Der Täter ist auch Tage nach dem tödlichen Messerangriff nicht vernehmungsfähig. Die Behörden suchen nach dem Motiv des Afghanen. Unterdessen mehren sich Forderungen nach strikteren Abschiebungen.
Die tödliche Messerattacke von Mannheim war den Behörden zufolge mutmaßlich islamistisch motiviert. Es verdichteten sich die Erkenntnisse, dass es sich um eine islamistisch-extremistisch motivierte Straftat handle, sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) in Stuttgart.
Es gebe zudem keine Hinweise, dass es sich bei dem mutmaßlichen Täter um eine Person handle, die einer größeren Gruppe angehöre. Es könne sich um einen islamistisch radikalisierten Einzeltäter handeln. Die Bundesanwaltschaft hat inzwischen die Ermittlungen übernommen. Unterdessen mehren sich Forderungen nach strikteren Abschiebungen ausländischer Straftäter.
Ein 25-jähriger Afghane hatte fünf Teilnehmer einer Kundgebung der islamkritischen Bewegung Pax Europa sowie einen Polizisten mit einem Messer verletzt. Der 29 Jahre alte Beamte Rouven Laur erlag später seinen Verletzungen. Ein anderer Beamter schoss den Angreifer nieder, nach Angaben vom Dienstag war der Mann bislang nicht vernehmungsfähig.
Angreifer kam als Teenager nach Deutschland
Innenminister Strobl sagte, dass gerade islamistisch radikalisierte Einzeltäter besonders gefährlich seien, da Einzeltäter nicht in Gruppen kommunizierten und schlecht zu überwachen seien. Der 25-Jährige war zuvor nicht polizeilich bekannt gewesen.
Der Angreifer kam nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur 2013 als Teenager nach Deutschland und stellte einen Asylantrag. Der Antrag wurde 2014 abgelehnt. Es wurde allerdings ein Abschiebeverbot verhängt, vermutlich wegen des jugendlichen Alters. Im hessischen Heppenheim wohnte der Täter zuletzt mit seiner Ehefrau und zwei Kleinkindern.
Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hatte mitgeteilt, die Ermittlungen zu übernehmen. Die oberste deutsche Anklagebehörde begründete dies mit der „besonderen Bedeutung des Falls“. „Wir gehen von einer religiösen Motivation der Tat aus“, sagte eine Sprecherin. Man gehe davon aus, dass der Mann islamkritischen Menschen ihr Recht auf freie Meinungsäußerung absprechen wollte.
Faeser warnt vor Generalverdacht gegen Muslime
Bundesinnenministerin Nancy Faeser warnte vor einem Generalverdacht gegen Muslime und versprach gleichzeitig ein hartes Durchgreifen gegen Extremisten. „Wir lassen uns von Extremisten und Terroristen nicht spalten“, sagte die SPD-Politikerin in Berlin.
„Wir unterscheiden zwischen Muslimen, die zu uns gehören, und Islamisten, die wir mit aller Härte bekämpfen.“ Es sei gut, dass der Generalbundesanwalt die Ermittlungen in dem Fall „aufgrund klarer Hinweise für ein islamistisches Motiv“ übernommen habe. Die Sicherheitsbehörden hätten die islamistische Szene fest im Blick, „und wir verstärken diesen Kampf weiter“, sagte die Ministerin. Auch wer solche Taten im Internet verherrliche, müsse mit Strafverfolgung rechnen.
Faeser verwies allerdings darauf, dass der vor der Tat nicht polizeibekannte Afghane nicht vollziehbar ausreisepflichtig gewesen sei, sondern mit einer Aufenthaltserlaubnis in Deutschland lebte. Wie die „Bild“-Zeitung berichtete, soll seine Frau Deutsche sein. Dies bestätigte das LKA auf Nachfrage zunächst nicht.
Forderungen nach strikteren Abschiebungen häufen sich
Nach der tödlichen Messerattacke mehren sich indes Forderungen nach strikteren Abschiebungen ausländischer Straftäter. Mehrere unionsregierte Bundesländer unterstützten den Vorschlag des Hamburger Innensenators Andy Grote (SPD), schwerkriminelle Ausländer künftig auch nach Afghanistan und Syrien abzuschieben. Auch FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte der „Bild“: „Personen, die hier islamistisch auffällig werden, sollten auch in Länder abgeschoben werden, in denen das bisher nicht möglich war, wie beispielsweise Afghanistan.“
Die Spitze der Unionsfraktion begrüßte die Vorstöße aus SPD und FDP. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Abgeordneten, Thorsten Frei (CDU), und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warfen der Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP aber zugleich Untätigkeit in dieser Frage vor. Dobrindt sagte, der Täter von Mannheim müsse seine Strafe in Deutschland verbüßen.
Auch Baden-Württembergs Innenminister Strobl pocht auf konsequentere Abschiebungen ausländischer Straftäter. Auch in Afghanistan gebe es sichere Gebiete, in die man Leute bringen könne, sagte der CDU-Politiker.
AfD will Schweigeminute und „Migrationswende“
Die AfD-Bundestagsfraktion beantragte nach Angaben ihres Ersten Parlamentarischen Geschäftsführers Bernd Baumann eine Schweigeminute im Bundestag für den getöteten Polizisten. Außerdem fordert die Partei nach dem Messerangriff eine „Migrationswende“ in Deutschland.
„Der mörderische Messeranschlag von Mannheim ist ein Fanal“, sagte Weidel vor einer Sitzung der AfD-Bundestagsfraktion in Berlin. Die kriminelle Schuld treffe den Attentäter, die politische Schuld diejenigen, die „über Jahre und Jahrzehnte eine Politik der offenen Grenzen und der willkürlichen Masseneinwanderung“ betrieben hätten.
Chrupalla forderte Abschiebungen auch nach Afghanistan, die aber nicht nur auf Straftäter beschränkt sein dürften, wie es derzeit diskutiert wird. „Ziel muss es auch sein, auch andere Zuwanderer und vor allen Dingen auch Ortskräfte zurückzuführen“, sagte er. Dazu müsse die Bundesregierung diplomatische Beziehungen mit Afghanistan aufnehmen.
Die Mannheimer Polizeivizepräsidentin Ulrike Schäfer zeigte sich tief betroffen über den Tod des Polizisten Rouven Laur. Gleichzeitig kritisierte Schäfer den Hass und die Hetze in den sozialen Netzen, die in den vergangenen Tagen auf die brutale Tat gefolgt waren. Diejenigen, die mit Laur zusammengearbeitet hatten und bei dem verhängnisvollen Einsatz dabei waren, würden derzeit psychologisch betreut.