Washington Am Wochenende wird sich Donald Trump erneut auf einer Großkundgebung umjubeln lassen, dieses Mal im US-Bundesstaat Pennsylvania. Und wie so häufig in den vergangenen Monaten dürfte er die zahlreichen Gerichtsverfahren gegen ihn mit einer „Hexenjagd“ vergleichen, die darauf abziele, ihn an einem Wiedereinzug ins Weiße Haus zu hindern.
Seine Rechtsprobleme stehen im Mittelpunkt jeder seiner Wahlkampfreden – denn Trumps Kampagne entwickelt sich zu einem Dauer-Abwehrkampf gegen die Justiz.
Wie am Donnerstag bekannt wurde, wird Trump in der Affäre um geheime Regierungsdokumente mit neuen Vorwürfen schwer belastet. Die Ermittler haben drei weitere Anklagepunkte hinzugefügt, das geht aus einer erweiterten Anklageschrift hervor, die ein Bundesgericht in der US-Metropole Miami veröffentlichte.
Trump wird unter anderem vorgeworfen, Ermittlungen gezielt behindert zu haben, was der Ex-Präsident bestreitet. So habe Trump zwei seiner Mitarbeiter – Walt Nauta und Carlos De Oliveira – angehalten, das Filmmaterial der Überwachungskameras in Trumps Anwesen zu vernichten, heißt es in der Anklageschrift.
„Mein Boss will, dass wir die Server löschen“, soll Mitarbeiter De Oliveira zu Trumps IT-Chef gesagt haben. Behinderung der Justiz und die Anstiftung zu einer solchen Straftat kann in den USA mit einer einer Höchststrafe von 20 Jahren Gefängnis geahndet werden.
Angriffspläne gegen den Iran herumgezeigt
Der Ex-Präsident war im Juni angeklagt worden, weil er Dokumente mit höchster Geheimhaltungsstufe in seinem Anwesen Mar-a-Lago in Florida aufbewahrte und nach Aufforderung nicht zurückgegeben hatte. Anfang August 2022 hatte die Bundespolizei FBI Trumps Villa durchsucht und kistenweise streng geheim eingestufte Dokumentensätze beschlagnahmt.
Auch der zur Last gelegte Verstoß gegen das Spionagegesetz wurde erweitert: So soll das Ex-Präsident ein streng geheimes Regierungspapier über US-Militärstrategien gegen den Iran aus dem Weißen Haus entwendet und vorsätzlich zurückgehalten haben.
Trump soll die hoch sensiblen Pläne vor flüchtigen Bekannten herumgezeigt haben, führt die Anklageschrift aus. Laut des Magazins „Politico“ kann die vorsätzliche Aufbewahrung von nationalen Sicherheitsgeheimnissen mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft werden.
Insgesamt führt die Anklageschrift gegen Trump nun 40 Punkte auf. Der Republikaner plädierte bei einem ersten Gerichtstermin auf nicht schuldig. Der Prozess soll am 20. Mai 2024 starten, ein halbes Jahr vor den Präsidentenwahlen im November 2024.
Diese Anklagen drohen Trump außerdem
Das erste Mal strafrechtlich angeklagt worden war Trump im April, im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar. Das Verfahren läuft in New York. Damit war Trump der erste Ex-Präsident in der US-Geschichte, der wegen einer Straftat angeklagt wurde. Er plädierte hier ebenfalls auf nicht schuldig.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Republikaner unter anderem vor, durch die Zahlung gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstoßen zu haben. Der Prozessauftakt ist für März 2024 angesetzt.
Trump rechnet zudem mit einer dritten Anklage im Zusammenhang mit der Präsidentschaftswahl 2020 und dem Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021.
Der Zeitpunkt einer möglichen Anklage ist unklar, aber US-Medien zufolge trafen sich die Anwälte von Donald Trump am Donnerstag mit dem zuständigen Sonderermittler Jack Smith in Washington.
Das US-Justizministerium hatte Smith im November eingesetzt, um die politisch heiklen Ermittlungen gegen den Ex-Präsidenten auszulagern. Smith kümmert sich sowohl um die Geheimdokumenten-Affäre als auch um die Rolle des Republikaners bei der Attacke von Trump-Anhängern auf das Kapitol.
Er prüft seit Monaten, ob es genügend Beweise für strafrechtliche Schritte gibt. Trump hatte die Wahl 2020 gegen den Demokraten Joe Biden klar verloren – akzeptiert die Niederlage aber bis heute nicht und verbreitet die Lüge vom Wahlbetrug.
Am 6. Januar 2021 hatten Trump-Anhänger schließlich den Sitz des US-Kongresses in Washington gestürmt, wo die Wahlniederlage formal bestätigt werden sollte. Eine von Trump aufgestachelte Menge drang gewaltsam in den Kongress ein, fünf Menschen starben. Trump hatte seinen Vize Mike Pence zuvor öffentlich aufgerufen, das Prozedere zur Beglaubigung von Bidens Wahlsieg zu blockieren. Pence hielt sich jedoch an die Verfassung.
Für den Moment scheint Trump unverwundbar
Parallel könnte aus dem Bundesstaat Georgia eine Anklage gegen Trump erhoben werden. Dort hatte Trump der Wahlaufsicht wenige Tage vor dem Sturm aufs Kapitol am Telefon gesagt: „Ich will 11.780 Stimmen finden.“ Diese Stimmen hätten Trump den Sieg in dem wichtigen Staat und damit in der Präsidentschaftswahl gebracht.
Die Staatsanwaltschaft hat Untersuchungen wegen Wahlbeeinflussung eingeleitet, ein Schuldspruch könnte eine Geldstrafe oder auch Gefängnis nach sich ziehen. Eine Entscheidung über eine mögliche Anklage soll in den kommenden Wochen fallen.
Bislang haben sich die vielen Gerichtstermine nicht negativ auf Trumps Kampagne ausgewirkt, im Gegenteil. Die Spenden an ihn fließen, Trump ist der unangefochtene Favorit für die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner. Seine mittlerweile zehn Herausforderer liegen in Umfragen deutlich hinter ihm.
In sechs Monaten beginnen die ersten US-Bundesstaaten mit dem Vorwahlprozess. Im Sommer 2024 stimmt die Republican National Convention, die aus über 2000 Delegierten besteht, dann über den Präsidentschaftskandidaten der Partei ab.
Laut der Nachrichtenagentur AP habe Trumps Team „über Jahre daran gearbeitet“, den komplizierten Vorwahlprozess zu seinen Gunsten zu gestalten. Nicht wenige Delegierte seien Trump gegenüber loyal, weshalb es Konkurrenten äußerst schwer hätten, gegen ihn anzukommen.
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