Die Trennung von US-Skandalrapper Kanye West und der gemeinsamen Marke „Yeezy“ kostet den Sportartikelkonzern viel Umsatz und Gewinn.
(Foto: Reuters)
München Der kriselnde Adidas-Konzern kommt auch unter neuer Führung noch nicht in Schwung. Im ersten Quartal stagnierten die Erlöse bei 5,3 Milliarden Euro, wie Adidas am Freitag berichtete. Damit entwickelte sich die weltweite Nummer zwei erneut schlechter als die wichtigsten Konkurrenten. Unter dem Strich fiel ein kleiner Verlust an.
Zumindest übertraf Adidas die niedrigen Erwartungen von Analysten. Auch der neue CEO Björn Gulden sieht Fortschritte. Wenn man die Umsätze mit der Marke „Yeezy“ aus der gestoppten Kooperation mit dem US-Skandalrapper Kanye West herausrechne, seien die Erlöse um neun Prozent gestiegen.
Das Quartal sei daher „besser als erwartet“ ausgefallen, sagt der Norweger. „Adidas hat alles, was notwendig ist, um die beste Sportartikelmarke der Welt zu sein, stark zu wachsen und ein gutes, profitables Unternehmen zu sein.“
Gulden hatte zum Jahreswechsel die Führung des weltweit zweitgrößten Sportartikelkonzerns übernommen. Zuvor hatte er den in den vergangenen Jahren erfolgreicheren Konkurrenten Puma geführt. Vorgänger Kasper Rorsted musste im vergangenen Herbst angesichts der Krise vorzeitig gehen.
Union Investment und die Deka wollen in der kommenden Woche gegen die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat stimmen. „Die katastrophale operative Entwicklung und das viel zu späte Eingreifen haben nicht nur Vertrauen am Kapitalmarkt zerstört, sondern auch Aktionärskapital vernichtet“, sagte Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei Deka Investment.
Man blicke auf eine „desaströse Amtszeit“ Rorsteds zurück. „Die Investoren stehen vor einem Trümmerhaufen, der sich nicht so schnell aufräumen lässt.“ Die Verpflichtung Guldens begrüße man. „Er muss Adidas nun zügig zu profitablem Wachstum zurückbringen, die drei Streifen wieder aufpolieren und die Marke bei den Kunden ins rechte Licht rücken.“
Puma und Nike wuchsen zuletzt prozentual zweistellig
Gulden hat bereits mit dem Umbau begonnen. „Ich habe Q1 damit verbracht, an unserer Produktpalette zu arbeiten“, sagte der Norweger. Zudem habe er an Brainstormings für künftige Innovationen mitgewirkt und mit sehr vielen Einzelhändlern über die Verbesserung der Zusammenarbeit gesprochen. Auch habe er mit Zulieferern die Strategie erörtert und viele Athletinnen und Athleten empfangen. Außerdem würden die Prozesse vereinfacht.
Es wird aber noch dauern, bis sich die Maßnahmen deutlicher auch in den Zahlen niederschlagen. So entwickelte sich die Konkurrenz auch in den vergangenen Monaten besser. Guldens Ex-Firma Puma steigerte die Umsätze im ersten Quartal um 14 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro. Weltmarktführer Nike wuchs in seinem dritten Geschäftsquartal 2022/23 – im Zeitraum von Dezember bis Februar – währungsbereinigt um 19 Prozent auf 12,4 Milliarden Dollar.
Auch die Profitabilität von Adidas ist weiter schwach. Das Betriebsergebnis brach von 437 auf 60 Millionen Euro ein. Unter dem Strich stand ein Verlust von 30 Millionen Euro nach einem Gewinn von 490 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum.
In China verlangsamen sich die Umsatzrückgänge
Die Krise von Adidas hat eine ganze Reihe von Ursachen. In China litt der Konzern unter einem Boykott westlicher Marken und bot zu wenige, speziell auf den chinesischen Markt angepasste Produkte an. Im vergangenen Quartal sanken die China-Erlöse nochmals um neun Prozent. Puma hatte in China erstmals wieder zulegen können.
Mit der Marke „Yeezy“ hatte Adidas in Kooperation mit Kanye West in guten Zeiten wiederum Umsätze von weit mehr als einer Milliarde Euro erzielt. Diese Erlöse fehlen nun. Auch zur Vorlage der Quartalszahlen konnte Gulden noch keine Lösung für die „Yeezy“-Produkte präsentieren, die Adidas noch in den Lagern hat. Investoren beklagten zudem ein Innovationsdefizit bei Adidas.
Hinzu kommen Probleme in Nordamerika. „Die schwierigste Herausforderung ist die Geschäftslage in den USA“, sagt ein Adidas-Manager. Der Rabattdruck ist hier groß, auch Puma hatte einen deutlichen Umsatzrückgang im ersten Quartal verbuchen müssen. Bei Adidas kommen noch die fehlenden „Yeezy“-Umsätze hinzu. Die Marke war in den USA besonders begehrt. Insgesamt sanken die Adidas-Erlöse in China im ersten Quartal um 20 Prozent.
Entsprechend vorsichtig ist Gulden für das Gesamtjahr. Für 2023 rechnet er auch wegen der hohen Lagerbestände weiterhin mit einem Umsatzrückgang im hohen einstelligen Prozentbereich, beim Betriebsergebnis ist ein Verlust von bis zu 700 Millionen Euro möglich. „2023 wird ein holpriges Jahr mit enttäuschenden Zahlen, in dem es nicht unser Ziel ist, unsere kurzfristigen Finanzergebnisse zu maximieren“, sagte Gulden.
Investoren glauben an eine Wende unter der Führung des Norwegers, warnen aber vor neuen Fehlern. „Negative Schlagzeilen kann sich das Unternehmen nicht mehr leisten“, sagte Thomas Jökel von Union Investment.
Mehr: Puma wächst nach Chefwechsel prozentual zweistellig