Neuer Ärger in der Regierung bahnt sich an: Bundesfinanzminister Lindner soll die Koalitionsvereinbarung infrage stellen. Dagegen wettert Ex-Verdi-Chef Bsirske.
Neuer Streit zeichnet sich innerhalb der Bundesregierung ab. Nach Medienberichten soll es Widerstand gegen das sogenannte Tariftreuegesetz geben. Mit diesem hatten sich die Koalitionäre dazu verpflichtet, staatliche Aufträge nur noch an Unternehmen mit Tarifbindung zu vergeben. Das bedeutet: Nur jene Betriebe sollen bei Ausschreibungen berücksichtigt werden, die ihre Beschäftigten nach Flächentarif bezahlen.
Jetzt soll aber Gegenwind zu dieser Vereinbarung aus dem FDP-geführten Finanzministerium kommen. Darüber berichten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Ressortchef Christian Lindner blockiere den im Koalitionsvertrag verankerten Plan. Dagegen wettert nun Frank Bsirske (Grüne), früherer Verdi-Chef und jetziges Mitglied des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales.
Wer dies blockiert, betreibe auch einen „substanziellen Angriff auf die Koalition“, sagte er in einem Interview mit dem Deutschlandfunk am Donnerstag.
Mit dem Tariftreuegesetz sollten bessere Arbeits- und Gehaltsbedingungen geschaffen werden, argumentiert der einstige Chef-Gewerkschafter. Besonders mit Blick auf Ostdeutschland, wo die Tarifvertragsbindung aktuell bei gerade mal 43 Prozent liege. Bsirske: „Das ist viel zu wenig.“
Wenn der Bund pro Jahr staatliche Aufträge von 300 Milliarden Euro an die Wirtschaft vergibt, sei das geplante Gesetz ein Schritt dahin, die Tarifbindung zu stärken. Denn Tarifverträge schützten die Beschäftigten und böten „bessere Arbeits- und Entlohnungsbedingungen“, so Bsirske weiter.
Wenn der Staat aber Aufträge an Unternehmen vergebe, die nicht tarifgebunden seien, könne sich der entsprechende Betrieb Vorteile verschaffen „und auf dem Rücken der Beschäftigten Löhne drücken – zulasten fair handelnder Unternehmen“, zeigt sich Bsirske überzeugt. Und weiter: „Wir sind dringend gefordert, die Tarifbindung wieder zu stärken.“
Lindner soll sich mit Hinweis auf Bürokratieabbau für Unternehmen gegen die Vereinbarung gewandt haben. Doch „im Koalitionsvertrag ist das Tariftreuegesetz an keinerlei Bedingungen geknüpft“, widerspricht Bsirske.
Ein entsprechendes Entlastungspaket, wie von Lindner nun zur Voraussetzung fürs Tariftreuegesetz gemacht, habe die Regierung „doch gerade auf den Weg gebracht“. Damit meint er das Bürokratieentlastungsgesetz. Lindners Argument ist aus Bsirskes Sicht nur „vorgeschoben“. Wer das Gesetz infrage stellt, „wirft eine Brandfackel in ein Ölfass“.
Die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Tariftreue sei „ein Eckpfeiler der Vereinbarung“ und ein „unverzichtbarer Bestandteil der Koalitionsvereinbarung“. Bsirske: „Wir können nicht zulassen, dass die Axt an diesen Eckpfeiler angelegt wird.“
Unterdessen kritisiert auch der Arbeitgeberverband BDA das geplante Tariftreuegesetz. Die Pläne sollten aufgegeben werden, forderte Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter. Die Maximalforderungen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) seien „wirtschaftsfremd und wirtschaftsfeindlich“.