Als hart, aber gar nicht fair empfanden viele Zuschauer Louis Klamroths letzten Talk. Ist der Moderator überfordert oder sind die Diskutanten das Problem?
„Hart aber fair“ erstrahlt seit Anfang des Jahres nicht nur in neuen Farben, sondern kommt auch mit einer veränderten Tischkonstellation daher. Waren die Gäste früher alle nebeneinander platziert, sitzen sich die größten Kontrahenten nun gegenüber.
Zu gesteigertem Sprengstoff-Potenzial führt auch die gestiegene Anzahl der Teilnehmer. So diskutierten am vorletzten Montag sieben Personen, die alle nicht für Zurückhaltung bekannt sind, die Frage, ob Populisten im Kampf um Europa siegen.
In der Wahrnehmung vieler t-online-Leser lief das Gespräch aus dem Ruder. Die einen meinen, Louis Klamroth habe seinen Talk grundsätzlich nicht unter Kontrolle. Die anderen sehen das Problem eher bei den Gästen.
„Jeder Stammtisch hat ein höheres Niveau“
Dass Politiker sich in den Gesprächsrunden nicht gegenseitig ausreden lassen, stört Heinz Böhnke gewaltig, wie er verrät. „Bevor der Zuschauer etwas versteht, quasselt einfach einer – aus taktischen Gründen – lauthals dazwischen. Das neue Format von Louis Klamroth verhindert das nicht. Im Gegenteil, es unterstützt diese Marotte. Er hat das nicht im Griff.“
Kilian Herzog schreibt: „Wenn sich von sieben Intellektuellen permanent zwei bis vier nur anbrüllen und gegenseitig ins Wort fallen, sodass die Zuschauer die Dialoge akustisch nicht verstehen, ist das einer Sendung wie dieser nicht würdig. Jeder Stammtisch hat ein höheres Niveau.“
Er rät Louis Klamroth, viel früher und energischer einzugreifen, „um die Diskussion wieder in geordnete Bahnen zu lenken“. Außerdem plädiert er für eine Vorbesprechung mit den Gästen, um eine Eskalation im Studio zu vermeiden.
„Den Moderator trifft keine Schuld“
So sieht es auch Julius-Peter Langer, der mailt: „Es wäre angebracht, die Gesprächsrunde in einem Briefing vor der Sendung auf einen Diskussionskodex zu verpflichten. Nicht, dass Emotionen nicht sein dürfen. Aber wenn alle wild und emotional durcheinander bellen, dann verstehen die Zuschauer nichts mehr. Anstatt einer Botschaft bleibt dann nur noch der Eindruck übrig, dass die betreffenden Personen keinen Anstand, keinen Respekt und keine Würde besitzen, um als Volksvertreter agieren zu dürfen.“
Nach dem Schauen der umstrittenen Sendung nimmt Sigrid Hendel Louis Klamroth in Schutz: „Die Politiker haben sich unmöglich benommen. Man kann sich nur mit Grausen abwenden. Den Moderator trifft keine Schuld. Die Teilnehmer haben jegliches gutes Benehmen vergessen, vor allem Marie-Agnes Strack-Zimmermann.“
„Herr Klamroth hat es manchmal schwer, gegen die keifenden Leute anzukommen“, findet auch Wolfgang Häusler. „Er macht das aber – im Rahmen des Möglichen – sehr gut, wenn nicht sogar besser als sein Vorgänger.“
„So bringt das nichts, Herr Klamroth“
Bernd Leyendecker sieht das anders: „Klamroth schafft es nicht, eine klare Struktur in seine Sendung zu bekommen. Das Geschrei und permanente Durcheinandergerede gehen einem mächtig auf die Nerven. Klamroth muss unmissverständlich zeigen, wer der ‚Herr im Ring‘ ist. Auch bei Frank Plasberg ging es bisweilen hoch her. Aber er erkannte rechtzeitig, wann er eingreifen musste, um Streithähne auseinander zu bringen. So bringt das nichts, Herr Klamroth.“
Am Montagabend lief im Ersten die vorletzte Ausgabe von „Hart aber fair“ vor der Sommerpause. Das Thema: „Deutschland vor der Fußball-EM: Wie geht ein zweites Sommermärchen?“