Die Ampel will Rentner dazu bewegen, länger zu arbeiten. Ein finanzieller Anreiz ist die Rentenaufschubprämie. Wir zeigen, wie sie funktioniert.
Will Deutschland seinen Wohlstand halten, muss es sich etwas einfallen lassen. Bereits jetzt fehlen laut der Bundesagentur für Arbeit jedes Jahr Hunderttausende Arbeitskräfte, der demografische Wandel verschärft die Lage weiter. Schon im Juli hatte die Ampelkoalition daher ihre Wachstumsinitiative beschlossen, nach der es für ältere Arbeitnehmer Anreize geben soll, ihren Ruhestand trotz Rentenanspruch aufzuschieben (t-online berichtete).
Nun hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) die Pläne in einen Gesetzesentwurf gegossen, den das Kabinett am 4. September beschließen soll. Spannendster Punkt dabei: die neue Rentenaufschubprämie. Wir erklären, wer sie bekommen soll, wie hoch sie ausfällt und welche Alternative es bereits gibt.
Schon heute erhalten Arbeitnehmer, die ihren Renteneintritt nach hinten verlegen, monatliche Zuschläge auf ihre künftige Rente. Mit der Rentenaufschubprämie will die Bundesregierung nun eine neue Option schaffen, mit der Sie sich zusätzliche Arbeitsjahre im Alter vergüten lassen können. Arbeitnehmer können sich dann den zusätzlich erworbenen Rentenanspruch durch die längere Zeit im Job auf einen Schlag auszahlen lassen.
Voraussetzung ist, dass Sie mindestens zwölf Monate nach Erreichen des regulären Renteneintrittsalters durchgängig weiterarbeiten – und zwar auf einer rentenversicherungspflichtigen Stelle, die über einen Minijob hinausgeht. Auch entsprechende selbstständige Tätigkeiten zählen.
Zusätzlich sollen auch die Krankenkassenbeiträge, die die Rentenversicherung auf die nicht genommene Rente hätte zahlen müssen, an weiterarbeitende Senioren fließen. Derzeit sind das 8,15 Prozent.
Die Rentenaufschubprämie kann Ihnen einen fünfstelligen Betrag bringen. Die genaue Höhe ist abhängig von Ihrem Rentenanspruch und vom Zeitraum, den Sie länger arbeiten. Sie können die Prämie für höchstens drei Jahre ansammeln. Die Einmalzahlung selbst soll abgabenfrei sein.
Wer beispielsweise Anspruch auf eine Rente von 1.500 Euro im Monat hat und ein Jahr sozialabgabenpflichtig länger arbeitet, ohne gleichzeitig Rente zu beziehen, könnte bei Rentenbeginn eine Einmalzahlung von 18.000 Euro für den Rentenverzicht erhalten (12 Monate x 1.500 Euro = 18.000 Euro) – und zusätzlich den 8,15-Prozent-Aufschlag von in diesem Beispiel 1.467 Euro einstreichen.
Wer von der Rentenaufschubprämie profitieren will, muss sich noch gedulden: Die Neuregelung soll erst zum 1. Januar 2027 in Kraft treten. So viel Zeit braucht die Rentenversicherung, um sich technisch und organisatorisch vorzubereiten.
Die derzeitige Regelung, einen Rentenaufschub mit einem lebenslangen Zuschlag auf die Rente zu belohnen, soll es weiter geben. Wer die Regelaltersgrenze erreicht hat, aber noch keine Rente in Anspruch nimmt, erhält für jeden Monat, den er damit wartet, einen Zuschlag von 0,5 Prozent.
Gehen Sie also zum Beispiel ein Jahr später in Rente, als es der Gesetzgeber für Sie vorgesehen hat, steigern Sie allein damit Ihre Rente um 6 Prozent (12 Monate à 0,5 Prozent). Zusätzlich erhöht sich Ihr Anspruch dank der monatlichen Beiträge. Wie stark, hängt von der Höhe Ihres Einkommens ab.
Aus rein finanzieller Sicht dürfte Ihnen die Prämie mehr bringen als der monatliche, lebenslange Rentenzuschlag – zumal Sie eine Einmalzahlung gleich zu Rentenbeginn anlegen und von Zinsen profitieren können. Allerdings liegt die Entscheidung nicht allein bei den Arbeitnehmern. Auch der Arbeitgeber muss mitspielen und die Weiterarbeit erlauben. Die Konditionen entscheiden dann letztlich auch über die Höhe der Prämie oder des monatlichen Zuschlags.
Die Rentenaufschubprämie ist nicht die einzige Neuheit. Heils Gesetzesentwurf sieht außerdem vor, dass Arbeitgeber ihre Beiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung an arbeitende Rentner auszahlen dürfen. Doch Achtung: Das gilt nur für Senioren, die parallel zu einer Vollrente über das reguläre Rentenalter hinaus weiterarbeiten – nicht aber für alle, die den Rentenbeginn hinausschieben.
Sie können also nicht sowohl von der Rentenaufschubprämie oder den monatlichen Zuschlägen als auch von den ausgezahlten Sozialversicherungsbeiträgen des Arbeitgebers profitieren. Mehr dazu lesen Sie hier.
Weitere Änderungen betreffen den Freibetrag bei der Witwenrente und die Möglichkeit, als älterer Arbeitnehmer befristet angestellt zu werden. Letzteres soll Arbeitgebern die Weiterbeschäftigung von Rentnern erleichtern. Bei der Witwenrente soll es ab 1. Juli 2025 einen neuen Sockelbetrag für Erwerbseinkommen in Höhe der jeweils geltenden Minijobgrenze geben – derzeit also 538 Euro monatlich.
Dieser Betrag soll zusätzlich zum bereits anrechnungsfreien Betrag von derzeit 1.038,05 Euro gewährt werden. Die Ampel erhofft sich davon, dass künftig weniger Empfänger von Hinterbliebenenrente ihre Arbeitszeit reduzieren, um eine höhere Rentenzahlung zu erhalten. Lesen Sie hier, wie eigenes Einkommen auf die Witwenrente angerechnet wird.