Die Rechtslage ist eindeutig: Die deutschen Sparkassen haben jahrelang zu wenig Zinsen aus lang laufenden Prämiensparverträgen gezahlt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das in drei Fällen entschieden, erstmals im Oktober. Die Urteile sind wegweisend. Denn Prämiensparverträge hatten sehr viele der 367 Sparkassen im Angebot.
Konkret geht es darum, dass die Sparkassen laut BGH die variablen Zinsen in den Sparverträgen falsch berechnet haben, woraus sich Nachzahlungen ergeben. Nicht nur das: Auch die Finanzaufsicht Bafin sieht das so und fordert die Geldhäuser auf zu reagieren.
Und was tun die Sparkassen? Nichts. Sie setzen auf das Nichtwissen der Kundinnen und Kunden. Bisher klagt nur ein Bruchteil individuell oder per Musterfeststellungsklage darauf, Nachzahlungen zu erhalten.
Betriebswirtschaftlich ist das Vorgehen der Sparkassen sinnvoll. Es geht um viel Geld, denn es dürfte mehr als eine Million solcher Sparverträge geben. Im Schnitt errechneten Verbraucherzentralen Nachzahlungen in Höhe von 3000 bis 4600 Euro je Sparer.
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Das Abwarten der Sparkassen dürfte aber auch daran liegen, dass der BGH die konkrete Zinsberechnung wieder an die Vorinstanz verwiesen hat. So soll das Oberlandesgericht Dresden mithilfe von Sachverständigen ermitteln, welcher Zins genau angemessen ist.
Intestine möglich, dass das Gutachten letztlich geringere Nachzahlungen ergibt, als Verbraucherschützer errechnet haben. Oder dass der Rechtsstreit dann erneut vor dem BGH landet.
Marktüblich heißt noch lange nicht richtig
Doch das Verhalten der Sparkassen ist dreist – wie auch ein Teil ihrer Argumentation. Sie erklären unter anderem, ihre Berechnungsmethode mit einem absoluten Zinsabstand sei marktüblich und besser verständlich für Verbraucher.
Ersteres magazine so sein – aber auch nur, weil viele Geldhäuser die Zinsen falsch berechnen. Diese Begründung wird immer schwieriger, je mehr Musterverfahren Verbraucherschützer gewinnen. Die zweite Erklärung ist jedoch herablassend gegenüber den Kunden.
Zudem wirkt es so, als ob die Sparkassen auf Zeit spielen und somit darauf, dass immer weniger Kunden überhaupt Ansprüche stellen können. Die öffentlich-rechtlichen Geldhäuser haben bereits weit über 100.000 Prämiensparverträge gekündigt. Prämiensparverträge, vielfach in den 90er-Jahren abgeschlossen, sind angesichts von Negativzinsen für Kunden attraktiv, für die Sparkassen werden sie zum Verlustgeschäft.
Die Ansprüche auf Zinsnachzahlungen verjähren nach drei Jahren. Zudem sind viele der betroffenen Sparer schon alt.
Obendrein ist das Verhalten der Sparkassen riskant. Denn es könnte sein, dass die Bafin die Geldhäuser letztlich zu Nachzahlungen verdonnert. Und das würde womöglich viel teurer für die Sparkassen, als frühzeitige eigene Nachzahlungsangebote zu machen.
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