Frankfurt Die Geldgeber für die deutschen Start-ups schöpfen wieder Zuversicht für die Zukunft. Das lässt sich aus dem Investorenbarometer ablesen, das gemeinsam von der Förderbank KfW und dem Branchenverband BVK sowie dem Deutsche Börse Venture Network erstellt wird. Laut der Erhebung hat sich das Geschäftsklima im Markt für Venture-Capital (VC) im ersten Quartal insgesamt um 7,6 Punkte auf einen neuen Stand von minus 34,9 Punkten verbessert.
Das Marktklima bleibt damit aber negativ. Während die aktuelle Lage weiterhin eher als schlecht eingeschätzt wird, haben sich die Geschäftserwartungen für die kommenden Monate deutlich verbessert.
„Die VC-Geschäftserwartungen haben sich deutlich aufgehellt, der Markt geht also anscheinend davon aus, dass wir das Schlimmste hinter uns haben. Ein gutes Signal für Start-ups, die frisches Kapital benötigen“, sagt Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. Negativ wirkte sich in den ersten drei Monaten der Kollaps der Silicon Valley Bank aus, die auch in Deutschland zu den Finanzierern für junge Unternehmen gehörte.
Die befürchteten massiven Verwerfungen auf den internationalen VC-Märkten blieben aus, und die SVB-Pleite wurde schnell abgehakt. Dennoch sei davon auszugehen, dass sie das deutsche VC-Geschäftsklima im Startquartal belastet habe. Ansonsten, heißt es in der Beurteilung des Investorenbarometers, habe es sich wohl stärker erholt als erwartet.
Auch die Hoffnungen darauf, dass die Zentralbanken die Zinsen senken, sind Anfang 2023 zunächst verflogen. Die hohen Inflationsraten machten neue Zinsschritte notwendig. Das hat die Stimmung der VC-Investoren bezüglich des Zinsniveaus auf den Kapitalmärkten auf ein neues Rekordtief gedrückt, der Teilindikator sank auf das neue Rekordminus von 100,5 Punkten.
Neue Fonds aufzulegen ist schwieriger geworden
Die schnelle Zinswende in den vergangenen Monaten hat eine große Unsicherheit in das Ökosystem der Finanzierer gebracht. Zwar gibt es mittlerweile konkrete Erwartungen zum Ende der Zinserhöhungen, wie die weiteren Reaktionen von Kapitalmärkten und Anlegern auf die Zinsentwicklung sein werden, ist aber nicht abzusehen.
In den vergangenen Jahren haben die institutionellen Anleger wie etwa Pensionskassen und Versicherungen viel in Venture-Capital investiert, der prozentuale Anteil an der gesamten Vermögensallokation ist mittlerweile hoch. Deshalb dürfte es zukünftig schwerer werden, neue Fonds aufzulegen. Das Fundraising-Klima bleibe entsprechend frostig, heißt es in der Erläuterung zum Investorenbarometer.
Positiv bewerten die Geldgeber die gesunkenen Firmenbewertungen, die den Einstieg in innovative Geschäftsmodelle verbilligen. Allerdings hat sich das Stimmungstief bezüglich der Wertberichtigungen in bestehenden Engagements kaum verändert gehalten. Bei Start-ups, die ihre bisher letzte Finanzierungsrunde 2022 zu den damals hohen Bewertungen hatten und jetzt eine Folgefinanzierung suchen, würde der Druck zur Wertberichtigung weiter anhalten. „Für die Investoren bieten sich im aktuellen Bewertungsumfeld attraktive Einstiegschancen“, sagt Ulrike Hinrichs, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des BVK.
Krisen bieten auch Chancen für Investoren
Das Exit-Klima hat sich nach seinem Absturz im vergangenen Jahr im ersten Quartal 2023 wieder gefangen und deutlich verbessert. Mit Blick auf sogenannte Trade-Sales – also den Verkauf von Beteiligungen an industrielle Adressen – tauen die Erwartungen etwas auf. Das Fenster für Börsengänge scheint aber nach wie vor fest verschlossen zu sein. „Sorgenkinder bleiben das Fundraising- und das Exit-Klima, die vor allem durch die Zinssituation und die Konjunktur belastet werden. Sollten hier aber Erfolgsmeldungen im Jahresverlauf folgen, dürfte die Stimmung wieder anziehen“, meint Hinrichs.
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Krisenzeiten bieten nach Ansicht von Experten auch immer besondere Chancen. Einige der besten Ergebnisse von Venture-Capital resultierten aus Investitionen in Unternehmen, die unter suboptimalen Marktbedingungen gegründet wurden, schreiben Brijesh Jeevarathnam und Morgan Holzaepfel, beide Partner bei Adams Street Partners, einem US-Investmentmanager, in ihrem aktuellen VC-Outlook.
Ihrer Ansicht nach können Krisen die Robustheit des Start-up-Ökosystems fördern. Als Beispiel führen sie den Risikokapitalgeber Benchmark an, der inmitten der vergangenen globalen Finanzkrise als früher Investor in den Fahrdienst Uber sowie Snap (Social Media) eingestiegen war. Heute seien die börsennotierten Unternehmen Milliarden wert.
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