Zinserhöhungen und die schwächelnde Weltwirtschaft verderben vielen Branchen die Stimmung zum Jahreswechsel. Hinzu kommen Unsicherheiten nach dem Haushaltskompromiss.
Trübe Stimmung in der deutschen Wirtschaft: Viele große Branchen blicken auch aufs kommende Jahr mit Pessimismus. „Es ist selten, dass wir zwei Jahre hintereinander so eine schwache Dynamik sehen. Auf ein Jahr mit schlechten Aussichten folgt ein weiteres schwaches Jahr“, sagte Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), der Deutschen Presse-Agentur. Die Schwäche der Weltkonjunktur, Zinserhöhungen und Unklarheiten beim Bundeshaushalt drücken die Aussichten für 2024. Das dürfte auch Folgen für den Arbeitsmarkt haben. Im Vorjahr hatte die Energiekrise die Stimmung belastet.
Nach der jährlichen Umfrage des IW erwarten 23 von 47 befragten Wirtschaftsverbänden im kommenden Jahr einen Produktions- oder Geschäftsrückgang bei ihren Mitgliedsfirmen. Von gleichbleibender Wirtschaftsaktivität gehen 15 Branchenvereinigungen aus, lediglich neun erwarten ein höheres Produktionsniveau. Ein Jahr zuvor rechneten 30 Verbände mit einem Rückgang und 13 mit einem Anstieg.
Keine verlässlichen Rahmenbedingungen mehr
Bei der Umfrage im Zeitraum November/Dezember gaben 22 Verbände an, mit sinkenden Investitionen zu rechnen. „Schlechter war die Stimmung in diesem Punkt zuletzt im Jahr der Finanzkrise 2009“, erläuterte Hüther. Hauptproblem ist aus seiner Sicht die mangelnde Planbarkeit für Unternehmen. Als jüngstes Beispiel nennt der IW-Chef das abrupte Ende der staatlichen E-Auto-Förderung. „Wir sind kein verlässlicher Standort mehr bei den Bedingungen und es entsteht keine Perspektive auf verlässliche Rahmenbedingungen für die wichtigen Transformationsaufgaben Klima und demografischer Wandel bis Ende des Jahrzehnts“, sagte Hüther.
Ein wichtiger Grund dafür ist Hüther zufolge die Schuldenbremse, „deren Gestaltung nicht mehr in die Zeit passt. Wir brauchen dringend eine Reform, denn auch eine andere Regierung wird mit dem derzeitigen Konzept nicht klarkommen.“
Die Arbeitslosenquote könnte nach Einschätzung des arbeitgebernahen Instituts im kommenden Jahr im Schnitt leicht auf 6 Prozent steigen. „Die über lange Zeit erkennbare Stabilität am deutschen Arbeitsmarkt ist mit Blick auf das Jahr 2024 so nicht mehr zu sehen“, sagte Hüther. „Einen weiteren Aufbau der Beschäftigung werden wir nicht mehr sehen, auch wegen des zunehmend das Arbeitsangebot begrenzenden Fachkräftemangels“.
Der Umfrage zufolge erwarten nur 5 Verbände im kommenden Jahr einen Aufbau der Beschäftigung, 23 Branchenvertreter rechnen mit einem Rückgang, darunter Banken und Sparkassen sowie der Bau. 19 Verbände gehen von stabilen Zahlen aus.
Immobilienbranche erwartet deutlich schlechtere Geschäfte
Ein deutlich schlechteres Geschäftsergebnis erwartet im kommenden Jahr unter anderem die Immobilienbranche. Hohe Baukosten und gestiegene Zinsen für Baukredite dämpfen die Nachfrage, die Immobilienpreise sind gesunken. Bauindustrie und Baugewerbe rechnen mit etwas schwächeren Geschäften als in diesem Jahr.
Wichtige exportorientierte Industriebranchen wie der Maschinenbau leiden unter der Schwäche der Weltkonjunktur. Der Branchenverband VDMA senkte jüngst seine Prognose für 2024. Pessimistischer ist auch die Textil- und Modeindustrie, die unter anderem in diesem Jahr die Kaufzurückhaltung der Verbraucherinnen und Verbraucher infolge der hohen Inflation zu spüren bekam.
Zu den wenigen Optimisten, die 2024 mit etwas besseren Geschäften rechnen, zählen die Autoindustrie, forschende Pharmaunternehmen, das Handwerk sowie der Tourismus, der von der Rückkehr der Reiselust der Menschen nach der Corona-Pandemie profitiert.