New York, San Francisco Der Kurzmitteilungsdienst Twitter wird bald erstmals von einer Frau geführt. Der Eigentümer und noch amtierende CEO Elon Musk bestätigte am Freitag in einer Mitteilung auf Twitter selbst, dass die Medienmanagerin Linda Yaccarino seine Nachfolgerin wird. Musk hatte am Donnerstag seinen Rücktritt als Chef des sozialen Netzwerks erklärt.
„Ich freue mich, mitteilen zu können, dass ich eine neue CEO für X/Twitter eingestellt habe. Sie wird in etwa sechs Wochen anfangen“, schrieb der Milliardär auf dem Kurznachrichtendienst. X Corp mit Sitz in Nevada ist das neue Unternehmen, das Twitter mittlerweile betreibt. Nun machte er die Personalie offiziell, nachdem bereits die US-Medien „Wall Street Journal“ und die „New York Times“ entsprechend berichtet hatten. Yaccarino leitete bisher das Werbegeschäft beim US-Medienkonzern NBC Universal.
Am Freitag teilte das Unternehmen mit, dass die Managerin NBC Universal mit sofortiger Wirkung verlässt. Ein Grund wurde zunächst nicht genannt. Vergangenen Monat führte Yaccarino noch auf der Bühne einer Veranstaltung in Miami ein Interview mit Elon Musk.
Die Medienmanagerin kennt den Twitter-Eigentümer schon länger.
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Zu NBC Universal gehören der Fernsehsender NBC und das Hollywood-Studio Universal Pictures, es ist eines der einflussreichsten Medienunternehmen der USA. Die Firma ist eine Tochtergesellschaft des Comcast-Konzerns. Im vergangenen Geschäftsjahr wies das Unternehmen einen Umsatz von rund 40 Milliarden US-Dollar aus.
Yaccarino ist nicht die erste Frau in führender Position bei einem Unternehmen, das von Elon Musk kontrolliert wird. Präsidentin von Musks Weltraumunternehmen SpaceX ist Chief Operating Officer Gwynne Shotwell. Auch bei SpaceX fungiert Musk selbst als Technologiechef, ist zusätzlich CEO des Unternehmens, sein Einfluss auf das Tagesgeschäft ist groß. Auch bei Twitter wird sich Musk auf die Rolle als Executive Chairman und Technologiechef beschränken, und sich um Produkt, Software und die Hardwaresysteme kümmern.
Yaccarino würde als neue Chefin von Twitter keine Führungserfahrung bei Technologiekonzernen mitbringen. Ihre Kernkompetenz ist der Umgang mit mächtigen Werbekunden. So spielte sie unter anderem eine zentrale Rolle beim Start des werbefinanzierten Streamingdienstes Peacock. Im Jahr 2021, dem letzten Geschäftsjahr vor dem Kauf durch Elon Musk, machte Twitter rund 90 Prozent der Umsätze mit Anzeigen.
Musk dagegen positionierte sich bislang klar gegen ein werbefinanziertes Erlösmodell. Er verschreckte gleich in den ersten Wochen zahlreiche Anzeigenkunden – die wichtigste Einnahmequelle. Musk nennt sich immer wieder einen „Absolutisten der freien Rede“ und löste unter anderem ein Beratungsgremium zur Verhinderung von Hassrede auf.
Politiker kündigten eine Überprüfung politisch extremer Nachrichten auf der Plattform an. Am vergangenen Dienstag erklärte der umstrittene rechte Moderator Tucker Carlson dann, seine Show auf Twitter weiterzuführen, nachdem er beim Fernsehsender Fox News entlassen worden war.
In einem Interview mit dem britischen TV-Sender BBC betonte Musk jedoch kürzlich, ein Großteil der Werbekunden sei mittlerweile zurückgekehrt.
Elon Musk sorgte bei Twitter für Chaos
Musk hatte Twitter nach monatelangem Hin und Her Ende Oktober 2022 für 44 Milliarden Dollar übernommen, das bisherige Führungspersonal entlassen und angekündigt, das Unternehmen tief greifend umzubauen.
Seit der Übernahme durch Musk haben rund 5000 der einst 7500 Mitarbeiter Twitter verlassen, die meisten unfreiwillig. Musk hatte erklärt, den Schwerpunkt auf die Technik Twitters zu legen. Viele seiner Entscheidungen kündigte Musk nicht vorab an, überraschte damit Nutzer und Partner von Twitter und sorgte für Chaos. Manche besonders polarisierende Entscheidungen nahm Musk nach kurzer Zeit zurück.
Der Milliardär will den Twitter-Chefposten nach eigener Aussage wieder abgeben.
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Im Dezember warnte er, Twitter sei auf dem besten Weg, einen negativen Cashflow von drei Milliarden Dollar zu verbuchen. Twitter hat während der vergangenen zehn Jahre rote Zahlen geschrieben. Musk hatte für die Übernahme einen 13-Milliarden-Dollar-Kredit aufgenommen. Allein die Kosten für die Zinsen sollen sich auf eine Milliarde Dollar im Jahr belaufen.
Elon Musk kündigt Nachfolgerin für CEO-Posten bei Twitter an
Im Dezember 2022 hatte Musk dann erklärt, die Leitung des Tagesgeschäfts der Social-Media-Plattform abzugeben. Er startete eine Umfrage auf Twitter, bei der die Mehrheit der Befragten für seinen Rücktritt als CEO stimmte. Musk twitterte daraufhin, er trete ab, sollte er jemanden finden, der „blöd genug“ sei, die Nachfolge zu übernehmen. Im Februar 2023 erklärte Musk dann, dass er den CEO-Posten wahrscheinlich gegen Ende des laufenden Jahres abgeben werde.
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Auf eine Handelsblatt-Anfrage zum Vorgang reagierte die Twitter-Pressestelle – wie von Musk eingeführt – mit einer automatisch generierten Nachricht inklusive „Kothaufen-Emoji“.
Tesla-Anleger reagieren erleichtert auf Musks Rücktritt
Musks Rolle bei den Vorgängen um die Twitter-Übernahme haben dem Ruf des Milliardärs in den vergangenen Monaten merklich geschadet. Aktionäre von Tesla beschwerten sich, dass Musk mit der Führung von Twitter abgelenkt sei und wichtige Themen bei seinem Elektroautohersteller vernachlässige.
Auch zog Musk zahlreiche Mitarbeiter von Tesla ab, etwa vom wichtigen Autopilot-Projekt, um bei Twitter auszuhelfen. Außerdem musste er Tesla-Aktien verkaufen, um die Twitter-Übernahme zu finanzieren. Im Dezember veräußerte er Papiere im Wert von 3,58 Milliarden Dollar. Seit bekannt wurde, dass Musk für den Kauf in großem Umfang Tesla-Aktien würde verkaufen müssen, ist der Kurs des E-Auto-Bauers deutlich gefallen.
Die Tesla-Aktionäre reagierten am Donnerstag denn auch erleichtert auf die Ankündigung, dass Musk die Führung bei Twitter bald abgeben will. Die Aktie stieg nach Musks Tweet und schloss mit einem Plus von 2,3 Prozent.
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Erstpublikation: 11.05.2023, 22:15 Uhr (zuletzt aktualisiert: 12.05.2023, 18:45)