Die wichtigsten Manager der Staatsfonds schauen nach den großen Linien, nicht nach Details in den Portfolios.
(Foto: Imago/Westend61)
Frankfurt Die Staatsfonds dieser Welt stellen ihre Anlagepolitik auf die Zeit nach dem Inflations- und Zinsgipfel in den USA und in Europa ein. Dabei sehen sie weiterhin relativ hartnäckige Teuerungsraten auf erhöhtem Niveau sowie eine mögliche Rezession oder niedrige Wachstumsraten der Weltwirtschaft als gravierende Risiken an, ebenso wie mögliche Fehleinschätzungen der Geldpolitik durch die Notenbanken.
Das zeigt eine exklusive Analyse des Finanzkonzerns State Street, der zusammen mit dem International Forum of Sovereign Wealth Funds (IFSWF) Vermögen im Volumen von 36,7 Billionen Dollar untersucht hat. Dem IFSWF – einem Netzwerk von Staatsfonds – gehören unter anderem die Staatsfonds aus Abu Dhabi, Kuwait, China und Katar an.
Langfristig orientierte institutionelle Investoren sowie Mitglieder des IFSWF richten ihre Vermögensverteilung nur dann neu aus, wenn sich die Rahmenbedingungen grundsätzlich verändern. Das war im vergangenen Jahr der Fall und nun auch 2023 wieder, berichtet State Street.
Die wichtigsten Manager der Staatsfonds schauen nach den großen Linien, nicht nach Details in den Portfolios. So rechnen einige von ihnen damit, dass die Länder in Asien die Inflation schneller in den Griff bekommen als etwa Europa, wo hohe Energiepreise und eine möglicherweise weniger entschieden handelnde Europäische Zentralbank spürbar würden.
Im vergangenen Jahr nahm der Risikoappetit der Anlageprofis laut State Street bis zum Jahresende zu und erreichte Ende November seinen Höhepunkt. Seitdem lässt die Bereitschaft zu mehr Risiko bei den Anlagen wieder nach, und einige Staatsfonds setzen mehr Absicherungsstrategien gegen mögliche Kurs- und Preisrückgänge ein.
Mehr Papiere aus Schwellenländern
Die Barbestände halten die Staatsfonds konstant, weil es für kurzfristige Einlagen wieder gute Zinsen gibt. Gleichzeitig gaben sie festverzinsliche Papiere ab und stockten Aktien über die vergangenen Jahre auf eine durchschnittliche Quote von heute rund 52 Prozent auf. Renten machen jetzt etwa 19 Prozent, Cash 18 Prozent aus.
Innerhalb der Aktienanteile kauften die Staatsfonds seit Juni 2022 netto mehr Papiere aus Schwellenländern als aus den Industrieländern. Bei den Anleihen bevorzugen sie dagegen die USA und einige Länder der Euro-Zone wie etwa Spanien, weniger attraktiv schätzen sie Bundesanleihen sowie britische und japanische Staatspapiere ein. Auf der Währungsseite präferieren sie den US- und den kanadischen Dollar.
Auf den sogenannten Private Markets – dazu gehören beispielsweise Private Equity (Unternehmensbeteiligungen) und Private Debt (Kreditfonds) – hat sich die Mittelbeschaffung laut State Street verlangsamt. Die Staatsfonds sind demnach vorsichtiger geworden und wägen vor allem ab, ob sie neuen Fonds im Markt ihr Kapital anvertrauen sollen. Ein Staatsfondsmanager meinte, nach Jahren steigender Kapitalzusagen rechneten die Geldgeber mehr mit Rückflüssen aus früheren Investments.
Eine Umfrage von Coller Capital hatte für 2023 prognostiziert, dass der Ausbau der Private-Equity-Engagements bei vielen institutionellen Investoren durch den sogenannten Denominator-Effekt gebremst wird. Wenn der Wert eines Portfolios aufgrund starker Verluste in einzelnen Anlageklassen wie etwa Aktien oder Anleihen sinkt, steigt der relative Anteil der Private-Equity-Anlagen im Wertpapierdepot. Wenn dann Obergrenzen erreicht werden, müssen die Investments in Private Equity zurückgefahren werden.
Der Vermögensverwalter Schroders glaubt aber auch, dass Rezessionen attraktive Anlagechancen für Private Assets bieten können. Man erwarte für die nächsten Quartale, dass kleine und mittlere Buy-outs – also Übernahmen durch Private-Equity-Fonds – bessere Ergebnisse als große Buy-outs liefern werden.
Dies sei teilweise auf ein günstigeres Umfeld hinsichtlich des verfügbaren Kapitals für kleinere Transaktionen zurückzuführen. Insgesamt gesehen würden die Manager der Staatsfonds und der langfristigen institutionellen Investoren vorsichtiger agieren, lautet das Fazit von State Street und dem IFSWF.
Mehr: Prominente Staatsfonds unter Stress – ein schlechtes Omen für die deutsche Aktienrente?