Sowohl Kälte als auch Hitze setzen den Körper kurzzeitig unter Stress. Das kann trotzdem sehr gesund sein, erklären unsere Kolumnisten.
Unser Körper hat eine Kerntemperatur von ungefähr 37 Grad Celsius. Verschiedene Mechanismen dienen der Aufrechterhaltung dieser Temperatur. Denn sinkt oder steigt dieser Wärmegrad, gerät der Körper unter Stress. Doch sowohl kurzzeitiges Schwitzen als auch Frieren kann sehr gesund sein. Und das hat sich auch bei Prominenten herumgesprochen.
Ab ins kalte Nass
Denn David Beckham macht es, Lady Gaga tut es und auch Madonna ist bei diesem Trend dabei: Eisbaden. Der Gang ins extrem kalte Wasser soll einen positiven Effekt auf die Gesundheit haben und dazu führen, dass wir länger leben. Was ist dran?
In einer umfangreichen Analyse aus dem Jahr 2022 werteten norwegische Mediziner der Universität Tromsø gut 100 Studien über die Effekte von Eis- und Kältebädern aus. Das Ergebnis: Puls und Blutdruck steigen und die Hautgefäße werden enger. Gleichzeitig werden Zucker- und Fettstoffwechsel positiv beeinflusst.
Insulin, das den Blutzucker senkt, kann besser wirken, und bestimmte Stoffwechselprozesse in den Fettzellen verändern sich – was das Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Krankheiten senken könnte.
Weiterhin gehen die Forscher davon aus, dass sich ein erhöhter Spiegel des Stresshormons Noradrenalin nach dem Eisbaden günstig auf die Psyche und vor allem auch auf das Schmerzempfinden auswirkt. Deshalb ist das kalte Bad unter anderem auch gut für Patienten mit Rheuma und der chronischen Schmerzerkrankung Fibromyalgie.
Wer nicht Eisbaden sollte
So positiv die Effekte nachgewiesenermaßen auch sind, der Gang ins kalte Nass eignet sich nicht für jeden. Der plötzliche Temperaturstress beim ersten Kontakt mit dem eiskalten Wasser – der sogenannte Kälteschock – kann zu einer heftigen Herz-Kreislauf-Belastung führen. Als Folge schnellt der Herzschlag nach oben.
Taucht man dann auch noch Gesicht und Kopf ins Wasser ein, setzt der sogenannte Tauchreflex ein: Der Herzschlag verlangsamt sich schlagartig – eine gegenläufige Reaktion, die das Risiko für Herzrhythmusstörungen deutlich steigern kann. Menschen, die ohnehin an Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden, sollten also generell auf das Eisbaden verzichten.
So bereiten Sie sich vor
Alle anderen können sich langsam an das Eisbad herantasten. So kann man zum Beispiel im Herbst mit den ersten Versuchen in den langsam sinkenden Wassertemperaturen beginnen. Ideal sind zunächst etwa 16, 17 Grad, auf das Eintauchen des Gesichts sollte aber zunächst verzichtet werden. Auch kalte Duschen zu Hause können als Vorbereitung dienen.
Wer schließlich wirklich in einen kalten See oder ins eiskalte Meer steigt, sollte dies erstens niemals allein machen und zweitens nicht zu lange im Wasser bleiben, um nicht zu stark auszukühlen. Sobald man anfängt, übermäßig zu zittern oder sich die Haut verfärbt, heißt es: raus aus dem Wasser! Für Anfänger reichen ohnehin zwei Minuten in der Kälte aus.
Zur Person
Prof. Dr. Thomas Kurscheid ist Facharzt für Allgemeinmedizin sowie Ernährungs- und Sportmediziner mit eigener Praxis in Köln. Sein Spezialgebiet ist die Präventionsmedizin. Er ist bekannt als TV-Experte u. a. für WDR, ARD, RTL und SAT.1 sowie durch Bestseller wie „Mein Bleib-Gesund Buch“.
Zur Person
Gerd Wirtz ist Neurophysiologe, Medizin-Moderator und Experte für Digital Health, also Digitales im Gesundheitswesen. Sein Spezialgebiet ist die Zukunftsmedizin.
Gemeinsam mit Thomas Kurscheid und Volker Limmroth beantwortet er im Podcast „Gesund & Gesund“ Ihre Fragen rund um ein besseres und längeres Leben.
Auf in die Schwitzstube
Das Pendant zum Eisbad ist die Sauna, die ebenfalls positive Auswirkungen auf die Gesundheit hat. In einer klassischen finnischen Sauna werden Temperaturen zwischen 80 und 100 Grad erreicht, mit denen man sogar Fleisch garen könnte. Eigentlich eine Zumutung für den Organismus, könnte man meinen.
Finnische Wissenschaftler haben die Effekte dieser Schwitzstuben untersucht: 2.300 Männer wurden über einen Zeitraum von 20 Jahren nach ihren Saunagewohnheiten befragt, außerdem dokumentierte man Todesfälle, Herzinfarkte und andere Herz-Kreislauf-Probleme.
Die Ergebnisse erschienen 2015 im renommierten Fachmagazin JAMA und belegten, dass regelmäßiges Saunieren das Risiko, an den Folgen einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, senken kann.
Eine weitere, erst im vergangenen Jahr veröffentlichte Studie zu dem Thema belegte positive Langzeiteffekte auf das Schlaganfallrisiko – bei Frauen und Männern. Unter den Probanden, die vier bis sieben Mal pro Woche schwitzten, lag die Schlaganfallrate 60 Prozent niedriger als bei denen, die nur selten in die Sauna gingen.
Nach der Sauna unbedingt abkühlen
Um diese positive Wirkung zu entfalten, gehört nach dem Saunagang eine gehörige Abkühlung dazu, beispielsweise unter der kalten Dusche. Denn genau dieser Kontakt mit dem kalten Wasser lässt den Körper nach dem Schwitzen noch einmal ordentlich arbeiten.
Es ist also genau dieser Wechsel aus Überwärmung und Abkühlung, der sich günstig auf das Herz-Kreislauf-System auswirkt. Außerdem werden die Abwehrkräfte gestärkt, Giftstoffe werden ausgeschieden und die Haut erstrahlt.
Wer besser nicht saunieren sollte
Auch beim Saunieren gilt – ähnlich wie beim Eisbaden – dass Menschen mit Herzkrankheiten oder Bluthochdruck vor dem ersten Mal mit einem Arzt Rücksprache halten sollten.