Frankfurt Die deutschen Sparkassen schließen sich dem Kryptoboom an. Sie erwägen, ihren Kunden den Handel mit Kryptowährungen zu ermöglichen. „Das Interesse an Krypto-Property ist enorm, das sieht auch die Sparkassen-Finanzgruppe“, teilte der Deutsche Giro- und Sparkassenverband (DSGV) auf Anfrage mit.
Bei der S-Cost, einer Sparkassentochter, werde „in einem Projekt geprüft, welche Möglichkeiten und Risiken eine Pockets bietet, in der Kunden von Sparkassen Krypto-Property sicher verwahren können“. Die Tochter, die den regionalen Sparkassenverbänden sowie den Landesbanken gehört, ist aktuell für einen Teil der Zahlungsgeschäfte der Sparkassen zuständig.
Zuerst hatten die Branchen-E-newsletter „Finanz-Szene“ und „Finance Ahead“ gemeinsam über die Überlegungen der Sparkassen berichtet. Demnach sollen Kunden digitale Währungen direkt über das Girokonto ansteuern können, sodass sie keine Kryptobörse – wie beispielsweise Coinbase – und keinen anderen speziellen Anbieter von Digitalwährungen nutzen müssen.
Die Sparkassen sind Marktführer im Geschäft mit privaten Kunden und führen mehr als 35 Millionen non-public Girokonten, allerdings greifen nicht alle Kunden auf Onlinebanking oder Smartphone-App zu. Den Sparkassen dürfte wichtig sein, beim Thema Krypto-Anlagen selbst ein Angebot zu machen. Vom aktuellen Aktienboom profitieren besonders die Neo- und Digitalbroker. Hier werden die meisten neuen Wertpapierdepots eröffnet.
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Bis die 370 Sparkassen ein entsprechendes Produkt womöglich anbieten, dürften noch einige Monate vergehen. „Das Projektteam bereitet Entscheidungen in den Gremien der Sparkassen-Finanzgruppe im ersten Halbjahr 2022 vor“, erklärte der DSGV weiter. Der Lobbyverband selbst sieht das Projekt skeptisch, wie er betonte.
Anlage mit hohen Risiken
Einige wichtige Punkte müssen die Sparkassen noch klären. So ist bislang nicht bekannt, welche Voraussetzungen Kunden erfüllen müssen, um direkt in Kryptowährungen investieren zu können. Auch beispielsweise bei Aktienanlagen müssen Kreditinstitute mit Kunden vorab die dafür nötige Risikobereitschaft klären. Naheliegend wäre, dass sie für die Nutzung der Kryptowallet freigeschaltet werden.
Anlagen in Kryptowährungen sind hochspekulativ. Gerade der Bitcoin, die bekannteste Kryptowährung, schwankt immer wieder heftig. Erst am vorvergangenen Wochenende rutschte unter anderem der Bitcoin binnen 24 Stunden um 20 Prozent ab.
Die deutsche Finanzaufsicht Bafin hatte Anfang des Jahres vor Investments in Kryptowährungen gewarnt und sich dabei nicht nur auf den direkten Erwerb bezogen, sondern auch auf Derivate, die den Kursverlauf dieser Währungen abbilden. „Bei allen diesen Anlagen können Verbraucherinnen und Verbraucher erhebliche Kapitalverluste erleiden. Auch ein Totalverlust ist möglich“, schrieb die Behörde.
Für deutsche Privatanleger mit Interesse an Kryptowährungen gibt es schon jetzt ständig neue Angebote. Seit dem Sommer ermöglicht bereits der zentrale Onlinebroker der Sparkassen, der „S Dealer“, seinen Kunden, indirekte Investments in Kryptowährungen und die Blockchain-Technologie zu tätigen. Anleger können aus rund 40 Zertifikaten, ETFs und Einzelaktien wählen, um von den Entwicklungen rund um die Blockchain-Technologie zu profitieren.
Andere Marktteilnehmer begrüßen das Vorhaben, darunter auch Kryptoexperte Julian Grigo, Managing Director bei der Solarisbank, zu deren Kunden auch Unternehmen in der Kryptowelt gehören. „Kryptowährungen sind mittlerweile eine etablierte Assetklasse. Wenn Banken ein Stück vom Kuchen abbekommen möchten, müssen sie mitmachen“, findet er.
Aus seiner Sicht könnte das Vorhaben der Sparkassen, sollte es erfolgreich sein, den Markt durchaus verändern. Denn es setze „auch andere Banken auf dem Markt unter Druck, im Kryptobereich nachzuziehen“.
Als Konkurrenz sieht Grigo das Angebot der Sparkassen aber nicht, da der Markt ohnehin noch weiter wachsen werde. Er wertet es stattdessen als gutes Zeichen für die Kryptowelt: „Wir begrüßen, dass dadurch noch mehr Menschen Zugang zu Kryptowährungen erhalten.“
Auch Genossenschaftsbanken wagen sich in die Kryptowelt vor
Auch bei den Genossenschaftsbanken gibt es mittlerweile entsprechende Ideen. Manche Banken, darunter die DZ Privatbank, erwägen seit Längerem einen Einstieg in das Angebot von Kryptowährungen für Privatkunden, lassen öffentliche Schritte bisher aber vermissen. Andere Genossenschaftsbanken sind schon weiter. Den vielleicht weitreichendsten Ansatz verfolgt die GLS Gemeinschaftsbank aus Bochum.
Das auf nachhaltige Finanzprodukte spezialisierte Haus plant laut mehreren Insidern den Aufbau einer Tokenisierungsplattform. Diese könnte institutionellen GLS-Kunden, etwa Unternehmen und Vereinen, die Ausgabe eigener Kryptotoken ermöglichen, zum Beispiel zur Projektfinanzierung.
In Bochum arbeitet ein Crew seit über einem Jahr an dem Thema. Zeitnah soll entschieden werden, ob die GLS ihre Plattform allein oder mit einem Accomplice aufbaut.
„Unser Fokus liegt derzeit darauf, Wertpapiere zu tokenisieren und solche dann ebenfalls in einer Pockets zu verwahren“, erklärte ein GLS-Sprecher auf Handelsblatt-Anfrage. Diese umfassende Lösung sei „etwas komplexer“ in der Entwicklung.
Ein erstes Beispielprojekt solle schon Anfang 2022 „digital zeichenbar sein“, so der Sprecher weiter. „Im nächsten Schritt werden wir dies tokenisieren und in einer Pockets verwahrbar machen. Dies ermöglicht es, dass der Kunde kein Depot mehr benötigt und die technische Infrastruktur mittelfristig günstiger wird.“
Im kommenden Jahr wolle die GLS zudem weitere Einsatzmöglichkeiten prüfen, um den Kunden „einfache, sichere und günstige Zugänge“ zu nachhaltigen Krypto-Investments zu ermöglichen. Dabei habe man den hohen Stromverbrauch von Bitcoin und Co. im Auge: „Auch digitale Angebote werden wir immer mit unseren strengen Nachhaltigkeitskriterien und realwirtschaftlichen Bezügen einsetzen“, betont die Financial institution.
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