Mettbrötchen, rassistische Parolen und kanzlerhafte Erinnerungslücken: So lief das TV-Duell zwischen den Thüringer Spitzenkandidaten Björn Höcke (AfD) und Mario Voigt (CDU).
Der bekannteste Rechtsextremist des Landes zur besten Sendezeit im TV: Selten wurde ein TV-Duell so viel beachtet wie das zwischen dem Thüringer AfD-Rechtsaußen Björn Höcke und CDU-Landeschef Mario Voigt. Experten warnten, Kritiker zerfetzten es bereits vorab. Der Tenor: Voigt kann nur wenig richtig, aber fast alles falsch machen. So lief das Duell ab:
Die heißesten Themen
Die EU: Ein Streit zwischen Höcke und Voigt über den Höcke-Satz: „Diese EU muss sterben, damit das wahre Europa leben kann“ führte überhaupt erst zum TV-Duell. Die Moderatoren steigen deswegen mit dem Thema in das Streitgespräch ein, geben ihm viel Raum – vor allem angesichts der Tatsache, dass hier zwei Landespolitiker diskutieren.
Für Höcke die perfekte Vorlage für populistische Parolen: Er wettert gegen das „zentralistische Bürokratiemonster“, die Klimapolitik der EU, den Green Deal, nennt die EU eine „Globalisierungsagentur“, ein „Europa der Lobbyisten und Großkonzerne“ und die CDU eine „Wohlstandsvernichterpartei“.
Voigt betont die Vorteile des Binnenmarkts, die Nachteile des Brexits, rechnet Nachteile eines EU-Austritts für den durchschnittlichen Thüringer aus. Doch Höcke hat mehr Redeanteile, er dominiert.
Migration: Höcke schießt gegen die CDU, kritisiert Merkels „Willkommenskultur“, und sagt: „Das Weltsozialamt Deutschland ist geschlossen.“ Mehrfach verwendet er den Begriff „Remigration“, will ihn offensichtlich noch weiter verbreiten.
Unter Rechtsextremisten ist „Remigration“ ein wichtiger Kampfbegriff – und meint in der Regel die Vertreibung von Zuwanderern und Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland, auch von solchen mit deutschem Pass. Breiter bekannt wurde er durch das Treffen von AfD-Politikern mit Martin Sellner in Potsdam im November 2023, das wegen der dort offenbar diskutierten rechtsradikalen Vertreibungspläne bundesweit Entsetzen und Massendemos auslöste.
Im TV-Duell definiert Höcke den Begriff plötzlich neu, wesentlich freundlicher: nämlich als das Zurückholen von deutschen Fachkräften, die Deutschland verlassen haben. Voigt aber lässt ihm das nicht durchgehen, wirft ihm Feigheit vor: „Sie reden hier anders als auf ihren Parteitagen“, sagt er. „Ich hätte wenigstens erwartet, dass Sie zu dem stehen, was sie wollen.“
Voigt betont: Die CDU habe im Saale-Orla-Kreis gerade die Arbeitspflicht für Flüchtlinge eingeführt, im einzigen AfD-geführten Landkreis (Sonneberg) aber passiere: „NICHTS“. Wer arbeite, wer sich an Recht und Gesetz halte, wer sich ein besseres Leben aufbauen wolle, der sei willkommen in Thüringen – und Fachkräfte brauche das Land dringend. Jeder vierte Arzt in Thüringer Krankenhäusern komme aus dem Ausland, Höcke vertreibe diese Menschen.
Er ledert richtig los, bezeichnet Höcke als „Reichskanzler“ und als „Gift für das Land, das meine Heimat ist“. Da ist selbst der rechtsradikale Höcke baff: „Jetzt werden Sie aber radikalpopulistisch.“
Höckes Buch und die NS-Vergangenheit: Angesprochen auf sein Buch „Nie zweimal in denselben Fluss“ hat Höcke plötzlich kanzlerhafte Erinnerungslücken.
Dort schreibt er, dass „wir leider ein paar Volksteile verlieren werden, die zu schwach oder nicht willens sind“ mitzumachen“. Und meint mit dem „Aderlass“: Jene Deutsche, die nicht dieselben Ziele teilen wie er – also schlicht Andersdenkende, die Opposition. Und: Die heutige Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoguz habe in Deutschland „nichts verloren“.
Konfrontiert mit den Stellen rudert Höcke zurück, wird dünnhäutig, wirkt gereizt und unsouverän. Das Buch sei „jetzt sechs Jahre her“, er habe das „Zitat jetzt nicht parat“, habe die „Dame jetzt nicht mehr auf dem Schirm“.
Die absurdeste Szene
Streit ums Mett: Beim Lieferkettengesetz kommt Höcke auf Thüringer Fleischer zu sprechen, er will ein konkretes Beispiel bringen und redet dabei erst von „gehacktem Brötchen“, dann von „Mett-Brötchen“. Voigt korrigiert ihn prompt: „In Thüringen heißt das Gehacktes, wenn Sie sich in der Heimat auskennen würden…“. Höcke, der aus dem Westen stammt, reagiert allergisch, sagt laut: „Ich hab gerade gesagt: GEHACKTES Brötchen.“