Düsseldorf, New York Der Autovermieter Europcar plant eine Expansion auf den hart umkämpften US-Markt. Wie CEO Alain Favey dem Handelsblatt sagte, soll im ersten Halbjahr 2024 die erste Europcar-Station am Los Angeles International Airport (LAX) eröffnen. „Ende 2024 peilen wir um die zehn Standorte in Amerika an“, sagte Favey.
Schon heute ist Europcar über die Marke Fox Rent A Car an 25 Standorten in den USA mit insgesamt rund 20.000 Leihwagen – hauptsächlich an Flughäfen – aktiv. Ziel sei es, die Flottengröße auf etwa 30.000 Fahrzeuge zu erhöhen. Einen genauen Zeitraum für das Wachstumsziel nannte Favey nicht.
Der Europcar-Chef bleibt bei seinen Ankündigungen bewusst vorsichtig. Denn der Markteintritt in Amerika dürfte kompliziert werden. Zwar machen die USA etwa die Hälfte des weltweiten Autovermietungsgeschäfts aus. „Schon allein deshalb“, so Favey, „müssen wir dort präsent sein.“
Allerdings werden gut drei Viertel der Umsätze über Stationen an Flughäfen generiert – und dort sind die Lizenzen klar auf den Wettbewerb aufgeteilt und oft über Jahre an die gleiche Vermietungsgesellschaft gebunden.
Bis Europcar also neue Flughafenstandorte in substanzieller Größe für sich erschließen kann, dürften Jahre vergehen. Bis dahin ist das Unternehmen aus Frankreich auf die bisher bestehenden Fox-Standorte angewiesen. Diese sollen nach dem Willen Faveys je nach Flughafen mal das Europcar- und mal als Fox-Logo tragen. „Dort, wo besonders viele Touristen aus Europa unterwegs sind, werden wir Europcar als Marke stärker pushen“, sagt Favey. An allen anderen Standorten werde weiterhin Fox sichtbar bleiben.
„Dort, wo besonders viele Touristen aus Europa unterwegs sind, werden wir Europcar als Marke stärker pushen.“
(Foto: Claire-Lise Havet)
Fox hat derzeit nur etwa ein Prozent Marktanteil in Amerika. Die drei US-Anbieter Enterprise, Avis Budget und Hertz dominieren das Geschäft. Die Marke Enterprise betreibt etwas mehr als 4000 Stationen in den USA, Hertz kommt auf gut 2800, Avis unterhält knapp 1600 Stationen und Budget noch mal weitere 1500.
Europcar zieht es in die USA: „Herausforderer auf einem größtenteils besetzten Markt“
Angesichts dieser Zahlen sieht Michael Austin vom US-Analysehaus Guidehouse neue Wettbewerber wie Europcar auf dem US-Markt in einer ungünstigen Ausgangslage. „Sie sind Herausforderer auf einem größtenteils besetzten Markt.“ Punkten könnten sie höchstens mit niedrigen Preisen und neuwertigen Autos. Das Problem mit der geringen Abdeckung in der Fläche bleibe aber.
Deutlich wird das an einem anderen prominenten Angreifer aus Europa, der sich gerade in den USA versucht: Sixt. Die Bayern kommen laut eigenen Angaben auf rund 100 Stationen. Allerdings ist es für Geschäftsreisende und Touristen schwieriger, von Sixt-Standorten an größeren Flughäfen ins Landesinnere zu fahren und dort eine Abgabestation zu finden.
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Um dieses Problem zu umgehen, setzt Europcar auf die Verbindung zum Volkswagen-Konzern, dem der Autovermieter seit Sommer 2022 mehrheitlich gehört. Einer der Gedanken, die gerade durchgespielt werden: Der Autokonzern könnte Europcar mit seinem großen US-Händlernetz unterstützen und Autos in den Händlerfilialen zum Vermieten anbieten.
In den Händlerwerkstätten könnten die Mietfahrzeuge dann regelmäßig gewartet und nach einer Nutzungszeit von sieben oder acht Jahren als Gebrauchtwagen weitervermarktet werden – alles Geschäftsbereiche, die bei Volkswagen traditionell die Finanz- und Leasingtochter Financial Services (VWFS) koordiniert.
„Wir sind zu so einem Schritt bereit“, sagt VWFS-Chef Christian Dahlheim dem Handelsblatt. Final beschlossen ist in die Richtung für Amerika aber noch nichts.
Europcar – 9000 Mitarbeiter, drei Milliarden Euro Umsatz, gut 17 Prozent Ebitda-Marge – gehört seit dem Sommer 2022 mehrheitlich einem Konsortium rund um den Volkswagen-Konzern und soll für Europas größten Autohersteller das Geschäft mit Carsharing, Autoabos und Vermietung ankurbeln. Darüber hinaus ist das Unternehmen mit Hauptsitz in Frankreich Dreh- und Angelpunkt einer Mobilitätsapp, die der Konzern gerade in Österreichs Hauptstadt Wien getestet hat und demnächst europaweit ausrollen will.
Europcar-Chef über Verzahnung mit VW: „Großer Appetit auf Europcar-Themen“
Dennoch zählt es für Favey, der erst seit Juni im Amt ist, zu den wichtigsten Aufgaben, Europcar besser in die VW-Welt zu integrieren. Dafür ist auch die Nordamerika-Expansion von strategischer Bedeutung. So ist das Projekt im „Transformation Office“ aufgehängt, einem mit VW- und Europcar-Managern besetzten Gremium, das an sieben Ideen arbeitet, wie man beide Unternehmen besser verzahnen kann.
In Deutschland sind sich Europcar und VW bereits nähergekommen. Am Freitag gaben die Unternehmen bekannt, VWs bisheriges Pkw-Vermietungsgeschäft in ein Joint Venture auszulagern – mit Europcar als 51-prozentigem Mehrheitseigner, die übrigen 49 Prozent hält VWFS.
Über die Gesellschaft Euromobil hatte die Leasing- und Finanztochter bislang etwa 16.000 Pkws der VW-Marken zur Vermietung angeboten. Diese Autos gehen nun in die Flotte von Europcar über. Damit kann Europacar mit den Händlern des VW-Konzerns besser zusammenarbeiten – ähnlich, wie es in den USA geplant ist.
Mit der Joint-Venture-Konstruktion lösen Volkswagen und Europcar aber vor allem ein ganz praktisches Problem. So galt VWFS mit seiner kleinen Vermietflotte formal als Konkurrent von Europcar, was Kooperationen rein kartellrechtlich schwierig machte. Nun ist der Weg für eine stärkere Zusammenarbeit frei.
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