Florian Wellbrock ist ein Mentalitätsmonster im Wasser. Der Schwimmer hat sich für Olympia viel vorgenommen – und spricht im Interview auch über sein Scheitern.
Florian Wellbrock wird im Sommer bei seinen zweiten Olympischen Spielen antreten. In Paris könnte der Freiwasser-Olympiasieger über die 10 Kilometer seinen Erfolg von Tokio wiederholen. Zudem hat er sich noch das Ticket über die 1.500 Meter Freistil gesichert. Über 800 Meter Freistil hatte es nicht geklappt.
Im Interview mit t-online spricht Wellbrock über seine mentale Stärke, das Großereignis im Sommer – und seine langfristigen Träume.
t-online: Sie wurden kürzlich zum besten europäischen Freiwasserschwimmer 2023 gekürt. Bei der WM in Katar im Februar waren Sie weit von dieser Form entfernt.
Florian Wellbrock: Stimmt. Rückblickend habe ich wohl den Umweltbedingungen Tribut gezollt. Wir hatten in Doha frisches Wasser mit 20 Grad, einen Tag sogar knapp darunter. Zudem war es wellig. Treffen kaltes und welliges Wasser an einem Tag aufeinander, bekomme ich Probleme. Damit kann ich nicht so gut umgehen.
Die Seine in Paris soll auch recht kühl sein. Ihr Trainer und Bundestrainer Bernd Berkhahn hat angekündigt, Sie daher besonders auf die Olympischen Spiele vorzubereiten. Wie genau?
Vor Doha sind wir bereits in die Gegenstromanlage bei kaltem Wasser gegangen. Das wird sich jetzt mit Blick auf Paris noch häufen. Kältebäder habe ich in den letzten vier Wochen auch im Trainingslager vermehrt gemacht. Ich gestehe aber, dass ich davon weiterhin kein wahnsinnig großer Freund bin. Ich habe noch Zeit, daran zu arbeiten, und der Körper ist sehr anpassungsfähig. Das Wasser in Paris soll im Sommer ein wenig wärmer sein, als es in Doha war. Darauf baue ich.
Welche Lehren haben Sie aus der WM gezogen?
Wichtig war zu sehen, dass ich drei Starts bei der WM hatte, die voll in die Hose gegangen sind, und dass ich dann trotzdem bei meinem letzten Start über 1.500 Meter Freistil noch Silber gewinnen konnte. Das hat mir einfach gezeigt: Aufgeben ist niemals eine Option. Man muss immer weitermachen, und irgendwann endet alles mit einem Happy End.
Hat am Ende das Mentale den Ausschlag gegeben?
Ja. Nach drei Rückschlägen ist es nicht einfach, sich auf Weltebene mit den anderen Schwimmern zum vierten Mal zu messen, obwohl man noch keinen Erfolg feiern konnte. Ich habe viele schöne, aber auch unschöne Nachrichten bekommen. Mir wurde geschrieben, ich solle nach Hause fliegen, weil ich nicht in Form sei. Mich da dann wieder hinzustellen, war nicht leicht. Mir und den anderen dann zu beweisen, dass sich dieser Kampf gelohnt hat, war etwas sehr Schönes.
Wie haben Sie es geschafft, sich so zu fokussieren?
Ich habe mich gegenüber den Medien abgeschottet, mich im Team und mit Freunden aus der Nationalmannschaft aber normal bewegt. Es ist wichtig, dass man ein gesundes Umfeld beibehält. Ansonsten bin ich meinen normalen Routinen nachgegangen.
Espresso trinken, Einschwimmen und Warm-up. Diese Routine habe ich beibehalten, und das mache ich vor jedem Start, vollkommen egal, ob er in die Hose geht oder nicht. Für mich ist es enorm wichtig, diese Routine zu haben.
Haben Sie einen Mentaltrainer oder machen Sie misslungene Starts mit sich selbst aus?
Ich mache sehr viel mit mir selbst aus, habe aber auch „Gruppentherapie“ mit meiner Frau und Trainingskollegen. Die wissen alle, wie ich ticke, und können mich auch wieder auffangen. Eine große Rolle spielt das Trainerteam. Die sind den Umgang mit mir tagtäglich gewöhnt, wissen, was ich für ein Mensch bin und was ich brauche oder vielleicht auch nicht brauche. Die Gespräche mit ihnen tun mir in solchen Momenten wahnsinnig gut.