Die Aktie des Börsenbetreibers hat seit ihrem Jahreshoch am 25. April rund zwölf Prozent verloren.
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Frankfurt Die Deutsche Börse treibt den größten Zukauf ihrer Geschichte voran. Nach der Genehmigung durch die dänische Finanzaufsicht veröffentlichte der Dax-Konzern am Donnerstag ein freiwilliges Übernahmeangebot für die Softwarefirma Simcorp. Die Angebotsfrist laufe bis zum 13. Juli um 23.59 Uhr, könne bei Bedarf aber nochmals verlängert werden, teilte das Unternehmen mit.
Die Deutsche Börse bietet 735 dänische Kronen je Aktie. Das entspricht einem Aufschlag von 39 Prozent auf den Simcorp-Schlusskurs vor Bekanntwerden der Übernahmeofferte. Insgesamt wird die in Kopenhagen ansässige Firma bei dem Deal mit 3,9 Milliarden Euro bewertet.
Die Übernahme kommt nur zustande, wenn mehr als 50 Prozent der Simcorp-Aktionäre das Angebot annehmen und alle Behörden den Kauf genehmigen. Mit der Übernahme würde die Deutsche Börse unabhängiger vom Auf und Ab an den Märkten werden. Der Anteil des Daten-, Analytik- und Softwaregeschäfts an den Gesamterlösen würde von 15 auf 24 Prozent steigen.
Simcorp bietet Investment-Management-Software für große Investoren wie Asset-Manager, Pensionsfonds und Zentralbanken an. Die Deutsche Börse würde durch die Übernahme also ihr Geschäft mit der sogenannten „Buy-Side“ stärken.
„Wir sind dann auch im Maschinenraum der Anleger tätig, decken das gesamte Investment-Management ab“, sagte Vorstandschef Theodor Weimer bei der Hauptversammlung Mitte Mai.
Investor Deka: „Ob sich das auszahlt, bleibt abzuwarten.“
Viele Investoren und Analysten sind von dem Deal bisher jedoch noch nicht überzeugt – vor allem aufgrund des hohen Kaufpreises. Deutschlands größter Börsenbetreiber habe für die Übernahme „tief in die Tasche greifen müssen und eine hohe Bewertung in Kauf genommen“, sagte Andreas Thomae von Deka Investment auf der Hauptversammlung. „Ob sich das auszahlt, bleibt abzuwarten.“
Am Tag der Bekanntgabe der Simcorp-Übernahme am 27. April brachen die Aktien der Deutschen Börse um 7,7 Prozent ein. Vier Wochen später notieren sie bei 163,70 Euro und damit immer noch rund zwölf Prozent unter dem Jahreshoch von 186,30 Euro am 25. April.
Die Analysten von Morgan Stanley führen die negative Kursentwicklung vor allem auf drei Gründe zurück: Die Deutsche Börse bezahle einen satten Aufschlag von 30 Prozent auf die durchschnittliche Bewertung von europäischen Softwarefirmen.
Simcorps Umsätze seien in der Vergangenheit weniger stark gewachsen als die der Deutschen Börse. Und Simcorps operative Gewinnmarge (Ebitda-Marge) liege mit rund 25 Prozent deutlich unter der der Deutschen Börse von 60 Prozent und auch unter der durchschnittlichen Marge im Daten- und Analytiksegment von 40 Prozent.
Die Analysten von Barclays erwarten deshalb, dass die Ebitda-Marge der Deutschen Börse durch die Akquisition sinken wird. Zudem werde der Gewinnbeitrag von Simcorp in den kommenden Jahren überschaubar bleiben. Angesichts des hohen Übernahmepreises sei der Deal somit insgesamt „wenig inspirierend“.
Kann die Börse mit Bloomberg und MSCI mithalten?
Ian White von Autonomous Research moniert, die Börse verbrauche mit dem Simcorp-Kauf für absehbare Zeit ihre Ressourcen für größere Übernahmen. Einige Analysten hätten beispielsweise eine milliardenschwere Übernahme der Fondsplattform Allfunds sinnvoller gefunden. Und einigen Investoren wäre vermutlich ein Aktienrückkauf lieber gewesen.
Hinzu kommt, dass manche Experten grundsätzliche Zweifel haben, ob die Deutsche Börse im Daten- und Analytikgeschäft mit Branchenriesen wie MSCI oder Bloomberg mithalten kann. Es sei unklar, wie sich das hessische Unternehmen mit seinen Angeboten von anderen großen Finanzdatenkonzernen absetzen wolle, findet Autonomous-Analyst White.
Börsenchef Weimer will sich trotz solcher Reaktionen nicht von seinem Weg abbringen lassen. Dass der eigene Aktienkurs bei einer so großen Transaktion erst mal etwas zurückgehe, sei nicht ungewöhnlich, sagt er. „Wir sind absolut überzeugt davon, dass wir das Richtige tun.“
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