Gesundheitsminister Lauterbach will die Bezahlmodelle für Kliniken verändern. Er erhofft sich dadurch einheitlichere Qualität. Daran gibt es deutliche Kritik.
Die geplante Klinikreform in Deutschland wird konkreter. Das Haus von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat einen Referentenentwurf erarbeitet, über den zuerst die „Bild“ berichtete und der auch der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Die Reform soll eine neue Vergütungsmethode einführen. Krankenhäuser sollen dann nicht mehr aus Umsatzgründen möglichst viele Patientinnen und Patienten behandeln. Heute bekommen Kliniken pro Patient oder Behandlungsfall einen pauschalen Euro-Betrag. Diese Fallpauschalen sollen gesenkt werden. Im Gegenzug soll es feste Beträge für das Vorhalten von Personal, einer Notaufnahme oder notwendiger Medizintechnik geben.
Künftig sollen die Klinken 60 Prozent der Vergütung allein schon für das Vorhalten von Leistungsangeboten bekommen. Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen genauer definierte Leistungsgruppen sein. Sie sollen einheitliche Qualitätsvorgaben absichern.
Abstimmung für April geplant
Extra-Geld wird laut Referentenentwurf ab dem Jahr 2027 veranschlagt, etwa für die Bereitstellung von Kindermedizin-Stationen (288 Millionen Euro), Geburtshilfstationen (120 Millionen Euro), Schlaganfallstationen (35 Millionen Euro) und Intensivstationen (30 Millionen Euro). Für die Krankenhausplanung sind die Bundesländer zuständig.
Laut Referentenentwurf sollen Stationen der Inneren Medizin und der Allgemeinen Chirurgie in höchstens 30 Minuten per Auto erreichbar sein. Für die übrigen Leistungsgruppen soll die Fahrzeit maximal 40 Minuten betragen. Bei der Planung soll aber auch die Zahl der Einwohner berücksichtigt werden, die von längeren Fahrzeiten betroffen wären, falls es in ihrem Nahgebiet keine entsprechenden Leistungen gibt.
Zuletzt hatte es geheißen, dass der Gesetzentwurf am 24. April im Kabinett beschlossen werden soll. Nach Lauterbachs Worten sollen „große Qualitätsdefizite“ durch mehr Spezialisierung vermindert werden. So werde heute ein Drittel der Krebsbehandlungen in jenen zwei Dritteln der deutschen Kliniken durchgeführt, die sich darauf mangels Erfahrung gar nicht gut verstünden. Die Folge seien schwere Komplikationen wie Sepsis (Blutvergiftung), sagte Lauterbach Ende Januar. Die Reform werde die Kliniklandschaft deutlich verändern. Bislang gebe es überversorgte Städte und unterversorgte Gebiete in ländlichen Regionen.
Patientenschützer kritisieren Entwurf
Kurz nach Bekanntwerden des Entwurfs äußerte der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, am Samstag Kritik. Der Nachrichtenagentur AFP sagte er, Lauterbach mache „seine Reform am Reißbrett und mit dem Rechenschieber“. Es fehle „der Blick in die Praxis und auf den Patienten“.
Patientenschützer Brysch nannte es fragwürdig, „ob Qualität allein an der Beschäftigtenzahl im Verhältnis zu den Behandlungsfällen, deren Häufigkeit sowie der Komplikations- und Sterblichkeitsrate gemessen werden kann“. Es fehle in dem Gesetzentwurf eine verbindliche Vorgabe, jedem Patienten einen Fallmanager zur Seite zu stellen, kritisierte er. „Der Krankenhausalltag gleicht weiterhin einem Dschungel.“
Eine Koordination zwischen Patienten, Angehörigen und Mitarbeitern finde nicht statt, bemängelte Brysch weiter. Kennzeichnend für diese „Misere“ seien fehlende Ansprechpartner, Verschiebungen medizinischer Untersuchungen, lange Wartezeiten und Terminabbrüche. Die Leidtragenden seien Patienten und Angehörige, sagte Brysch.