Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen besteht trotz vieler Bemühungen weiterhin. In manchen Branchen geht es dabei um etliche tausend Euro.
Frauen verdienen in Deutschland noch immer deutlich weniger als Männer. Dabei gibt es deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Branchen. Das geht aus einer Auswertung der Arbeitgeber-Bewertungsplattform kununu hervor, die t-online exklusiv vorliegt.
Den größten Unterschied verzeichnen Frauen, die in der Finanzbranche oder in der Telekommunikation arbeiten. Sie verdienen jeweils 23 Prozent weniger als Männer in den gleichen Branchen. Während Männer in der Finanzbranche im Schnitt mit einem Jahresbrutto von 58.746 Euro nach Hause gehen, sind es für Frauen lediglich 44.973 Euro. In der Telekommunikation kommen Männer auf 53.715, Frauen hingegen auf 41.620 Euro.
Datengrundlage
Für die Auswertung hat kununu 1.214.564 Bruttovollzeitgehälter in Deutschland aus dem Zeitraum vom 01.01.2021 bis zum 31.12.2023 ausgewertet. Pro Branche und Geschlecht wurde ein Minimum von 1.000 Gehaltsangaben definiert.
Ebenfalls große Lohnunterschiede herrschen in der Versicherungsbranche (20 Prozent) und in der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung (20 Prozent). Dahinter folgen die Beratung, Medizin und Pharma und der Bankensektor mit einem Gehaltsunterschied von jeweils 18 Prozent.
Am unteren Ende der Liste, was einem verhältnismäßig geringeren Unterschied im Jahresbrutto entspricht, landen die öffentliche Verwaltung (9 Prozent), Personalwesen und -beschaffung (6 Prozent) und Transport und Logistik (5 Prozent).
Alle Branchen der Auswertung finden Sie in dieser Tabelle:
Unterschiedliche Berechnung der Lohnlücke
Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen wird auch als Gender Pay Gap bezeichnet. Dabei wird zwischen dem unbereinigten und bereinigten Gender Pay Gap unterschieden. Der unbereinigte Gender Pay Gap bezeichnet den Unterschied im Bruttolohn pro Stunde zwischen Männern und Frauen. Dieser liegt aktuell bei 18 Prozent. Für den unbereinigten Gender Pay Gap unter Berücksichtigung von Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien. Strukturbedingte Faktoren sind also weitgehend herausgerechnet. Dieser lag zuletzt bei 6 Prozent. Mehr dazu lesen Sie hier.
Vielzahl an Gründen
Für die Gehaltsunterschiede gibt es mehrere Erkläransätze. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend schreibt dazu auf seiner Webseite: „Frauen wählen andere Berufe als Männer.“ Sie arbeiten demnach häufiger in sozialen und personennahen Dienstleistungen, die schlechter bezahlt werden als beispielsweise technische Berufe.
Hinzu kommt: Viele Frauen haben unterbrochene Erwerbsbiografien, die sie für die Kindererziehung zeitweise aussetzen. Danach kehren viele mit verringerter Stundenzahl wieder zurück. 47 Prozent der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen arbeiten in Teilzeit. Knapp 62 Prozent aller sogenannten Minijobs werden von Frauen ausgeübt. Die Betreuungslücke verschärft diese Probleme.
Frauen blicken pessimistisch in die Zukunft
Die Ungleichheit zeigt sich dabei nicht nur in Statistiken, viele Frauen in Deutschland spüren sie auch in ihrem Alltag. Wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Jobbörse Indeed ergab, sind 57 Prozent der Frauen der Meinung, nicht ausreichend entlohnt zu werden. Damit liegt Deutschland nahe am internationalen Durchschnitt: Unter den Befragten aus elf Ländern waren 56 Prozent der Arbeitnehmerinnen mit ihrer Bezahlung unzufrieden.
Laut dem „Work needs Women Report“ blickt jede zweite Frau in Deutschland einer geschlechtergerechten Zukunft pessimistisch entgegen. 53 Prozent schätzen eine gleichberechtigte Bezahlung von Männern und Frauen erst in 50 Jahren als realistisch ein.