Doch auch die Ukraine hat wohl über die Verhinderung russischer Öleinnahmen hinaus weitere Motive für die Lukoil-Sanktionen. Die Abgeordnete Sowsun sagte „Politico“, dass Kiew versuche, Ungarn dazu zu bewegen, seine Opposition gegen Waffenlieferungen an die Ukraine aufzugeben. „Wir haben wirklich alle diplomatischen Lösungen ausprobiert, und sie haben nie funktioniert“, sagte sie. „Es scheint also, dass wir andere Wege finden müssen, um mit ihnen zu reden.“
Die ungarisch-ukrainischen Beziehungen hatten sich zuletzt zugespitzt, weil Ungarns Ministerpräsident Orbán Anfang Juli nach Moskau reiste, um sich mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu treffen. Orbán deklarierte die Reise als „Friedensmission“. Wenige Tage später besuchte er zudem Chinas Staatschef Xi Jinping in Peking und den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump in den Vereinigten Staaten. Die erste Station seiner „Friedensmission“ – also noch vor dem Moskau-Besuch – war jedoch Kiew. Die Reisen erfolgten ohne Abstimmung mit der EU oder der ukrainischen Regierung.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kritisierte die Alleingänge Orbáns scharf. „Wenn jemand Reisen in die Hauptstadt des Kriegs machen will, um zu reden und vielleicht irgendwas auf Kosten der Ukraine zu versprechen, warum sollten wir so eine Person beachten?“, sagte Selenskyj beim Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft am Donnerstag bei Oxford. Moskau sei immer interessiert, die Geschlossenheit des Westens durch individuelle Angebote oder auch Erpressung zu brechen, sagte er.
Video | Orbán überraschend zu Besuch bei Putin
Quelle: Glomex
Moskau bezichtigte die Ukraine einer „politischen Entscheidung“. Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte, die Situation sei „kritisch“ für Länder, die weiterhin russisches Öl beziehen. Laut dem ungarischen Außenminister Szijjártó arbeite Ungarn jedoch bereits mit Russland an einer „Lösung“.
Noch im vergangenen Jahr hat Russland laut Berechnungen der Kyiv School of Economics rund 180 Milliarden Dollar durch seine Ölgeschäfte eingenommen. Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge, die sich auf Quellen in der Industrie bezieht, wurden zuletzt monatlich rund 1,1 Millionen Tonnen Öl durch die Druschba-Pipeline transportiert, wovon insgesamt gut 900.000 Tonnen an die Slowakei und Ungarn gingen. Die Pipeline versorgt zudem auch Tschechien.