Frankfurt Zentral und kostspielig in Frankfurt oder idyllisch und günstiger im Umland der Mainmetropole leben? Vor allem viele junge Familien entscheiden sich bei dieser Frage inzwischen häufig für den Vorort.
Die Einführung des Deutschlandtickets, das die Kosten für das Pendeln zur Arbeit begrenzt, sowie teils sinkende Immobilienpreise haben nicht nur die Situation in den Metropolen, sondern auch im Umland verändert. Dabei variieren die Preise je nach Vorort deutlich.
Wo lohnt jetzt der Blick? Welche Gemeinden sind vergleichsweise günstig bewertet? Und worauf sollten Käufer achten? Anhand von exklusiven Daten des Maklers von Poll Immobilien sowie des Wirtschaftsinstituts HWWI im Auftrag der Postbank zeichnet das Handelsblatt nach, welche Orte aktuell rund um Frankfurt am Main für Käufer und Pendler besonders attraktiv sind.
Die Trendwende am Immobilienmarkt zeigt sich nach den vorliegenden Daten auch im Umland der Bankenstadt. Nicht nur in der Großstadt selbst sind die Angebotspreise ins Rutschen gekommen – auch im Speckgürtel haben die Quadratmeterpreise für eine Eigentumswohnung im Schnitt deutlich nachgegeben.
Die Attraktivität des Umlands von Frankfurt gerade für Pendler weist starke Unterschiede auf. „Landkreise im weiteren Umland von Frankfurt haben stärkere Preisrückgänge zu verzeichnen als das nähere Umland mit guter Lage, guter Infrastruktur und guten Verkehrsanbindungen“, sagt Daniel Ritter, geschäftsführender Gesellschafter des Maklers von Poll Immobilien. Denn die meisten Pendler wollen nicht lange Zeit im Auto oder in der Bahn verbringen.
Vordertaunus ist erste Wahl bei Immobilienkäufern
So bleibt der nahe gelegene Vordertaunus für zahlungskräftige Kunden die erste Wahl. „Bad Homburg, Kronberg, Bad Soden und Königstein sind gerade für eine zahlungskräftige Klientel sehr attraktiv“, sagt David Schmitt, Geschäftsführer des Maklers Engel & Völkers für Frankfurt und den Gesamttaunus. Die Taunusgemeinden im Nordwesten Frankfurts zählten jedoch traditionell auch zu den teuersten im Umland, beim Hauskauf kämen Interessenten schnell auf mindestens 10.000 Euro pro Quadratmeter.
Die Taunusgemeinden im Nordwesten Frankfurts zählen traditionell zu den teuersten im Umland.
(Foto: IMAGO/Volker Preußer)
„Die wertstabilsten Lagen sind nach wie vor die A-Lagen“, sagt Stefan Koch, Geschäftsstellenleiter bei von Poll Immobilien. „Dazu zählen bei uns die Villengebiete sowie ruhige Citylagen in Bad Homburg, Oberursel und Friedrichsdorf.“ Es gehe im Umland aber auch eine Nummer kleiner, wenn man sich in anderen Gebieten umschaut, betont Schmitt.
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Vor allem im Süden von Frankfurt sehen die Experten noch Gemeinden, die vergleichsweise günstig bewertet sind und gerade für Pendler einen Blick wert seien. „Im Süden von Frankfurt sind vor allem Orte wie Dietzenbach, Dreieich oder Dreieichenhain für Käufer interessant“, sagt Schmitt.
Zu den attraktivsten und damit auch wertstabilsten Lagen zählten auch die besten Lagen von Dreieich, Neu-Isenburg, Dietzenbach und Langen, heißt es bei Claudia Breforth und Sabrina Trippel, Geschäftsstellenleiterinnen bei von Poll Immobilien in dieser Region. Vergleichsweise preiswert sei es in Egelsbach, Offenbach oder Wöllstadt, sagt Arnaud Ahlborn, Geschäftsführer des Wohnungsunternehmens Industria.
Doch welche Orte sind für Pendler wirtschaftlich besonders interessant? Wer regelmäßig für den Job in die Großstadt pendelt, weiß, dass die Fahrtkosten auf Dauer ins Geld gehen und mitunter auf längere Sicht die Einsparung beim Kauf wieder aufzehren. Welche Standorte in der Region Frankfurt dabei die beste Relation bieten, hat das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) für die Postbank jetzt in einer Studie erneut untersucht.
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Anhand von Modellrechnungen zeigt die Erhebung, die dem Handelsblatt vorab vorliegt, wie lange es braucht, bis der Kostenvorteil des günstigeren Immobilienerwerbs im Umland durch Fahrtkosten und -zeit aufgebraucht ist, wenn die neue Wohnung verkehrsgünstig liegt und damit 20 Prozent über dem kreisweiten Durchschnitt liegt. Insgesamt wurden dafür 35 Städte und Gemeinden im Umland Frankfurts betrachtet.
Pendler haben Preisvorteile in den Vororten
Verglichen wurde jeweils der Kauf einer durchschnittlich teuren 70-Quadratmeter-Wohnung in Frankfurt mit dem Erwerb in den angrenzenden Landkreisen zum regionalen Durchschnittspreis. Der Kaufpreisvorteil wurde mit den jährlichen Pendelkosten verrechnet. Dabei haben die Experten neben den Kosten für das Ticket im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder für das Auto samt Benzin auch den höheren Zeitaufwand einbezogen.
In Dreieich bleibt der Immobilienkauf nach 40 Jahren täglichen Pendelns laut der Modellrechnung noch günstiger als im Frankfurter Stadtgebiet.
(Foto:𧋴px/Getty Images)
Das Ergebnis: In sieben Orten können Pendler beim werktäglichen Pendeln mit dem öffentlichen Nahverkehr mehr als vier Dekaden günstiger leben als in Frankfurt. An der Spitze steht dabei Langen, wo ein Käufer einer 70-Quadratmeter-Wohnung bei Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs rund 71,3 Jahre von den günstigeren Preisen profitiert.
Daneben ist vor allem die kreisfreie Stadt Offenbach am Main einen Blick wert: Mit dem ÖPNV dauert die Fahrt vom Bahnhof der Umlandstadt bis zum Hauptbahnhof in Frankfurt nur elf Minuten – und der Preisvorteil ist erst nach 63,9 Jahren aufgebraucht.
Auch in Dreieich und Neu-Isenburg, Bad Vilbel sowie Hanau und Maintal im Main-Kinzig-Kreis bleibt der Immobilienkauf nach 40 Jahren täglichen Pendelns laut der Modellrechnung noch günstiger als im Frankfurter Stadtgebiet. Insgesamt haben Pendler, die täglich mit Bus und Bahn fahren der Untersuchung zufolge den Kaufpreisvorteil in 15 Umlandstädten auch nach 25 Jahren noch nicht aufgebraucht.
Täglich pendelnde Autofahrer verfahren ihren Preisvorteil dagegen deutlich schneller. Sie bleiben im gesamten Frankfurter Umland nur in den fünf Orten Offenbach, Dreieich, Bad Vilbel, Maintal und Neu-Isenburg über der 25-Jahre-Marke. „Wer sich für den Immobilienkauf im Umland interessiert, sollte neben den günstigen Quadratmeterpreisen auch die Fahrtkosten und den Zeitaufwand einplanen“, rät Daniela Bellinghausen, Regionalbereichsleiterin und Mitglied der regionalen Geschäftsleitung Süd-West der zur Deutschen Bank zählenden Postbank Immobilien.
Autofahrer sollten im nahen Umfeld suchen
Wer sich für das Pendeln die Wahl der Verkehrsmittel offenhalten wolle, sollte eher den Blick auf nahe gelegene Orte wie Offenbach am Main, Neu-Isenburg und Eschborn lenken, denn dort seien die Unterschiede zwischen ÖPNV und Auto verhältnismäßig gering.
Nicht jeder sei außerdem für das Pendeln gemacht, warnt der Engel-&-Völkers-Manager Schmitt. „Wer aufs Land zieht, sollte sich das also gut überlegen.“ Preislich ist der Unterschied für Käufer zwischen Umland und Frankfurt indes weiter groß. Nach Berechnungen des HWWI müssen Käufer in der Mainmetropole durchschnittlich mindestens 2000 Euro pro Quadratmeter mehr ausgeben als in den meisten umliegenden Städten und Gemeinden.
„Grundsätzlich müssen Interessenten allerdings ins Kalkül ziehen, dass die Preise im Umland zumeist volatiler sind als in Frankfurt oder anderen Großstädten“, warnt Schmitt jedoch. Das sollten Käufer im Hinterkopf haben, auch wenn niemand beim Kauf gleich an eine Veräußerung in späteren Jahren denke. Seine Mahnung: „Die Preise im Speckgürtel sind zwar oftmals moderater, doch die preislichen Risiken im Umland sind meist etwas höher als in den Metropolen.“
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