Der Altkanzler hat der Ukraine im Konflikt mit Russland „Säbelrasseln“ vorgeworfen.
Berlin Nachdem bekannt geworden ist, dass der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder als Kandidat für den Aufsichtsrat des russischen Staatskonzerns Gazprom nominiert wurde, wird in Deutschland der Ruf nach Konsequenzen laut.
„Wenn die Scenario nicht so ernst wäre, erinnert einen das Verhalten des Altkanzlers inzwischen an Loriots Figuren Müller-Lüdenscheidt und Dr. Klöbner, die sich in einer Badewanne treffen, weil sich einer der beiden Herren in der Zimmernummer geirrt hat“, sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), dem Handelsblatt.
Auf Twitter machte sich die FDP-Politikerin dafür stark, „konkret darüber nachzudenken, Gerhard Schröder die Ausstattung eines Altbundeskanzlers zu entziehen“. Der Ex-SPD-Chef schade dem Land, dem er dienen soll und „lässt sich dafür bereitwillig von einem Autokraten mehr als intestine bezahlen. Apanage vom deutschen Staat ist damit nicht vereinbar“. Altkanzlern wie auch Altbundespräsidenten steht eine Ausstattung etwa mit Büros und Private in Berlin zu.
Auch aus der Union kam Kritik. „Ein SPD-Altkanzler kann nicht gleichzeitig bei Gazprom und beim deutschen Staat abkassieren“, schrieb der CSU-Verteidigungspolitiker Florian Hahn auf Twitter. „Wer zum Steigbügelhalter für Putins Interessen verkümmert, schadet Deutschland und ist seines Amtes unwürdig.“
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Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Stefan Müller, verlangte eine parteiübergreifende Diskussion über den Entzug der Amtsausstattung Schröders. „Wer sich von Autokraten bezahlen lässt, braucht kein Geld vom deutschen Steuerzahler.“ Er sei dafür, parteiübergreifend Regeln für die Geschäftstätigkeit ehemaliger Bundeskanzler zu entwickeln, schlug Müller vor.
Das sieht der CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer ähnlich. Mit Schröder bekomme der „oberste deutsche Russland-Lobbyist“ die nächste Belohnung von Kremlchef Wladimir Putin. „Dass der deutsche Steuerzahler dieses würdelose Verhalten des Altkanzlers auch noch finanziell alimentieren muss, gehört auf den Prüfstand.“
Union vermutet Kalkül des Kreml hinter Schröder-Nominierung
Der russische Energieriese Gazprom hatte mitgeteilt, Schröder sei für den Aufsichtsrat des Staatskonzerns Gazprom nominiert worden. Die Hauptversammlung ist demnach für den 30. Juni geplant.
Der Ex-Kanzler ist Vorsitzender des Gesellschafterausschusses der Nord Stream AG und Präsident des Verwaltungsrats bei der Nord Stream 2 AG. Beide Gasleitungen unter der Ostsee verbinden Russland und Deutschland. Außerdem ist Schröder Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft.
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Auch der Steuerzahlerbund fordert Konsequenzen. „Ich appelliere an Herrn Schröder, auf sein staatlich bereitgestelltes Büro, Mitarbeiter und Dienstwagen zu verzichten“, sagte der Vizepräsident des Steuerzahlerbundes, Michael Jäger, der „Bild-Zeitung“. „Er lobbyiert für russische Wirtschaftsinteressen mit steuerfinanzierter deutscher Infrastruktur.“
Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter vermutet hinter der Gazprom-Nominierung Schröders Kalkül des Kremls. Damit werde auch „die ungeklärte und eigenartige Place von Teilen der SPD in Bezug auf Russland“ deutlich, sagte der Bundestagsabgeordnete dem Handelsblatt. „Die Nominierung Schröders ist somit auch als Schachzug Russlands zu sehen, die deutsche Regierung in ihrer Haltung zum Stopp von Nord Stream 2 als potenzielles Sanktionsmittel zu spalten und somit Deutschland insgesamt zu diskreditieren.“
Die SPD-Spitze battle erst kürzlich dem Eindruck entgegengetreten, dass der Altkanzler mit seinen Ukraine-Äußerungen die Linie der Parteiführung in der Russland-Frage durchkreuzt. So verwies SPD-Co-Chef Lars Klingbeil darauf, dass die heute bestimmenden Sozialdemokraten sich einig seien, dass die Eskalation derzeit klar von Russland ausgehe.
Bundeskanzler Olaf Scholz stellte zudem mit Blick auf Schröder und die Ukraine-Debatte klar, wer bei dem Thema das Sagen hat. „Wenn ich die Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland richtig verstehe, gibt es nur einen Bundeskanzler, und das bin ich“, sagte Scholz. Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), bekräftigte in der „Rheinischen Publish“ vom Samstag, sie kenne niemanden in der Partei, der Schröders Auffassungen teile.