Mit den Wechseljahren nimmt bei vielen Frauen die Anfälligkeit für Blasenprobleme zu. Zurückzuführen sind die Beschwerden auf Veränderungen im Hormonhaushalt: Der Östrogengehalt im Körper sinkt, da die Eierstöcke ihre Arbeit langsam einstellen.
Durch die hormonelle Veränderung werden auch die Muskulatur, das Gewebe und die Schleimhaut beeinflusst. Sie werden schwächer und können Schmerzen verursachen. Wie genau sich das auf die Blase auswirkt und was hilft.
Sinkender Östrogenspiegel beeinflusst die Blasenfunktion
Viele Frauen haben im Verlauf der Wechseljahre öfter mit Blasenentzündungen zu kämpfen. Durch den sinkenden Östrogenspiegel wird die Schleimhaut von Blase und Harnröhre dünner und anfälliger für Erreger. Da sich auch der pH-Wert der Scheidenflora verändert, was die natürliche Abwehr schwächt, sind Infektionen oft häufiger.
Auch vermehrter Harndrang tritt in den Wechseljahren öfter auf. Die Blase reagiert aufgrund der hormonellen Veränderungen bei vielen Frauen empfindlicher auf reizende Stoffe. Die Suche nach der nächsten Toilette wird nicht selten zum ständigen Begleiter einer überaktiven Blase.
Warum Blasenschwäche in den Wechseljahren?
Viele Frauen haben zudem mit Blasenschwäche zu kämpfen. Oft ist es ein geschwächter Beckenboden, der den ungewollten Urinverlust begünstigt. Der Beckenboden besteht aus Muskeln und Bändern und schließt den Bauchraum und die Beckenorgane von unten ab. Man kann sich die Beckenbodenmuskulatur mit ihren Bändern wie eine Art Stütznetz vorstellen. Ist der Beckenboden geschwächt, kommt es zu Störungen.
Der Beckenboden der Frau ist bereits aufgrund der Anatomie anfällig bei Belastungen wie Übergewicht, Geburten oder schwerem Heben. Gewebe und Bänder werden über die Jahre hinweg gedehnt, verlieren an Elastizität und haben irgendwann nicht mehr die Stabilität und Flexibilität wie noch in jungen Jahren. Der sinkende Östrogenspiegel lässt das Gewebe zusätzlich weicher werden.
Belastungs- und Dranginkontinenz in den Wechseljahren
Fehlen dem Beckenboden und dem Blasenschließmuskel die nötige Spannkraft, kann es beim Lachen, Husten, Niesen oder schweren Heben zu ungewolltem Urinabgang kommen. Mediziner sprechen dann von Belastungsinkontinenz. In sehr ausgeprägten Fällen geht Harn bei jeder Bewegung oder sogar im Stehen ab – meist nur einige Tropfen, manchmal aber auch mehr.
Bei der Dranginkontinenz hingegen – neben der Belastungsinkontinenz die zweithäufigste Form der Blasenschwäche – reizen bereits kleine Mengen an Harn die Blase so stark, dass diese „voll“ signalisiert und starken Harndrang auslöst. Dieser kann so intensiv werden, dass Betroffene es nicht mehr rechtzeitig zur Toilette schaffen. Der Harn kann nicht mehr gehalten werden und die Blase entleert sich schwallartig. Manche Frauen haben eine Mischform aus beiden Inkontinenzformen.
Blasenschwäche in den Wechseljahren nicht zum Tabu machen
„Für die betroffenen Frauen ist Blasenschwäche oft eine enorme Belastung. Viele ziehen sich zunehmend aus dem Sozialleben zurück. Die Angst, plötzlich in eine peinliche Situation mit der Blasenschwäche zu geraten, ist ein ständiger Begleiter“, weiß Matthias Zeisberger, erster Vorsitzender der Inkontinenz Selbsthilfe e. V. „Ausflüge werden abgesagt, Sport vermieden, Treffen mit Freunden weniger. Das ist ein großer Verlust an Lebensqualität.“
So weit sollte es nicht kommen. Blasenschwäche dürfe nicht tabuisiert werden, betont der Experte, der seit mehr als 16 Jahren ehrenamtlich in der Selbsthilfe tätig ist und in engem Kontakt mit Harninkontinenz-Betroffenen steht. Wer über den eigenen Schatten springe und sich ärztliche Hilfe vonseiten eines Frauenarztes oder Urologen hole, dem könne in den meisten Fällen geholfen werden.
Mit Blasenbeschwerden zum Arzt
Sind die Wechseljahre ursächlich für die Blasenschwäche, können verschiedene Faktoren eine Rolle spielen: „Ein gesunkener Östrogenspiegel, wodurch der pH-Wert im weiblichen Genitaltrakt steigt, kann Harnwegsinfektionen begünstigen“, sagt Zeisberger. „Kommt es aufgrund des Mangels von Hormonen zu einer verminderten Spannkraft des Bindegewebes, kann die Senkung von Blase und Gebärmutter ebenfalls eine Harninkontinenz auslösen beziehungsweise fördern.“
Außerdem ist bei Blasenbeschwerden generell in jedem Alter eine ärztliche Untersuchung ratsam, um möglicherweise zugrundeliegende Erkrankungen frühzeitig zu erkennen. So können beispielsweise neurologische Erkrankungen, Blasensteine, Harnwegsinfekte oder ein Diabetes mellitus die Blase zusätzlich schwächen – in jungen Jahren ebenso wie in den Wechseljahren.
Matthias Zeisberger ist erster Vorsitzender der Inkontinenz Selbsthilfe e. V. Er ist seit über 16 Jahren ehrenamtlich für die Selbsthilfe tätig und steht in engem Kontakt mit Harninkontinenz-Betroffenen.
Beckenbodentraining für die Blasenkontrolle
Ein gekräftigter Beckenboden kann ein schwaches Bindegewebe oder gedehnte Bänder in vielen Fällen so gut kompensieren und die Muskulatur des Blasenschließmuskels so trainieren, dass die Inkontinenz oft deutlich nachlässt. Aus diesem Grund ist Beckenbodentraining ein bedeutender Baustein bei Belastungs- und Dranginkontinenz.