Erst warfen Bahnhofsbuchhandlungen das rechtsextreme „Compact“-Magazin aus den Regalen, jetzt will die Hausbank die Geschäfte beenden. Die Gründe dafür dürften aber unterschiedlich sein.
Das Landgericht in Potsdam muss in der kommenden Woche klären, ob das Unternehmen hinter dem rechtsextremen „Compact“-Magazin seine Konten verliert. Geschäftsführer Jürgen Elsässer will mit einem Eilantrag die Kündigung von Geschäftskonten durch die Mittelbrandenburgische Sparkasse für unwirksam erklären lassen. Der Grund für ebenjene Kündigung blieb bis zuletzt unklar, könnte aber mit einer aktuellen Kampagne zusammenhängen.
In einem Beitrag auf der Seite des Magazins heißt es seit einigen Wochen: „Wir wollen helfen, wo die Kräfte der AfD nicht ausreichen.“ Dafür ist demnach eine Veranstaltungsreihe mit dem Titel „Blaue Welle“ geplant, versprochen werden dabei „‚Compact‘ und AfD zum Anfassen“.
Diese Idee könnte jetzt der Auslöser für die Kontokündigung sein. Denn: Für die AfD-Unterstützertour im Vorfeld der Europawahl und der Landtagswahlen in den ostdeutschen Bundesländern hat „Compact“ um Spenden gebeten – und dabei ein Konto bei der Mittelbrandenburgischen Sparkasse angegeben. Damit liegt die Vermutung nahe, dass über das Geschäftskonto von „Compact“ die Parteiinteressen und der Wahlkampf der AfD finanziert werden.
Für die „Blaue Welle“-Tour nämlich wurden „Volksfeste“ mit Bühnenprogramm angekündigt, in dem, wo immer möglich, Kandidaten der AfD auftreten sollen. Zugleich werde man von der AfD kaum Zuschüsse bekommen, meldete das Magazin. Das heißt: AfD-Politikern wird buchstäblich eine Bühne für Wahlkampfauftritte geboten, die Kosten dafür trägt „Compact“.
Das Vorgehen könne gegen Vorschriften zur Parteienfinanzierung verstoßen, meint die Linken-Politikerin Martina Renner: „Bundestagspräsidentin Bärbel Bas muss diese materielle und somit finanzielle Unterstützung für die AfD frühzeitig auf ihre Rechtmäßigkeit prüfen.“ Eine t-online-Anfrage zum Stand hat die Bundestagsverwaltung noch nicht beantwortet.
„Sachliche Gründe“ können Kündigung rechtfertigen
Doch auch bei der Sparkasse wurde offenbar geprüft: Die Nutzung des Kontos für die Kampagne könnte für das Institut ein möglicher Anlass gewesen sein, die Geschäftsbeziehung zu beenden: „Compact“ rief die Leser auf, insgesamt 91.000 Euro für Kosten für Bühne und Technik zu spenden. Gerechnet werde zusätzlich mit gut 2.000 Euro Kosten etwa für Personal pro Veranstaltungstag,
Die Nutzung zur gezielten Unterstützung von AfD und das Sammeln von Spenden zu einem solchen Zweck ist nicht unbedingt das, was der Sparkassenkunde Elsässer als Geschäftszweck angegeben hat: Dieser ist die Herausgabe der Zeitschrift „Compact“, wie im Gesellschaftsvertrag der Compact-Magazin GmbH vermerkt ist. Die Sparkasse selbst beantwortet Fragen von t-online hierzu nicht – Bankgeheimnis: „Wir äußern uns nicht zu einzelnen Geschäftsverbindungen“, so ein Sprecher. Auch Elsässer ließ eine Anfrage von t-online zunächst unbeantwortet.
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband kann auch zu konkreten Einzelfällen keine Aussage treffen. Sprecher Stefan Marotzke äußerte sich aber auf Anfrage von t-online allgemein: „Es gibt durchaus sachliche Gründe, bei deren Vorliegen es auch einer Sparkasse – an die regelmäßig hohe Hürden für die Kündigung eines Kontos gelegt werden – nicht zugemutet werden kann, ein Konto zu eröffnen oder weiter zu führen.“
Für Sparkassen gelten andere Regeln als für private Banken. Letztere können nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs von 2013 Kunden den Girovertrag auch ohne eine Begründung ordentlich kündigen. Damals bekam die Commerzbank bestätigt, dass sie „aus grundsätzlichen Erwägungen“ die Geschäftsbeziehung mit einem Buchvertrieb mit rechtsextremem Sortiment beenden durfte.
Magazin seit 2021 gesichert extremistisch
Der Verfassungsschutz stuft „Compact“ seit Ende 2021 als „gesichert extremistisch“ ein. Zuletzt haben Ketten des Bahnhofsbuchhandels nach jahrelanger Kritik entschieden, das Magazin aus ihrem Sortiment zu nehmen. Ob der Verlust dieses für den Handel margenträchtigen Absatzwegs für „Compact“ einen finanziellen Einschnitt darstellt oder durch vermehrte Bestellungen im Onlineshop des Magazins aufgefangen wird, ist dabei offen.
Die extremistische Ausrichtung würde aber allein nicht ausreichen, damit eine Sparkasse die Geschäftsbeziehung beenden darf. Sparkassen als Anstalten des öffentlichen Rechts brauchen besondere Gründe und dürfen Kunden nicht kündigen, nur weil diese eine verfassungsfeindliche Zielrichtung haben könnten: So hatte ein NPD-Landesverband ebenfalls vor dem BGH erstritten, sein Sparkassen-Konto behalten zu dürfen.