München Über drei Jahrzehnte haben die blauen Aufkleber mit dem Slogan „Intel Inside“ den Großteil aller PCs und Notebooks geziert. In jüngster Zeit allerdings fehlen die Sticker des weltgrößten Prozessorherstellers häufiger: In immer mehr Rechnern stecken Bauelemente der Konkurrenz, allen voran von AMD.
Ein Abwärtstrend, den Intel so schnell wie möglich stoppen muss, um die dominante Place in der Halbleiterindustrie zu behalten. Zuletzt hat Gregory Bryant, Chef der Consumer Computing Group, dem Kerngeschäft des US-Konzerns, zwei Modellreihen mit 50 völlig neu designten Prozessoren für cellular Geräte und Desktops vorgestellt. „Wir vollziehen damit den größten Wandel in unserer Architektur seit einem Jahrzehnt“, sagte der Supervisor dem Handelsblatt. Prozessoren funktionieren als Gehirn jedes Rechners und sind der größte Umsatzbringer Intels.
Es seien die schnellsten Laptop computer-Prozessoren der Welt, unterstrich Bryant. Vor allem seien sie besonders intestine dafür geeignet, viele anspruchsvolle Anwendungen parallel laufen zu lassen – wie es im Homeoffice häufig der Fall sei. Intel erreicht das durch einen technischen Kniff: Die Chips bestehen aus verschiedenen Teilen, den sogenannten Efficiency- und den Effizienz-Kernen. Auf diese Elemente wird die Arbeitslast clever verteilt. „Mit diesen Produkten sind wir führend“, beteuerte Bryant.
In der Fertigung hinkt Intel hinterher
Das ist keine Selbstverständlichkeit mehr. Bei den Fertigungsverfahren in den konzerneigenen Werken liegt der Halbleiterhersteller hinter der Konkurrenz – und bestreitet das nicht: „Wir arbeiten daran, auch mit unserer Prozesstechnologie wieder an die Spitze zu kommen“, betonte Bryant.
Prime-Jobs des Tages
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.
Intel steht unter Druck. Bei den weit verbreiteten X86er-Prozessoren fiel der Marktanteil Intels im vierten Quartal 2021 auf intestine 60 Prozent. Vor zwei Jahren lag der Anteil noch bei mehr als 80 Prozent. Der langjährige Rivale AMD erobert rasant Marktanteile und liegt jetzt bei mehr als 30 Prozent. Gerade im Gaming-Bereich gewinnen die AMD-Chips dank des Preis-Leistungs-Verhältnisses und abgestimmter Grafik-Komponenten zusehend Followers. Anders als Intel produziert der Wettbewerber nicht selbst: Die Kalifornier beziehen ihre Chips vom Auftragsfertiger TSMC in Taiwan und greifen damit auf die derzeit fortschrittlichsten Produktionsverfahren der Welt zurück.
Auch Großkunde Apple verwendet in seinen Notebooks immer öfter selbst entwickelte Prozessoren und verzichtet auf Bauteile von Intel. Zudem drängt in Qualcomm der führende Anbieter von Handychips ins Geschäft mit PCs und Notebooks. Deren Vorstandschef Cristiano Amon ist vergangenen Sommer angetreten, um neue Märkte zu erschließen, darunter Laptop und Autos.
Der seit knapp einem Jahr amtierende Intel-CEO Pat Gelsinger will aber nicht nur die schwierige Aufgabe meistern, die Spitzenposition zu verteidigen. Intel soll auch den Markt für Grafikchips erobern, die sogenannten GPUs. Das Geschäft beherrschen derzeit Nvidia und AMD mit Modellen für alle Leistungsklassen, Intel spielt keine Rolle.
Die neue GPU-Modellreihe „Arc“ würden bald große Computerbauer wie Acer, Dell und HP verwenden, so Bryant. „Der Markt giert nach Intel-GPUs“, behauptet der Supervisor. Bald seien 50 Computermodelle mit diesen Halbleitern erhältlich. Tatsächlich sind bestehende GPU-Reihen im weltweiten Chipmangel seit Monaten knapp – und überteuert.
Die Investoren sehen Intel skeptisch
Für Bryant warfare die jüngste Produktpräsentation die letzte. Nach 30 Jahren bei Intel verlässt der Supervisor den Konzern Ende des Monats. Künftig führt die bisherige Vertriebschefin Michelle Johnston Holthaus die wichtigste Sparte des Unternehmens. Der Zeitpunkt ist wohlgewählt: Mit den neuen Prozessoren endet eine vierjährige Entwicklungsphase. Jetzt gilt es vor allem, die Chips in den Markt zu drücken.
Die Investoren sind allerdings noch nicht davon überzeugt, dass Intel die Wende gelingt. Die Aktien notieren derzeit leicht unter dem Niveau von Anfang 2021. Der Kurs von AMD ist binnen Jahresfrist hingegen um mehr als 40 Prozent geklettert, die Papiere Nvidias haben ihren Wert in den vergangenen zwölf Monaten verdoppelt.
Der Relaxation der Branche warfare zuletzt deutlich dynamischer unterwegs als Intel. So kam der Weltmarktführer in den ersten neun Monaten 2021 auf ein mageres Umsatzplus von einem Prozent. Für die Gesamtbranche erwartet der Branchenverband World Semiconductor Commerce Statistics für das vergangene Jahr hingegen ein weltweites Umsatzplus von knapp 26 Prozent.
Umso spannender wird der Ausblick von Intel: Am 26. Januar wird Vorstandschef Gelsinger die jüngsten Quartalszahlen vorlegen und eine Prognose für 2022 abgeben. Alles andere als ein kräftiges Umsatzplus wäre angesichts der Produktoffensive eine herbe Enttäuschung.
Mehr: Hersteller warnen schon vor Engpässen: Wie Apple Ladegeräte mit neuem Chipmaterial an die Massen bringt