Er hat zu wenig zu fressen und keinen Raum zum Leben: Die Bestände des Atlantischen Lachses gehen stark zurück. Ähnlich ergeht es Tausenden weiteren Arten.
Der Atlantische Lachs ist auf der neuen Roten Liste der bedrohten Arten global nun als „potenziell gefährdet“ eingestuft. Die weltweite Population sei zwischen 2006 und 2020 um 23 Prozent geschrumpft, berichtete die Weltnaturschutzunion (IUCN) am Montag. In Bezug auf Europa galt die Delikatesse auf der Roten Liste bereits als „gefährdet“. Die IUCN veröffentlichte ihre neueste Version der Roten Liste der bedrohten Arten am Montag auf der Weltklimakonferenz in Dubai. Insgesamt seien 25 Prozent der rund 15.000 untersuchten Süßwasserfischarten bedroht.
„Potenziell gefährdet“ ist Stufe zwei der siebenstufigen Skala, die die IUCN verwendet. Sie reicht von „nicht gefährdet“ über „potenziell gefährdet“, „gefährdet“, „stark gefährdet“, „vom Aussterben bedroht“, „in der Natur ausgestorben“ bis „nach dem Jahr 1500 ausgestorben“. In zwei weiteren Kategorien sind die Arten, die noch nicht untersucht wurden oder für die nicht genügend Daten vorhanden sind. Die Rote Liste gibt es seit 1964. Sie umfasst inzwischen fast 160.000 Tier- und Pflanzenarten, von denen 44.000 bedroht sind.
„Wir rasen praktisch ungebremst auf das sechste Massenaussterben der Geschichte zu“, sagte Arnulf Köhncke, Leiter Artenschutz bei der Umweltschutzorganisation WWF Deutschland. Lebensraumzerstörung, Umweltverschmutzung und Überfischung seien einige Treiber für den Verlust der Artenvielfalt, die Folgen des Klimawandels wirkten wie ein Brandbeschleuniger. Mit Schutzmaßnahmen sei eine Kehrtwende aber noch möglich.
Ungeziefer und invasive Arten bedrohen Bestände
Der Atlantische Lachs, der in Flüssen geboren wird und dann ins Meer wandert, sei vielfältig bedroht: Für die Jungfische gehe die Beute zurück, während sich invasive Arten, die für die Jungtiere gefährlich sind, ausbreiteten. Dämme für Wasserkraftwerke erschwerten den Weg der Speisefische zu den Laichgründe an den Oberläufen der Flüsse. Wilde Lachse seien auch bedroht durch Lachsläuse, die oft in Lachszuchten vorkommen. Zudem mache der aus dem Pazifik stammende Buckellachs dem Atlantischen Lachs den Lebensraum streitig. Er breite sich in Nordeuropa aus.
Von allen 15.000 analysierten Süßwasserfischarten seien 17 Prozent direkt durch den Klimawandel gefährdet, berichtete die IUCN. Der Ausdruck „gefährdet“ umfasst in diesem Zusammenhang Stufe 3 bis 5. Dabei gehe es etwa um Wassermangel in manchen Flüssen, den Meeresspiegelanstieg, der Salzwasser in Flussmündungen drückt, und Verschiebungen der Jahreszeiten. Insgesamt 57 Prozent der Süßwasserfische seien durch Umweltverschmutzung gefährdet, 45 Prozent durch Dammbau und Wasserentnahme, 33 Prozent durch invasive Arten und Krankheiten und 25 Prozent durch Überfischung. Bei einigen Arten gibt es mehrere Gründe zugleich.
Die IUCN vermeldete auch seltene Erfolge: Die Ende der 1990er Jahre in der Wildnis ausgestorbene Säbelantilope der Sahara wurde im Tschad erfolgreich wieder angesiedelt. Die Art gilt nun als „stark gefährdet“ – Stufe 4. Eine andere Antilopenart, die Saiga, die vor allem in Kasachstan vorkommt, ist nicht mehr „vom Aussterben bedroht“ (Stufe 5), sondern nur noch „potenziell gefährdet“ (Stufe 2). Die IUCN ist ein Dachverband von staatlichen und nichtstaatlichen Naturschutzorganisationen.