Horst Lettenmayers Augen sind in jedem „Tatort“-Vorspann zu sehen. Die Dreharbeiten kosteten ihn damals einen Tag – und die Produktion nur wenige Hundert Euro.
Man sieht ihn jeden Sonntagabend, doch kaum jemand weiß, wer er ist: Horst Lettenmayer flimmert seit über 50 Jahren im Vorspann der „Tatort“-Krimis über die Bildschirme. Genauer gesagt sieht man seine Augen und Beine in der obligatorischen Anfangsszene. Nun ist der ehemalige Schauspieler tot. Er starb bereits am 20. Juli, wie seine Tochter Julia-Alina Lettenmayer der Deutschen Presse-Agentur am Montag bestätigte. Beerdigt wurde er am 31. Juli auf dem Münchner Nordfriedhof. Es wäre sein 83. Geburtstag gewesen.
An seinem Todestag habe er sich unwohl gefühlt und sei gegen Mittag von der Arbeit nach Hause gefahren, schilderte Julia Lettenmayer. Als er dort nicht mehr ans Telefon ging, sei sie hingefahren und habe ihn leblos in seinem Bett gefunden. „Er hat immer gut gelebt mit viel Rauchen und Rotwein hier und da, er hat einfach sein Leben genossen – und so hat er sich das immer gewünscht“, betonte sie.
Mit wenigen Ausnahmen starrt Lettenmayer seit Beginn der „Tatort“-Reihe immer sonntags um 20.15 Uhr durch einen Schlitz in die deutschen Wohnzimmer, ein weißes Fadenkreuz umschließt seine linke Iris. Dann sind seine Beine im Bild zu sehen, die zur dramatischen Musik von Klaus Doldinger über glänzenden Asphalt davonrennen.
1970 wurde der erste „Tatort“ produziert, der Bayerische Rundfunk kümmerte sich um den Vorspann der für die ARD geplanten Krimi-Reihe. Lettenmayers Augen wurden im Studio abgefilmt, auf dem Flughafen München-Riem lief er flüchtend vor der Kamera weg – schon war der Tagesjob erledigt. „Es gab keinen Vertrag, nichts“, sagte Lettenmayer vor einigen Jahren der Deutschen Presse-Agentur. Für seinen Auftritt bekam er damals einmalig 400 D-Mark – nicht wissend, dass die Aufnahmen Kultstatus erlangen und jahrzehntelang verwendet würden.
Er zeigte öffentlich seinen Ärger darüber. „Eine Unverschämtheit“, sagte er einmal. Jahrelang hatte er mit dem Gedanken gespielt, die ARD zu verklagen. Doch 2008 ließ er diesen Gedanken los. „Es wird nicht geklagt“, sagte er damals. Ihm sei es auch nie um die Gage gegangen, „sondern um die Gerechtigkeit“. Anders hielt es Grafikerin Kristina Böttrich-Merdjanowa, die den Vorspann kreierte. Sie hatte damals für ihre Arbeit 2.500 D-Mark erhalten. Später wollte sie eine höhere Vergütung einklagen, das Münchner Oberlandesgericht wies die Klage jedoch ab – mit der Begründung, der Vorspann sei für den Erfolg der Produktion von untergeordneter Rolle.
Lettenmayer durfte später zum Trost in einem „Tatort“ mitspielen. 1989 mimte er in der Schimanski-Folge „Der Pott“ einen Gewerkschaftsfunktionär, der die Kasse unterschlug. Sein Gastspiel war recht kurz, er endete tot in einer Lore. Und auch sonst zündete seine Schauspielkarriere nicht recht, weshalb sich der studierte Elektrotechniker auf seine Leuchtenfirma konzentrierte. „Er hatte durch Zufall den Auftrag zum Entwickeln einer Bilderleuchte bekommen und das Patent auf die Leuchte war gleich ein Burner“, schilderte seine Tochter. „Und dann ging das so weiter.“