, dass der Ausfall weitgehend kompensiert wird.“
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Erhebliche Unterbrechungen der Gasflüsse würden laut dem Konzern dagegen die Stabilität des deutschen Gassystems gefährden und „höchstwahrscheinlich zu einer Ausrufung des Notstands durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz führen“. Dann würde die Bundesnetzagentur allen Marktteilnehmern Anweisungen zum rechtzeitigen Systemausgleich erteilen, Uniper werde dabei mit seinen Property unterstützen, um das System zu stabilisieren. Man gehe davon aus, dass solche Maßnahmen und Ereignisse die bestehenden vertraglichen Vereinbarungen ersetzen würden.
Letzteres ist für Uniper extrem wichtig. Denn das Unternehmen hat seinerseits langfristige Gaslieferverträge mit Unternehmen in Deutschland. Für die versprochenen Gaslieferungen muss Uniper allerdings im Vorfeld Sicherheitsleistungen – sogenannte Margins – zahlen. Es überweist seinen Kunden additionally so viel Geld, wie diese bräuchten, um zu den aktuellen Spotmarktpreisen die vereinbarte Menge an Fuel einzukaufen. Erst wenn Uniper wie versprochen liefert, kommt das überwiesene Geld zurück.
Da die Spotmarkt-Gaspreise seit Monaten extrem hoch sind, sind auch die Sicherheitsleistungen gestiegen, die Uniper überweisen muss. Das Unternehmen musste sich deshalb bereits zum Jahreswechsel rund 12 Milliarden Euro an Kreditoptionen sichern, unter anderem von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Jetzt teilte Uniper mit, die bisher ungenutzte Kreditfazilität verlängern zu wollen.
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