Dass die Deutschen ihr Geld auf Girokonten parken, ist keine Neuigkeit. Dort ist es sicher – so sicher, dass es nicht einmal von Zinsen profitiert. Geht da noch was?
Die Zinsen für Tagesgeld und Festgeld sind in den vergangenen Monaten sukzessive gestiegen. Doch viel zu wenige Sparer in Deutschland profitieren davon. Das belegt eine Auswertung von Bundesbank-Daten des digitalen Vermögensverwalters Growney. Das potenzielle Vermögen der deutschen Sparer könnte demnach um bis zu 70 Milliarden Euro höher sein. Die Gründe sind eindeutig: Deutsche Sparer gehen zu sehr auf Nummer sicher.
Vermögenskiller Nummer Eins: Giro- und Tagesgeldkonten
Der überwiegende Teil des Geldes ist auf Girokonten und Tagesgeld-Konten geparkt. Im Juni 2023 waren es knapp zwei Drittel aller Einlagen bei Banken und Sparkassen. Das entspricht rund 65 Prozent oder 1,78 Billionen Euro. Der durchschnittliche Zins, den Sparer erhalten, beträgt gerade einmal 0,34 Prozent pro Jahr. Möglich sind aber drei Prozent pro Jahr – also fast das Neunfache.
Während der Niedrigzinsphase zwischen 2015 und 2022 haben sich viele Menschen daran gewöhnt, das Geld einfach ohne Ertrag auf dem Girokonto zu belassen, erklärt Thimm Blickensdorf von der Growney-Geschäftsleitung. „In der aktuellen Zinssituation bedeutet das aber einen gewaltigen Renditeverlust.“ Im Vergleich zu alternativen Geldanlagen führen unverzinste Konten zu den höchsten Zinsverlusten und damit zur höchsten Geldentwertung. Hochgerechnet auf das gesamte Jahr 2023 mache das 47,41 Milliarden Euro aus.
Vermögenskiller Nummer Zwei: Sparbücher und Sparkonten
Ein Sechstel aller Bankeinnahmen entfallen auf klassische Sparbücher und Sparkonten mit einer Kündigungsfrist von bis zu drei Monaten. Das entspricht laut Datenerhebung der Bundesbank über 450 Milliarden Euro. Der durchschnittliche Zins beträgt 0,43 Prozent pro Jahr. Auch hier schneidet ein Tagesgeldkonto mit einer Verzinsung von drei Prozent wesentlich besser ab. Der von Growney für das Jahr 2023 berechnete Zinsverlust beträgt dadurch 11,58 Milliarden Euro.
„Viele Kunden von Banken und Sparkassen nutzen tatsächlich noch klassische Sparformen, auch wenn es dafür viel zu geringe Zinserträge gibt“, sagt Blickensdorf. Den meisten sei dabei gar nicht bewusst, wie viel Zinsertrag ihnen damit entgehe.
Ein Tagesgeldkonto ist genauso flexibel wie ein Girokonto, denn Sie können jederzeit ohne zusätzliche Kosten Geld zwischen beiden Konten hin und her transferieren. Da beide Konten über die gleiche Bank oder Sparkasse laufen, findet der Überweisungsprozess in Echtzeit statt. Einziger Wermutstropfen: Das Tagesgeldkonto hat keine Girokarte, mit der Sie Geld vom Automaten abholen oder an der Kasse bezahlen können.
Zukünftiger Wert63.636 €
Wertverlust6.364 €
Alternative Anlageform: Festgeld mit 3,8 bis 4,3 Prozent jährlich
Die Bundesbank hat bei Festgeld mit Laufzeiten bis zu zwei Jahren einen Durchschnittszinssatz von 2,23 Prozent pro Jahr ermittelt. Bei Laufzeiten ab zwei Jahren sind es sogar nur 0,91 Prozent. Im Vergleich verschiedener deutscher und europäischer Banken konnte Growney eine Zinsspanne von 3,8 bis 4,3 Prozent ermitteln.
Wenn der Leitzins von der Europäischen Zentralbank so schnell angehoben wird – nämlich von null auf 4,5 Prozent in 14 Monaten –, dann steigen zwangsläufig die Zinsen auf Spareinlagen, Festgeld, Tagesgeld und Anleihen. In der Regel steigen die Zinsen für Sparer langsamer, weil Banken und Sparkassen den vollen Zinssatz nicht sofort an ihre Kunden weitergeben. Mehr zu diesem Thema lesen Sie hier.
„Gerade wenn sich die Zinsen schnell verändern, ist es schwierig, den richtigen Zeitpunkt für die Festgeldanlage zu finden“, erläutert Blickensdorf weiter. Es biete sich daher an, das Geld auf mehrere Festgelder mit unterschiedlichen Laufzeiten zu verteilen. Bleibt der Leitzins auf einem hohen Niveau, steigen früher oder später auch die Zinsen fürs Festgeld, Tagesgeld und (Staats-)Anleihen.
Growney hat ausgerechnet, dass Kunden im Jahr 2023 wegen unverzinster Geldeinlagen bei deutschen Banken und Sparkassen mehr als 70 Milliarden Euro verschenkt haben. Die Zahl klingt hoch – verteilt auf geschätzt 83,8 Millionen Einwohner (Stand: 2023) ergibt sich ein verschenkter Betrag von 835 Euro pro Person.