Vor dem Hintergrund hoher AfD-Umfragewerte wird über ein mögliches Verbotsverfahren diskutiert. Doch manche mahnen, dass ein solcher Schritt der Partei auch nutze könnte.
Die sächsische Sozialministerin und SPD-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl, Petra Köpping, spricht sich für die Prüfung eines möglichen AfD-Verbotsverfahrens aus. „Wir sollten die Chancen eines AfD-Verbots regelmäßig prüfen“, sagte Köpping dem „Spiegel“ und stellte sich damit an die Seite der SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken.
Das NPD-Verbotsverfahren sei gescheitert, weil die Partei nur auf geringe Wahlergebnisse gekommen sei und damit keine Gefahr darstellte. „Das sehe ich bei der AfD anders“, argumentierte Köpping. „Die AfD ist stark, sie ist eine Gefahr für die Demokratie.“
Esken hatte sich für eine regelmäßige Prüfung eines AfD-Verbots ausgesprochen. Ihr Parteifreund Carsten Schneider, Ostbeauftragter der Bundesregierung, warnte dagegen davor. Ein solches Verfahren hätte kaum Chancen und würde die Solidarisierung mit der AfD verstärken.
„Ein Scheitern wäre fatal“
Auch Köpping schränkte ein, man müsse nicht ohne Wenn und Aber ein Verbotsverfahren anstreben, „denn ein Scheitern wäre fatal für das gesellschaftliche Klima“. Die Stärke der AfD in Sachsen, sei nicht neu, sagte Köpping. „In der Corona-Pandemie gab es massive Kampagnen: gegen das Impfen, gegen die Schutzmaßnahmen. Dieser heftige Populismus zerfrisst die Demokratie.“ Die demokratischen Parteien müssten dagegenhalten, „auch die Union“, mahnte Köpping.
Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse sprach sich ebenfalls dafür aus, ein Verbotsverfahren zu prüfen. „Wenn der Verfassungsschutz in drei Bundesländern die AfD als gesichert rechtsextremistisch einstuft, dann hat der Staat die Pflicht, ein Verbot der AfD zu prüfen“, sagte der SPD-Politiker dem „Tagesspiegel“. Man müsse „aber ganz nüchtern bedenken: Für ein Parteiverbot existieren in Deutschland hohe Hürden, ein Verbotsverfahren dauert lange, wohl viele Jahre, und die AfD würde dies propagandistisch erheblich ausschlachten, sich als Opfer stilisieren“.
Linken-Chef: Option eines AfD-Verbots nicht voreilig aufgeben
Auch der Linken-Vorsitzende Martin Schirdewan zeigt sich offen für ein Verfahren zum Verbot der AfD. „Die Option eines Parteienverbotes darf nicht voreilig aus der Hand gelegt werden“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Und anders als die NPD könnte die AfD einem Verbot leider nicht mehr durch Bedeutungslosigkeit entgehen.“
Ein NPD-Verbot war 2017 vom Bundesverfassungsgericht abgelehnt worden, weil die Partei zu wenig Gewicht habe, um ihre verfassungswidrigen Ziele durchzusetzen. Schirdewan sagte: „Ich habe keinen Zweifel daran, dass die AfD eine Gefahr für die Demokratie darstellt.“ Sie hetze Menschen demagogisch gegeneinander auf und störe bewusst den sozialen Zusammenhalt.
„Dagegen muss eine Demokratie sich mit Überzeugungsarbeit und mit guter Politik im Interesse der Mehrheit wehren, die Vertrauen schafft“, betonte der Linken-Chef. „Man darf nur nicht meinen, die eigenen Hausaufgaben würden sich erledigen, wenn man eine faschistische Partei verbietet. Der Fokus sollte zuerst auf der eigenen politischen Arbeit liegen.“
Die AfD liegt in allen Umfragen zur Bundestagswahl mit mehr als 20 Prozent deutlich vor den Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP auf Platz zwei hinter der CDU/CSU. In Sachsen, Thüringen und Brandenburg, wo im September neue Landtage gewählt werden, sehen Umfragen die AfD mit teils deutlichem Abstand an der Spitze. In Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt wird die Partei von den Landesämtern für Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft.