Düsseldorf Mineralwasser von Vittel wird schon bald in Deutschland und Österreich vom Markt verschwinden. Nestlé stellt das Geschäft mit der Marke in beiden Ländern noch vor dem Sommer vollständig ein, bestätigte der Konzern dem Handelsblatt. Das gilt auch für die Marke Contrex. Die „Lebensmittelzeitung“ hatte zuerst berichtet.
Grund für den Schritt sei die weltweite Fokussierung von Nestlé auf Premiumwässer und Wasser mit Zusatznutzen. In Deutschland konzentriert sich Nestlé künftig auf Geschäfte mit den Marken San Pellegrino und Acqua Panna.
Der Rückzug von Vittel kommt wenig überraschend. Im November hatte Nestlé Waters bereits die Belieferung von Lidl eingestellt. Der Discounter galt bisher als wichtigster Abnehmer von Vittel-Mineralwasser in Deutschland. Der Vertrag wurde nicht verlängert. Stattdessen ersetze Lidl Vittel durch die Konkurrenzmarke Volvic von Danone Waters. Das Wasser wird ebenfalls in PET-Einwegflaschen verkauft.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisierte diesen Schritt als Bärendienst für den Klima- und Ressourcenschutz: „Die Auslistung von Vittel hätte der Discounter für den Umstieg auf klimafreundliche Mehrwegflaschen nutzen müssen“, forderte die stellvertretende DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. Das neu gelistete Volvic-Mineralwasser werde im Vergleich zu Vittel 400 Kilometer weiter nach Deutschland transportiert. In Deutschland existierten mehr als 180 Brunnen, die ihr Wasser überwiegend in Mehrweg abfüllten und regional vertrieben.
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Kritik an Plastikflaschen und Quellennutzung
Naturschützer kritisieren das Wassergeschäft des größten Konsumgüterherstellers der Welt seit Jahrzehnten. Die Kritik wendet sich nicht nur gegen PET-Einwegflaschen aus Plastik, sondern auch gegen die zu intensive Nutzung der Quellen. Die Kritik sei aber nicht der Grund für den Rückzug, erklärte Nestlé.
Das Wasser stammt aus dem Örtchen Vittel in den französischen Vogesen. Der Grundwasserspiegel dort sinkt seit Jahren, weshalb Nestlé die Entnahmemenge des Wassers bereits herunterfuhr. Der Schweizer Konzern entnimmt rund ein Viertel des geförderten Grundwassers in Vittel. Nach heftiger Kritik waren Pläne, die Einwohner von Vittel per Pipeline mit Wasser zu versorgen, aufgegeben worden.
Der Rückzug von Vittel aus Deutschland und Österreich passt in die globale Wasserstrategie von Nestlé. Der Konzern zieht sich aus dem Massengeschäft mit Mineralwasser immer weiter zurück. Ist doch die Sparte die margenschwächste der Gruppe. Im ersten Halbjahr 2021 lag die operative Ergebnismarge bei 8,9 Prozent, im ganzen Konzern dagegen bei 17,4 Prozent. Wasser trug gerade mal fünf Prozent zum Umsatz der Schweizer bei.
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Im Jahr 2020 hatte sich Nestlé bereits von seinem Wassergeschäft in China getrennt. In Nordamerika wurden Ende März 2021 die regionalen Quellwassermarken, das Geschäft mit aufbereitetem Flaschenwasser und die Getränkelieferdienste für 4,3 Milliarden Greenback verkauft. Zeitgleich übernahm Nestlé Essentia Water, eine US-Premiummarke für funktionelle Wasserprodukte.
Der Zukauf ist Teil der neuen Strategie. „Nestlé richtet das globale Wassergeschäft neu aus und verstärkt den Fokus auf internationale Premium- und Mineralwassermarken sowie auf Produkte für eine gesunde Flüssigkeitsaufnahme“, schreiben die Schweizer. Dazu gehört auch der Einstieg ins Wassersprudlergeschäft mit Refill plus. Denn Leitungswasser wird immer populärer.
Deutsche trinken weniger Mineralwasser
Hierzulande ist der Verbrauch von Mineralwasser seit Jahren rückläufig. Der Professional-Kopf-Verbrauch sank 2020 von knapp 140 auf 132 Liter, ermittelte der Verband Deutscher Mineralbrunnen. Der Absatz sank um 5,1 Prozent auf unter zehn Milliarden Liter. Stilles Mineralwasser wie Vittel hatte 2020 ohnehin nur einen Marktanteil von 19,5 Prozent. Die Deutschen lieben es sprudelig.
Nestlé ließ seine Wassersparte hierzulande immer mehr versiegen. Bei Markenwassern battle der Konzern zur Jahrtausendwende vom Umsatz noch führend. 2020 rangierte Nestlé Waters vom Absatz nur noch auf Rang elf aller deutschen Mineralbrunnen. Dabei wurden auch Erfrischungsgetränke erfasst. Der Absatz sank um 4,6 Prozent auf 403 Millionen Liter, schätzt der Branchendienst „Getränke Information“.
„Vittel battle früher eine starke Marke“, sagt ein Brancheninsider. „Der Fehler battle, dass Vittel zu sehr auf das Massengeschäft im Low cost gesetzt hat. Dort ist der Abstand zu günstigen Preiseinstiegsmarken nur gering. Die Marke wurde austauschbar.“
Aus dem Mehrweggeschäft, das als komplizierter und margenschwächer gilt, hatte sich Nestlé Waters in Deutschland bereits vor einigen Jahren zurückgezogen. Die Blauen Quellen wie Fürst Bismarck Quelle, Rietenauer, Harzer Grauhof sowie Rhenser wurden verkauft. Größter deutscher Mineralbrunnen ist heute die Mitteldeutsche Erfrischungsgetränke GmbH, eine Tochter der Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland).
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