Die Weihnachtsferien sind eine beliebte Zeit für den Skiurlaub. Doch der könnte in Europa schon bald aussterben, erklärt ein Experte.
Skifahren, Rodeln oder Snowboarden: Für den Wintertourismus braucht es in der Regel Schnee. Doch durch den Klimawandel ist das Auftreten des Wetterphänomens längst nicht mehr so sicher wie noch vor einigen Jahrzehnten.
Stefan Gössling ist Professor für Tourismus an der Linné-Universität in Schweden und gilt als Experte für das Zusammenspiel von Tourismus und Klimawandel. Er erklärt im Interview mit t-online, wie klimaabhängig und gleichzeitig klimaschädlich der Skitourismus mittlerweile ist, was der Einzelne dagegen tun kann und wie sich die Skiregionen zu helfen versuchen.
t-online: Im Winter- oder Skitourismus zeigt sich der Klimawandel besonders deutlich: Da wo früher Schnee lag, müssen jetzt Schneekanonen her. Wie ist die aktuelle Situation?
Stefan Gössling: Beim Skitourismus ist ja nicht nur die Beschneiung wichtig, sondern auch die Frage, ob es – wie in diesem Winter – früh im Jahr schon geschneit hat. Dieser Schnee kann gelagert werden, um ihn dann wieder auf den Pisten zu verteilen, wenn es wieder wärmer wird. Es gibt die grundsätzliche Regel, dass ein Skigebiet rund 100 Tage im Jahr geöffnet haben muss, in sieben von zehn Jahren, damit sich der Betrieb lohnt.
… und dafür reicht der Schnee nicht mehr?
Die Mengen, die dafür benötigt werden, können Sie nicht ausschließlich mit Schneekanonen produzieren. In der Praxis sehen wir ja jetzt häufig nur noch weiße Bänder, die sich die Berge hinunterschlängeln.
Stefan Gössling (*1970) ist Professor für Tourismus an der Linné-Universität in Schweden. Zu seinen Fachgebieten gehören der nachhaltige Tourismus sowie der Einfluss des Klimawandels auf den Tourismus und die Auswirkungen der Luftfahrt auf die Umwelt.
Nach seinem Studium der Geografie und Biologie in Deutschland promovierte er in Schweden. Später arbeitete er am Forschungszentrum für nachhaltigen Tourismus in Norwegen, bevor er schließlich 2009 die Professur in Schweden annahm.
Welche beliebten Skigebiete sind vom Klimawandel besonders betroffen?
Es ist schwierig, da von einzelnen Gebieten zu sprechen. Dabei geht es besonders um die Frage der Höhenmeter, aber auch der Region – und es ist dennoch nicht einfach zu sagen, wie genau der Winter wird.
Klimawandel bedeutet auch, dass wir immer größere Abweichungen vom langfristigen Mittel haben. Das kann bedeuten, dass wir in einem Jahr schon früh viel Schnee und einen guten Winter haben. Und im nächsten Jahr ist es vielleicht das Gegenteil und es gibt nur noch in sehr hoch gelegenen Gebieten überhaupt hinreichend Schnee. Im vergangenen Winter 2022/23 gab es beispielsweise um Weihnachten nahezu überall in den deutschen Skigebieten Probleme, außer vielleicht noch oben auf der Zugspitze.
Sieht es diesen Winter wieder besser aus?
Es kann immer wieder ein gutes Jahr kommen – im Trend ist das aber immer unwahrscheinlicher. Und wenn ein richtig schlechtes Jahr kommt, dann kann es auch dazu führen, dass Skitourismus gar nicht mehr möglich ist. Wenn es dann auch noch regnet, dann können Sie nur noch hoffen, dass es einen Wellnessbereich in der Unterkunft gibt.
Kommen wir zurück zum Problem Kunstschnee: Wie umweltschädlich sind Schneekanonen – und warum?
Das hängt davon ab, wie der Schnee produziert wird. Dann spielen im Wesentlichen drei Faktoren eine Rolle: Additive, Wasser und Energie. Additive, also chemische Zusätze, mit denen auch bei höheren Temperaturen Schnee erzeugt werden kann, sind bei uns verboten.
Aber auch der Wasser- und Energieverbrauch spielen eine große Rolle, sagten Sie.
Genau. Beim Wasser gehe ich davon aus, dass in Skidestinationen im gesamten Alpenraum klar ist, wie viel Wasser nachhaltig entnommen werden kann. Das wird auch in aller Regel gemessen und kontrolliert. Das andere ist die Energie: Es gibt beispielsweise Berechnungen der Bergbahnen, dass pro Gast und Tag etwa 16 bis 18 Kilowattstunden Strom verbraucht werden – vor allem, um Schnee zu erzeugen, Pisten zu präparieren und Lifte zu betreiben.
Das ist schon eine Menge, doppelt so viel, wie die Übernachtung verursacht – oder so, als würden Sie 18 Maschinen Wäsche waschen. Im Vergleich zu anderen Elementen der Reise ist dieser Energieverbrauch allerdings nicht das Problem, sondern vielmehr das große Auto, mit dem Gäste quer durch Europa anreisen, oder das Rindersteak, das sie dann abends im Restaurant essen.
Dann ist es wohl nicht hilfreich, wenn der Skitourist eine längere Anreise auf sich nimmt, um aus Klimaschutzgründen Kunstschnee zu vermeiden.
Nicht, wenn er nach Norwegen fliegt. Eine sinnvollere Stellschraube ist eher die Zeit: Die Schneesicherheit ist im Januar oder Februar höher als im Dezember. Wer flexibel ist, kann ausweichen.